Ekkehard Nuissl von Rein die_logo1a.gif (1181 Byte) September 1998


Empirie, Theorie und Praxis in der Erwachsenenbildung

Den Titel meines Beitrages möchte ich umstellen. Ursprünglich hatte ich mit "Empirie" begonnen, weil ich von Hause aus Empiriker bin und das Theorie-Praxis-Verhältnis in der Erwachsenenbildung unter diesem Blickwinkel betrachte. Mittlerweile scheint es mir besser, mit der Praxis zu beginnen. Dies liegt auch daran, daß ich in der Konstellation dieser Arbeitsgruppe auch insbesondere derjenige bin, der aus der Vermittlung zwischen Theorie und Praxis im Deutschen Institut für Erwachsenenbildung heraus eher diesen als den Zugriff der Empirie einbringen sollte.

Auch wenn ich mit der Praxis beginnen möchte, bleibt meine Frage die gleiche: Wie wirken Praxis, Empirie und Theorie in der Erwachsenenbildung zusammen? Oder anders herum: Wo liegen die größten Schwierigkeiten dieses Zusammenwirkens?

1. Praxis

Praxis ist nicht gleich Praxis, das wissen wir. Der Begriff ist ebenso vieldeutig wie das von ihm gezeichnete Diffus. Dies gilt für alle gesellschaftlichen Felder, auch für alle Bildungsbereiche. In der Erwachsenenbildung jedoch gerät diese begriffliche Unschärfe geradewegs zur präzisen Definition. Die Unschärfe des Begriffs und die verschwimmenden Konturen des von ihm bezeichneten Gegenstandes kommen zur Deckung.

Erwachsenenbildung hat, anders als andere Bildungsbereiche, keine institutionelle Versäulung, keine geordnete und übersichtliche Struktur. Ihr kommt am ehesten noch nahe die Sozialpädagogik; diese hat jedoch - anders als die Erwachsenenbildung - zumindest eine im Großen und Ganzen gesellschaftlich definierte Aufgabe. Dabei geht es nicht nur um das tradierte "Schisma" zwischen beruflicher Qualifizierung und auf individuelle Selbstentfaltung abzielende allgemeine Bildung. Es geht um das weite Spektrum unterschiedlichster Aufgaben und Ziele von Erwachsenenbildung im Kontext unterschiedlichster gesellschaftlicher Zusammenhänge. Ich möchte einmal die unterschiedlichen Aspekte auflisten, welche die Heterogenität von Erwachsenenbildung ausmachen und sie meines Erachtens von anderen Bildungsbereichen unterscheiden:

Der grobe Unterschied von Zielen - Qualifizierung und Selbstentfaltung - läßt sich vielfältig ausdifferenzieren und miteinander verschränken. Dies gibt bereits ein diffuses Bild, wenn es nur um die Inhalte der Ziele geht. Nimmt man hinzu die Unterschiedlichkeit der Ziele in bezug auf Reichweite und Zeit (z.B. in der Kurs- und Langzeitpädagogik), ergeben sich weitere neue Zielraster. Diese wiederum werden gänzlich umgestoßen durch Ziele, die dem Paradigma der Lerninteressen anstelle demjenigen des Bildungsangebotes folgen.

Erwachsenenbildung ist eng verbunden mit den gesellschaftlichen Feldern, in denen sie stattfindet. Ob es dabei um Ausbildung von Trainern in Sportvereinen, um Lernen am Arbeitsplatz, um gewerkschaftliche Schulungsseminare, um Seminare für Ehrenamtliche in konfessionellen Organisationen geht - Ziel und Inhalt, Lehrende und Lernende stehen in einem engen Kontext nicht zum allgemeinen Begriff der Erwachsenenbildung, sondern zum konkreten Verwendungszusammenhang in ihren organisatorischen Feldern. Genau genommen handelt es sich bei der Erwachsenenbildung, die nicht solchen Feldern zugeordnet ist (z.B. Kurse an der Volkshochschule) um einen vom Umfang her gemessen kleinen "Kernbereich" von Erwachsenenbildung.

