Gerhard von der Handt die_logo1a.gif (1181 Byte) März 1999


Qualitätssicherung und -entwicklung (QSE) im Sprachunterricht

Warum spezielle QSE-Systeme für das Fremdsprachenlernen?

Die "reine" QSE in Form des ISO-Verfahrens abstrahiert von Inhalten und Produkten, selbst wenn es jetzt Richtlinien für den Dienstleistungs- und Bildungsbereich gibt. Dies ist für den Bereich Sprachenlernen nicht sinnvoll; denn hier besteht ein weitgehender Expertenkonsens, was einen guten Sprachunterricht ausmacht. Diese Einigkeit besteht zumindest auf den höheren Abstraktionsniveaus und ist durch den allgemein akzeptierten Begriffe wie interkulturelle kommunikative Kompetenz umschrieben. Auf der Grundlage dieses Konsenses lassen sich fachbezogene Qualitätskriterien für den Sprachunterricht beschreiben, mittels derer auch z.B. über eine externe Inspektion nach außen hin Qualität transparent gemacht werden kann und so zu einem wichtigen Marketinginstrument für Bildungseinrichtungen wird. Vor dieses Ziel, nämlich fachspezifische/inhaltliche Kriterien zu entwickeln, hat die Tücke - sprich Komplexität - des Objekts Sprachenlernen eine Reihe von Hürden gesetzt. Bei immer feinerer Operationalisierung dieses Begriffs wird aus dem Konsens nämlich rasch Dissenz und es zeigt sich, daß in vielen Fällen positive Bestimmungen nicht vereinbar sind und die Kriterienbestimmung über negative Abgrenzungen erfolgen muß (im genannten Beispiel: die TN-Zahl darf 16 i.a. nicht überschreiten; diese Zahl findet sich in den Qualitätshinweisen, die von den Landessprachenreferenten als Gremium empfohlen wurde. Die für optimal gehaltene Zahl liegt wesentlich darunter).

Trotz dieser Schwierigkeiten: Wenn eine Bildungseinrichtung eine interne Qualitätsdiskussion initiiert, kann sie sich nicht von diesem Expertenkonsens abkoppeln. Somit ist es sinnvoll, für den Bereich der Sprachen inhaltlich/fachliche Bedingungen für Qualität zu bestimmen und es nicht bei einer rein prozessual begründeten Qualitätsbemessung zu belassen. Diese würde z.B. nur überprüfen, ob Diskussionsforen und Fortbildungen für KursleiterInnen vorhanden sind, nicht aber auf deren Inhalte und Ziele eingehen.

Es ist interessant festzustellen, wie die bestehenden Qualitätssicherungsysteme mit dieser Besonderheit umgehen. Das im anglo-saxonen Sprachvermittlung herrührende EAQUALS weist typisch britisch-pragmatische Züge auf. Man spricht vom modernen Sprachunterricht, erläutert jedoch nicht im einzelnen, wie sich dieser denn darstellt - zumindest nicht in den vorliegenden Inspektionsrichtlinien, die ja eigentlich der Transparenz verpflichtet sind. Trotzdem muß es über diesen Begriff einen Konsens geben, sonst würden die Inspektionen, die zur Verleihung des Gütesiegels führen, je nach Inspektorengusto höchst unterschiedlich ausfallen. Das Inspektorengremium muß über einen Konsens verfügen, der übrigens nicht in einem bibelartigen bis ins Letzte ausdifferenzierten Regelwerk vorliegen muß. Er kann - wahrscheinlich geht es gar nicht anders - in einem Grundverständnis liegen, ergänzt durch einen ständigen Diskurs untereinander über die laufende Arbeit, über Grenzfälle und Ausnahmen etc. Der Grundkonsens dokumentiert sich als erstes über die Zusammensetzung des "gesetzgebenden" Gremiums eines Qualitätsvereins und/oder über die Inspektoren (im Falle von IQDeutsch werden beide Rollen von weitgehend denselben Personen wahrgenommen). Da es sich um in der Fachwelt bekannte Personen handelt, stehen deren Namen (z.B. über die öffentlich zugänglichen Publikationen) für das, was modernen Sprachunterricht ausmacht. Ideal wäre, wenn der konsensstiftende Diskurs über Grundlagen, Details und Sonderfälle etc. in geeigneter Form (fach-)öffentlich gemacht würde - natürlich dürfen für Außenstehend dabei keine Interna über überprüfte Einrichtungen bekannt werden. Dies geschieht m.E. im Augenblick noch nicht im ausreichenden Ausmaße. Neben der Transparenzsteigerung hätte es aber den unschätzbaren Vorteil, das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit an Verfahren der Qualitätssicherung am laufenden zu halten; denn im Augenblick scheint der Boom QSE schon abgeflaut zu sein. Das kann an den Mühen der Ebene liegen: es geht nicht schnell genug, es ist aufwendig und mühselig.