Der außerordentlich enge Bezug von Erwachsenenbildung zur gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen bewirkt ihre - positiv gesehen - Dynamik oder - negativ gesehen - Kurzschrittigkeit und Diskontinuität. Ohne das Dazwischentreten von Ausbildungsordnungen, allgemeinen Curricular und Berufsbildern gleicht sich die Geschwindigkeit der erwachsenenpädagogischen Innovation vielfach derjenigen der gesellschaftlichen Innovation an.

Die einzelnen Teile der Erwachsenenbildung sind unverbunden, was die Kenntnis voneinander, die gemeinsame Diskussion von Problemen und Zielen, die Vereinbarung von Qualitätskriterien und Minimalkonsens angeht. Vielfach arbeiten Menschen in erwachsenenpädagogischen Zusammenhängen nebeneinander her, ohne überhaupt auf die Idee zum kommen, daß ihre Tätigkeit dem gleichen Bildungsbereich zugehörig ist.

Hier liegt eine der größten Schwierigkeiten der Definition des erwachsenenpädagogischen Praxisfeldes; es franst an den Rändern aus, oder besser gesagt: die Übergänge zu anderen Tätigkeiten, Feldern, Bereichen und Aufgaben sind fließend und selten genau abzugrenzen. So ist beispielsweise unklar, was im Kontext einer partizipativen Stadtplanung Erwachsenenbildung, was hingegen aktive Bürgerbeteiligung ist. Die Konturen verschwinden umso mehr, je gewichtiger das Paradigma des selbstorganisierten Lernens unter Einschluß von Medien zum Gegenstand von Erwachsenenbildung gerechnet wird.

Wir haben auf einer früheren Fachtagung der Kommission Erwachsenenbildung diese Strukturen des Praxisfeldes den Begriff der zentrifugalen Tendenzen zugeordnet. Gemeint ist, daß sich das, was als Praxis der Erwachsenenbildung definiert wird, einem schlüssigen Zugriff entzieht. Damit entfernt es sich auch von einem beschreibbaren und erfaßbaren Kern. Es ist von daher kein Zufall, daß die Datenlage zur Erwachsenenbildung schlecht und das Wissen um ihre Realität relativ gering ist. Die unterschiedlichsten Versuche, Erwachsenenbildung systematisch zu gliedern (etwa nach Zugang, Inhalt, Institutionen etc.) sind jeweils entweder interessengeleitete oder aber nahezu willkürliche Zugriffe auf eine diffuse Praxis.

So sehr diese Praxis nach dem Kriterium der Systematik verweigert, so sehr offenbart sie Potentialitäten unter dem Aspekt gesellschaftlicher Relevanz. Dies gilt nicht erst seit dem Bedeutungszuwachs der letzten Jahre, in denen Erwachsenenbildung als integraler Bestandteil des Topos vom lebenslangen Lernen zur notwendigen Aufgabe entwickelter Gesellschaften aufgestiegen ist.

2. Theorie

Die allereinfachste Aufgabe von Theorie ist es, Erfahrungen erklärbar zu machen. Leistet sie viel, leitet sie auch Praxis an ("nichts ist praktischer als eine gute Theorie") und ermöglicht überhaupt erst erkenntnisleitende Wahrnehmungen. Damit ist gemeint, daß eine wissenschaftliche Subsumtionslogik bei einer angemessenen Konfrontation mit der alltäglicher Hermeneutik der Praxis zu einer reflektierten Urteilskraft führt, die das Allgemeine vom Besonderen zu unterscheiden vermag.

Nun hat es einen theoretischer Zugriff, der das Allgemeine erklärt und das Besondere einordenbar macht, schwer gegenüber einem Praxisfeld, das - wie beschrieben - unscharf ist und in seinen Konturen zerfließt. Umso deutlicher ist, daß Theoriebildung und Theorieentwicklung in der Erwachsenenbildung der Ansatz ist, welcher zentripetale Kräfte entfaltet. Ein sich dynamisch entwickelnder und in den Grenzen zerfließender Gegenstand läßt sich auf einen Klärungszusammenhang focussieren, wenn dieser denn eine angemessene Konfrontation ermöglicht.

Hier, im Begriff der "angemessenen Konfrontation", liegt auch die besondere Schwierigkeit der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Auch wenn man dem theoretischen Ansatz von Erich Weniger folgt ("Aus der Praxis für die Praxis") und daraus den Leitsatz macht: Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung konstituiert sich im Fortgang ihrer Praxis, ergibt sich noch kein notwendiger Zugang zu einer Theorie. Es scheint, daß es zunächst nicht vorrangig ist, Theorie mit Praxis zu vermitteln und Praxis mit Theorie, sondern daß es zunächst vor allem um eine Vermittlung von Praxis zu Praxis geht. Bereits in dieser und erst in dieser konstituiert sich das Bewußtsein des Allgemeinen von Erwachsenenbildung. In diesem Sinne ist in der Tat der Praxisbezug die Konstituante einer eigenständigen erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin der Erwachsenenbildung.

Allerdings läßt sich damit das generelle Theorie-Praxis-Problem nicht umgehen. Schon gar nicht in der Erwachsenenbildung, die sich außerordentlich schwer tut im Erstellen eigener Theoriekonstruktionen. Noch mehr als die Erziehungswissenschaft generell lebt die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung davon, Theorieansätze aus anderen Disziplinen zu adaptieren und für die eigenen Belange zu modifizieren. Steinbrüche solcher theoretischer Anleihen liefert von je her die Psychologie, in der Erwachsenenbildung darüber hinaus in besonderem Maße die Soziologie und die Ökonomie.

Nun müssen adaptierte oder jeweils kompilierte ("Patch work-Theorien) Ansätze nicht verkehrt sein, wenn sie denn für den angestrebten Zweck der Erklärung von alltäglicher Praxis und der Unterscheidung von Allgemeinem und Besonderem tauglich und zudem widerspruchsfrei sind. In der Erwachsenenbildung ergibt sich hier eine eigenartige Dichotomie. Übernommene und adaptierte Ansätze (wie etwa der Konstruktivismus) werden zwar immanent auf Plausibilität geprüft, nicht jedoch einem "Praxistest" unterworfen. Sie erfüllen damit einen (begrenzten) Erklärungswert, liefern jedoch wenig Handlungsanleitendes oder Instrumentarien zur Entwicklung reflexiver Urteilskraft. Im Ergebnis wird dies zu einem gleichberechtigten Nebeneinander unterschiedlicher und unterschiedlich gültiger Theorieansätze, auf die Bezug genommen werden kann. Ein Theorienpluralismus gewissermaßen, nicht eine Aufeinanderfolge jeweils überprüfter und verworfener Ansätze und nicht ein Streit von Theorien, der mit den Waffen nachweisbarer Gültigkeit geführt werden könnte.

Entsprechend schwach und modeanfällig ist die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung daher auch gegenüber Usurpationsstrategien, die aus anderen Disziplinen kommen oder mit der Übernahme von Ansätzen aus anderen Disziplinen verbunden sind. Wir können solches aktuell beobachten am Streit um die Begriffe von Kunde und Teilnehmer oder beim Definitionsproblem von Bildungsprozeß und Bildungsprodukt.

Da außer in solchen bildungspolitisch brisanten Fragen "Theorien" (Ansätze, Konstrukte, Theoreme) weder systematisch bearbeitet noch geprüft werden, entwickelt sich in der Wissenschaft der Erwachsenenbildung auch kaum eine Kontinuität theoretischer Abstraktion oder eine eigene Methodologie, mittels derer der Erklärungsgehalt von Theorien validiert wird. Bei den vielfachen "Wenden" der Erwachsenenbildung - von der realistischen über die reflexive bis hin zur kommerziellen Wende - handelt es sich möglicherweise gar nicht um reale Vorgänge; ganz sicher handelt es sich jedoch um "Wenden" im Zugang zur Erwachsenenbildung. Wenden bedürfen keiner Legitimation und keiner Erklärung, sie finden statt. Letztlich entscheidet nur, ob sie ungestraft stattfinden können. In der Wissenschaft der Erwachsenenbildung ist dies möglich. Eine irgendwie geartete Sanktion für unmotivierte Wenden gibt es nicht.