QSE als Organisationsform zielgerichteter inhaltlicher Arbeit

Sprachunterricht ist ein komplexes Unterfangen mit langer Tradition und hochdifferenzierter Didaktik. Die Frage, was guter und/oder effizienter Sprachunterricht berührt viele Faktoren und Ebenen, die in enger, sich gegenseitig bedingender Weise zusammenhängen. Sowohl die wissenschaftliche als auch die praxisorientierte Beschäftigung mit dem Feld neigt zur Isolierung von Teilbereichen, die erschöpfend behandelt werden, deren interdependentes Verhältnis zu anderen Bereichen aber unter dieser Ausschließlichkeit zwangsläufig aus dem Blickfeld gerät. Dieses Handycap besteht sowohl für die Praxis als auch für die Theorie. Qualitätsentwicklungs- bzw. -sicherungssysteme bieten eine einmalige Grundlage, um alle Faktoren in Abhängigkeit voneinander zu diskutieren. QSE-Kriterienkataloge sind deshalb eine ideale Arbeitsgrundlage. An einem Beispiel sei dies kurz demonstriert:

Beispiel 1: Höchstteilnehmerzahl in Kursen

Keines der bestehenden Systeme (diese werden weiter unten ausführlicher dargestellt) läßt diese für den Lernerfolg wichtige Frage aus. In unseligen (gar nicht so lange zurückliegenden) Zeiten waren Lerngruppen von 40 TeilnehmerInnen keine Seltenheit. Inzwischen ist man sich weitgehend einig, daß Zahlen wie 12 bis 15 unter keinen Umständen zu überschreiten sind. Selbst das erscheint manchen zuviel und viele Sprachschulen werben mit Kleinstgruppen von 2-3 Personen, nach dem Prinzip je weniger desto besser. Dahinter steckt die Erkenntnis, daß zum Erlernen der Fremdsprache möglichst intensive Aktivphasen notwendig sind, in denen man sich nicht nur imitativ mit Sprache beschäftigt. Diese Lerngruppenminimierung ist offensichtlich Ergebnis einer didaktischen langfristigen Entwicklung (die Sprachlehrkonzepte von vor 30 Jahren beruhten auf einer Auffassung von Sprachkompetenz, die sich auf Regelwissen beschränkte, und dieses Ziel ließ sich durchaus mit solchen Gruppenstärken erreichen).

Sind nun 2-3 Personen ideal und besser als 6-7? Sicher, der einzelne hat mehr Aktivzeiten aufzuweisen. Aber ist Aktivsein alles? Sprachkompetenz ist nicht nur Sprechen, sondern auch Hören. Das Hörverstehen darf sich nicht nur auf sehr wenige Personen beziehen. Wenn man keine Varianten geboten bekommt, nimmt eine Besonderheiten von einzelnen für das Allgemeine. Ununterbrochene Aktivitäten in einer ungewohnten Lernumgebung sind ungeheuer anstrengend. Es muß Pausen geben; man muß Neues verarbeiten können. Wenn mehrere Personen in einer Gruppe gibt, sind die Voraussetzungen hierfür günstiger. Im übrigen ist die Gruppenzusammensetzung wichtig. In einer Kleingruppe können Heterogenitäten wesentlich bedrohlicher sein als in größeren Gruppen. Die Voraussetzung einer absolut homogenen Kleingruppe läßt sich meist nicht einlösen (der unterschiedliche Sprachstand ist bei weitem nicht das einzige für das Lernen wichtige Merkmal von Heterogenität) und ist noch nicht mal unbedingt erstrebenswert: eine dosierte Heterogenität der Teilnehmer kann den Lernerfolg des Einzelnen sehr befördern.

Schließlich kommen noch "äußere" Faktoren hinzu, z.B. die Kosten. Ein Kurs mit 8 Teilnehmer, der einen nur geringen (und auch noch nicht mal sicheren) Verlust von Lerneffizienz mit sich bringt, ist wesentlich billiger als ein solcher mit 4 Teilnehmern.