Die Gestalt der Theoriebildung in der Erwachsenenbildung - Diskontinuität, Pluralität, Diffusität - macht es schwer, zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln. Auf einer Skala von Beliebigkeit bis Monokausalität ist dabei vieles möglich. Vielleicht ist ein engeres und überprüfbareres Verhältnis von Theorie und Praxis in Vermittlungsprozessen angesichts der Struktur des Praxisfeldes Erwachsenenbildung auch gar nicht möglich, oder gar nicht sinnvoll. Vielfach ist festzustellen, daß sich gerade in einem offener ausgehandelten Diskurs zwischen Theorie und Praxis ein klareres Bild des Kerns von Erwachsenenbildung rausstellt als in einer möglicherweise verbindlichen Bezugnahme von Theorie und Praxis.

3. Empirie

Üblicherweise wäre Empirie derjenige "erfahrungswissenschaftliche" Zugriff, der Theoriebildung initiiert und Theorien überprüfbar macht. In der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft ist der Bezug von Empirie und Theorie jedoch schwach ausgeprägt. Gelegentlich hat man den Eindruck, es handelt sich hier um zwei gleichwertige und gleichgewichtige Zugänge zum gleichen Gegenstand, welche jedoch voneinander kaum Notiz nehmen. Dies gilt sowohl für die theoretische Grundlage mancher empirischen Arbeit als auch für die empirische Qualität so mancher theoriebezogenen Aussage.

Die Zeit der empirischen Leitstudien der Erwachsenenbildung (E. Schlutz) ist seit längerem vorbei; seit fast zwanzig Jahren hat es keine größere oder größer angelegte empirische Untersuchung im Bereich der Erwachsenenbildung gegeben. Seit dieser Zeit sind drei Typen empirischer Forschung erkennbar, die von jeweils unterschiedlichen Interessen geleitet sind:

Diese drei Typen empirischer Forschung decken den Hauptbereich in der Erwachsenenbildung ab. Sie entstehen weder aus dem Interessen an der Prüfung eines theoretischen Ansatzes noch aus dem Interesse einer systematischen Vernetzung unterschiedlicher Praxisfelder, die theoriebezogen strukturiert ist. Über diese Grundstruktur täuschen auch einige Arbeiten nicht hinweg, die im theoretischen Kontext stehen (etwa in der Biographieforschung oder der Organisationsforschung).

Empirische Forschung in der Erwachsenenbildung hat keine eigene Methodologie entwickelt. Dies ist kein Nachteil, wenn bestehende methodische Instrumentarien denjenigen Erkenntniswert liefern, der für den Fortgang der Wissenschaft von Erwachsenenbildung notwendig ist. Es ist allerdings festzustellen, daß in einigen Feldern (etwa in der Lehr- und Lernforschung, neuerdings in Medienpädagogik und selbstorganisiertem Lernen) methodische Instrumentarien, die der Soziologie und der Psychologie wie auch der Ökonomie entnommen sind, nicht den notwendigen Erkenntniswert liefern. Hier erweist sich die Unschärfe der Konturen von Erwachsenenbildung als ein Problem, da die zur Entwicklung eigenständiger Methoden erforderlichern Finanzmittel nicht zielgerichtet von einer Disziplin eingefordert werden.

Der Mangel einer eigenständigen Methodologie sowie der Mangel an einem zumindest teilweise akzeptierten theoretischen Gesamtrahmen erschwert es in der Erwachsenenbildung auch, über Synopsen, Sekundäranalysen und weitergehende Interpretationen die vorliegenden empirischen Daten in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Dies ist zwar auch in anderen Disziplinen nicht unbedingt und immer nötig und sinnvoll, bedeutet aber in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung eine Zersplitterung vorhandener Kapazitäten und Kompetenzen. Dies erzeugt wissenschaftlich wie praktisch einen großen Facettenreichtum, verliert mit der gewonnenen Breite jedoch gelegentlich an Tiefe. Auch hier heißt Vermittlung eher Bündelung und Konzentration denn Diskurs und Ausweitung.