Dieses Beispiel zeigt: die einzelnen Parameter hängen eng miteinander zusammen und man muß Vor- und Nachteile abwägen. Absolute Forderungen ("je weniger, desto besser") sind nicht sinnvoll. Nur unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs und am konkreten Fall kann man eine angemessene Aussage treffen.

Dieses Prinzip gilt für alle Punkte eines Kriterienkatalogs zur QSE, ob es sich um die Methoden handelt (die nächste Frage muß gleich lauten: Methoden für wen, für was? etc.) oder über Medien (wie steht es mit der Lernzielangemessenheit, Lerngewohnheiten der Lernenden etc.) oder noch etwas anderes.

Wer jemals an einer solchen Diskussion über Parameter von Qualität für Sprachenunterricht teilgenommen hat, ist überrascht, wie altbekannte Themen, die unermüdlich gewälzt wurden, wieder eine ganz neue "Qualität" gewannen, eben weil sie vernetzt diskutiert wurden. Merkmal dieser Vernetzung ist, daß Ebenen verknüpft wurden, die traditionell nicht in Zusammenhang gebracht wurden, in der Hauptsache, weil die ebenenspezifischen Kategorien und Diskurse keinen gemeinsamen Nenner zu haben schienen. Man bewegte sich in unterschiedlichen Argumentationszusammenhängen, die - wenn sie durch verschiedene institutionelle Ebenen repräsentiert werden - leicht zu Grabenkämpfen werden, z.B.zwischen Fachabteilung und Organisation/Verwaltung. Die Leistung eines Qualitätsentwicklungsansatzes besteht nicht zuletzt in einem "vernünftigen" Abgleich zwischen den unterschiedlichsten Anforderungen. Dies soll mit einem weiteren Beispiel vertieft werden.

Beispiel 2: Kundenzufriedenheit.

Die "Schnittstelle Kunde" (PädagogInnen wird es bei diesem Newspeak grausen) ist der zentrale Punkt bei QSE. In der Erwachsenenbildung hat man die Meinung der TeilnehmerInnen lange Zeit über die "Abstimmung mit den Füßen" mitbekommen. Dann ist es naturgemäß zu spät, um die Gründe für eine hohe Abbrecherquote oder gar einen Abbruch des Kurses zu erfahren.

Konsequenterweise setzen viele Institutionen einen Fragebogen zur Erkundung der Teilnehmerzufriedenheit ein. So stellt man rechtzeitig Unzufriedenheiten fest. Richtig konzipiert liefert der Fragebogen auch wertvolle Hinweise auf Motive und Bedürfnisse für die weitere Kursplanung - wenn dies nicht schon im Zusammenhang mit einer Einstufung/Sprachstandsdiagnose zu Beginn des Kurses geschehen ist. Schnell wird man feststellen, daß eine Teilnehmerbefragung als solche natürlich eine sinnvolle Aktion ist, der Erfolg sich aber nur einstellt, wenn die konkreten Umstände berücksichtigt werden. Wenn der Programmverantwortliche hurtig ein Instrument entwickelt (oder ein fremdes übernimmt), ist jede Menge Ärger vorprogrammiert. Die KursleiterInnen reagieren erfahrungsgemäß äußerst mißtrauisch auf Teilnehmerbefragungen, weil sie Negativurteile befürchten, die dazu führen, daß sie nicht weiterbeschäftigt werden. Diese Befürchtungen kann man nur abbauen, in dem man sie in den Entwicklungsprozeß miteinbezieht. Auch ein an einer anderen Institution noch so bewährter Bogen kann nicht diskussionslos eingeführt werden. Mit Diskussion ist natürlich kein einmaliges scheinpartizipatives Gespräch gemeint. Weiterhin: welche Fragen sollen wie formuliert wann an die TeilnehmerInnen (TN) gerichtet werden. TN können im allgemeinen recht allgemein über Motive und Bedürfnisse Auskunft geben (wenn man sie befragt, ob sie aus beruflichen Gründen Sprachen lernen, ist die Antwort oft sehr vage: im Prinzip schon, aber nicht aus aktuellem Anlaß z.B.). TN sprechen eine andere Sprache als die Fachleute: dies gilt es ebenso zu berücksichtigen wie den Zeitpunkt. Am Anfang eines Kurses haben die TN Erwartungen, die aus bisherigen (oft nicht sehr erfolgreichen und lustbetonten) Erfahrungen aus der Schule herrühren und dem effizienten Sprachenlernen eher abträglich sind. Es ist gut, diese zu kennen. Meist sind sie für das Lernen eher hinderlich. Wenn Sprachenlernen mit Grammatikunterricht gleichgesetzt wird und die Institution/die Unterrichtenden eine fortschrittliche Konzeption haben, kann es leicht zu Konflikten und Unzufriedenheiten kommen. Altertümlichen Lernvorstellungen einfach nachzukommen wäre andererseits so etwas wie Betrug am Kunden. Eine gute Konzeption wird auf eine längerfristig angelegte Überzeugungskampagne für ein moderneres und effizienteres Lernen herauslaufen, ein Prozeß, für den man vielleicht einige gute Anregungen aber kein allgemeingültiges Rezept geben kann. Dies kann nur vor Ort in der konkreten Gruppe ausgehandelt werden. Dementsprechend kann man den Zeitpunkt für den Einsatz eines Fragebogens nicht verbindlich festlegen. Sicherlich wird er innerhalb eines Kurses liegen, wenn man (Un-)Zufriedenheit feststellen will; denn am Anfang des Kurses hätte eine Befragung eine ganz andere Funktion (Feststellen von Motiven, Bedürfnissen und Erwartungen) und am Ende sind die Unzufriedenen schon weggeblieben. Eine schematische Festlegung (z.B. nach dem zehnten Kursabend) ist unsinnig. Jede Lerngruppe ist anders und der beschriebene Überzeugungsprozeß läuft anders ab. KL und Programmverantwortlicher müssen den Zeitpunkt im Dialog festlegen. Ein solches Vorgehen ist ein kontinuierlicher Prozeß.

Dieses Beispiel soll zeigen: QSE kostet Zeit und Nerven und erfordert fundierte Kenntnisse in unterschiedlichen Bereichen, die in Beziehung gesetzt werden müssen. Alle beteiligten Personen müssen einbezogen werden. QSE kann nicht nach Schema F abgehandelt werden. Der Verdacht liegt nahe, daß ein kompetentes und kooperatives Ensemble in einer Institution schon immer QSE betrieben hat (wenn ihnen das auch nicht explizit bewußt war). Werden diese Voraussetzungen brücksichtigt, ist QSE "ein wertvolles Werkzeug". Daß QSE nicht mißbraucht werden darf, um

sei nur der vollständigkeithalber erwähnt.

Hinweis:

Der Bundesarbeitskreis Sprachen (= die Sprachenreferent/innen der Landesverbände der VHS) hat eine sprachenspezifische Kriterienliste als Grundlage für QSE-Maßnahmen verabschiedet.

Abgedruckt sind diese Listen u.a. in den Zeitschriften "Deutsch lernen"(Heft 1/97) und "Zielsprache Französisch"(Heft 1/99).

QSE-Systeme als Marketing-Instrument

Stand bisher die Innenperspektive im Vordergrund, d.h. die konkrete QSE-Arbeit innerhalb einer Institution, soll in diesem Abschnitt auf die Außenperspektive eingegangen werden. Dieses Außen kann sich in zweierlei Weise ausdrücken: eine Institution kann ihren Qualitätsstand dokumentieren, indem sie überprüfbare Ziele transparent macht. So verfahren oft VHS und ihre Verbände.