4. Vermittlung von Praxis, Theorie und Empirie

Zur Problematik und zum Ziel von Vermittlung habe ich jeweils einiges genannt. Angesichts der beschriebenen Unschärfe ist deutlich, daß Vermittlung nicht ungerichtete Weitergabe oder unstrukturiertes Forum bedeutet, sondern Ziele der Bündelung und Konzentration verfolgen muß. Vermittlung in der Erwachsenenbildung heißt letztlich immer, die zentripedalen Kräfte zu stärken, ohne den praktischen und theoretischen Reichtum der zentrifugalen Kräfte außer acht zu lassen oder zu schwächen. Vermittlung heißt, mit den Beteiligten in Praxis, Theorie, Empirie (und natürlich auch Politik) die Kernpunkte von Erwachsenenbildung heraus zu arbeiten, in einen wissenschaftlichen Diskurs zu bringen und die Kontinuität und Qualität desselben zu sichern.

Vielleicht läßt sich dieser Ansatz an einem Beispiel verdeutlichen. Es handelt sich dabei um die "forschende Fortbildung", ein Konzept, das im DIE entwickelt wurde. Bei dieser "forschenden Fortbildung" geht es kurz gesagt darum, Fortbildungsangebote für hauptberuflich Beschäftigte in der Erwachsenenbildung zu machen, diese zu begleiten und zu evaluieren und die daraus folgenden Erkenntnisse in Forschungsfragen sowie modifizierte Fortbildungsangebote umzusetzen. Die Evaluation der Fortbildung erhält dabei zugleich den Charakter einer spezifischen empirischen Methode, da durch den Input der Teilnehmenden zur Realität ihrer Arbeit und deren Bewertung valide und reliable Daten erhoben werden können. Die didaktischen Strategien in Fortbildungsseminaren sind damit zugleich innovative empirische Verfahren.

So neu ist dies allerdings auch nicht. Ganz generell handelt es sich dabei um ein Koinzidenzphänomen, das in der Erwachsenenbildung insgesamt besteht. Über die entwickelten und differenzierten Instrumente didaktischer Vermittlung mit Erwachsenen ähneln viele erwachsenenpädagogische Maßnahmen bereits Erhebungsverfahren innerhalb qualitativer Sozialforschungen. Von der gewanelten Rolle der Lehrenden zu Facilitatoren, Moderatoren und Vermittlern, welche individuell die jeweils gewonnenen Kenntnisse in weiterentwickelte didaktische Verfahren umsetzen, hin zu alltäglichen Empirikern, die Alltagshermeneutik zu Erfahrungswissenschaft transformieren, ist nur noch ein kleiner Schritt. Vielfach fühlen sich Pädagoginnen und Pädagogen in der Erwachsenenbildung auch bereits als qualitative Sozialforscher, allerdings mit den beiden Nachteilen, daß sie einerseits ihre Ergebnisse nicht oder kaum weitervermitteln und damit überprüfbar machen und andererseits eine Resistenz gegenüber empirischen Forschungsergebnissen entwickeln. Aber dieses Bild mag auch ein wenig zu düster sein.

Generell würde ich sage, daß die Vermittlung zwischen Praxis, Theorie und Empirie eine zukunftsweisende Daueraufgabe ist, die nicht nur institutionell, sondern auch von den professionell Tätigen zu leisten ist. Nur in einer kontinuierlichen, auf gemeinsam festgelegte und überprüfbare Kriterien hin angelegten Diskurs läßt sich der Kern von Erwachsenenbildung beschreiben und festhalten, ohne das seine gesellschaftliche Relevanz vor allem auch in den Rändern beschnitten wird.


Ekkehard Nuissl von Rein: Empirie, Theorie und Praxis in der Erwachsenenbildung. Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-1998/nuissl98_02.htm
Dokument aus dem Internet-Service des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de/esprid