Eine "verschärfte" Version liegt vor, wenn nach einem formalen Procedere auf der Grundlage eines detaillierten Kriteriensystems eine Überprüfung durch unabhängige Inspektoren erfolgt, in deren Folge ein Qualitätssiegel verliehen wird. Der Nachweis von Qualität - garantiert durch unabhängige Experten - wird durch die erwartbare Aufgabe des staatlichen Bildungsmonopols und die Einrichtung eines Bildungsmarktes, auf dem eine Vielzahl von Institutionen miteinander konkurrieren, zu einer Notwendigkeit. Die Bildungsinteressenten brauchen eine Orientierung, weil sie nicht über ausreichendes fachliches Wissen zur Beurteilung/Entscheidung verfügen (woran letztlich auch eine Überprüfung auf der Grundlage von offengelegten Kriterien durch den zukünftigen TN selbst scheitert: die fachlichen Kriterien müssen in eine allgemeinverständliche Sprache umgesetzt werden, dabei geht letztendlich die für die fachlichen Ausdrucksweise charakteristische Präzision und damit auch ein Teil Überprüfbarkeit verloren) und die für die Einrichtungen, welche in Qualität investieren, müssen die Investitionen, die höhere Kosten zur Folge haben. Z.Z. sind 2 QSE-Systeme, die ein Siegel vergeben, in Deutschland im Sprachenbereich präsent. Sie haben noch keine große Akzeptanz gefunden. Z.Zt verhalten sich die Einrichtungen abwartend. Der Konkurrenzdruck ist offensichtlich (noch) nicht so groß, daß ein Siegel überlebensnotwendig wäre. Der Werbeeffekt wird (noch?) als nicht sehr hoch eingeschätzt. Dies mag aus der Erfahrung kommen, die aus dem Hotel- und Gaststättenbereich vorliegen. Neben dem Eingang fast jedes Restaurants und Hotels hängen eine oder mehrere Plaketten, welche Vorzüglichkeit dokumentiert. Die Vielzahl läßt den Aufmerksamkeitswert sinken. Daß Mißtrauen durchaus angebracht ist, zeigt der Vorgang um die vom ADAC verliehenen Plaketten für Hotels und Gaststätten. Dort hatten schon lange keine regelmäßigen Überprüfungen mehr stattgefunden. Die qualitätsversprechenden Plaketten hingen weiterhin. Nach Bekanntwerden dieses Faktums wird/hat der ADAC dieses System schon auf(ge)geben.

Exkurs:

QSE und öffentlich geförderte Bildung

Die Fähigkeit, in mehr als der eigene Muttersprache kommunizieren zu können, ist in zunehmenden Maße eine gesellschaftliche und persönliche Notwendigkeit. Im Rahmen der Globalisierung werden berufliche Sprachkenntnisse überlebensnotwendig. In verschärftem Maße gilt dies für die Arbeitsmigranten, welche aus beruflichen und persönlichen Erfordernissen die Sprache des Ziellandes beherrschen müssen. Der Staat fördert das Lernen von Sprache auf vielfältige Weise, sei es in mehr indirekter Art (Möglichkeit des Absetzens von der Steuer, Bildungsurlaub), sei es in direkter Weise, wenn er über die Arbeitsverwaltung (Deutsch für Aussiedler) oder den Sprachverband Deutsch für ausländische Arbeitnehmer e.V. Sprachkurse subventioniert. Man könnte annehmen, daß QSE-Systeme hochwillkommen sind, um den zielgenauen und effektiven Einsatz öffentlicher Gelder zu garantieren. Die bisherige Erfahrung zeigt, daß die bestehenden unabhängigen Systeme nicht in diesem Sinne genutzt werden. Der Grund ist leicht zu erkennen: die Verknüpfung einer Förderungsverpflichtung mit einem unabhängigen QSE-System kann ins Geld gehen. Wenn die Maximalteilnehmerzahl in einem QSE-System bei 15 pro Kurs angesetzt wird, benötigt man doppelt soviele Kurse als wenn man 30 als Höchstteilnehmerzahl gelten läßt. Beide Zahlen sind Realität: IQDeutsch hat sich auf maximal 15 TN als Normalfall festgelegt, für die Förderung von Aussiedlerkursen gibt die Arbeitsverwaltung 30 Personen pro Kurs an. Die Kurse werden im Wettbewerb der Institutionen ausgeschrieben, im allgemeinen erhält der Billigstanbieter den Zuschlag. Es ist kein Fall bekannt, daß eine Institution, welche sich den schärferen IQ-Kriterien unterwirft und deshalb teurer sein muß (weil sie u.a. für dieselbe Zahl von Lernern zwei statt einem Kursleiter einstellen muß) den Vorzug erhalten hat.

Der Sprachverband hat über die Vergaberichtlinien eigene Kriterien entwickelt, die nicht immer den hohen Oprerationalisierungsgrad unabhängiger System erreicht, aber den Qualitätsrahmen doch wirkungsvoll beschreibt - ohne die offensichtlich erforderliche Souveränität des Geldgebers Staat grundsätzlich in Frage zu stellen.

Eine vergleichbare Vorsicht läßt das Goethe-Institut erkennen, welches zwar assoziiertes Mitglied von EAQUALS ist, sich aber keiner EAQUALS-Inspektion unterzogen hat. Das GI nutzt die EAQUALS-QSE-Merkmale zur internen Weiterentwicklung, behält sich dabei die Definitionsmacht über das good-enough vor.

QSE-Systeme für Sprachen in Deutschland und Europa

Qualität Weiterbildung Hamburg. Dieser Verband ist auf starken Druck durch den Senat der Stadt Hamburg zustandegekommen. Wenn man bestimmter Fördermaßnahmen nicht verlustig gehen will, ist eine Mitgliedschaft unabdingbar. Auf diese Weise sind alle seriösen - privaten wie auch öffentlichen - Anbieter von Weiterbildung in diesem Verband vertreten (nicht sprachenspezifisch, wird aber für Einrichtungen der Sprachvermittlung angewandt).

An VHS-gebundene QSE-Systeme

Im VHS-Bereich existiert eine Reihe von QSE-Initiativen. So haben die meisten Landesverbände im Sprachenbereich QSE-Systeme entwickelt. Oft sind diese in ein Marketing-Gesamtkonzept eingebunden. Details sind über die Landesverbände der VHS erhältlich.

QSE-Subsysteme

QSE-Systeme zeichnen sich im allgemeinen dadurch aus, daß sie alle Bereiche umfassen. Für das Sprachenlernen wird die Kursleiterqualifikation als der Schlüsselbereich für die Unterrichtsqualität angesehen. Schon wegen der Komplexität des Gesamtsystems Sprachvermittlung und -erwerb, aber auch unter dem Gesichtspunkt eines gewichtigen Arbeitsmarktes (Kursleiter/innen), der wiederum einen Qualifizierungsmarkt generiert hat, sind Subsysteme wie die eines QSE-Systems für Qualifikatoren (auf der unmittelbaren Qualifizierungsebene und auf der Meta-Ebene der Multiplikatorenqualifikation) denkbar. Ein solches stellt das in einem EU-Projekt entwickelte Accreditation Scheme dar, welches über die International Certificate Conference bzw. deren Mitglieder entwickelt wurde und administriert wird. Diese Subsysteme weisen dieselben Innen- und Außenaspekte wie die Gesamtsysteme auf: man kann auf ihrer Basis (d.h. der detaillierten Kriterien bzw. Abläufe) gezielt QSE betreiben; sie können über die Siegelvergabe in ein umfassendes Marketing-Konzept bzw. Abläufe) gezielt QSE betreiben; sie können über die Siegelvergabe in ein umfassendes Marketing-Konzept eingebracht werden. Im konkreten Fall läßt sich eine parallele Tendenz zu den "Voll-Systemen" feststellen: bisher sind nur wenige Fortbildungsgänge akkreditiert worden.

Auskunft: International Certificate Conference (ICC), Hansaallee 150, 60320 Frankfurt.

QSE-Systeme mit Siegel

Im folgenden werden 2 Systeme beschrieben, die

Es sind dies:

EAQUALS: The European Association for Quality Language Services

EAQUALS wurde 1991 als "pan-European association of language training providers aiming to promote and guarantee quality in modern language teaching institutions" gegründet. 1995 stellte sich EAQUALS auf einer Konferenz, welche im Goethe-Institut stattfand, in Deutschland vor. Bislang zählt nur eine Institution zu den regulären Mitgliedern (d.h. hat sich einer regulären Inspektion unterzogen): die Eurocentres Köln. Die anderen Mitglieder kommen aus England (7 Mitglieder), Spanien (5), Italien (4), Frankreich (1), Irland (1), Schweiz (1). Die Mehrzahl der Schulen gehört zu international arbeitenden Konzernen wie BELL und Eurocentres.

Neben den Gründungs- und Vollmitgliedschaft besteht eine Kategorie "associate member", in die - auf Einladung - Organisationen eintreten können, welche sich "besonders für die Qualität im Sprachunterricht einsetzen". Auf dieser Liste finden sich eine Reihe national und international reputierter Namen, u.a. national arbeitende Qualitätsorganisationen, die sich auf Sprachunterricht spezialisiert haben:

Assoziierte Mitglieder: Advisoriy Council for English Language Schools (ACELS), Irland / Associazione Italiana Scuole di Lingua (AISLI), Italien / The British Council, England / Chamber of Language Schools, Ungarn / FIRST, England / Goethe-Institut, Deutschland / The Hungarian Association of Language Schools, Ungarn / IQ Deutsch, Deutschland / KOST-Klubschulen, Schweiz / The Polish Association for Standards in English (PASE), Polen / Romanian Association for Quality Language Services (QUEST), Rumänien / Societá Dante Alighieri, Italien / The University of Cambridge Local Examinations Syndicate (UCLES), England. (Stand: 20.12.98)

Diese Liste dokumentiert den hohen Stand von Vernetzungen, der offensichtlich eine charakteristische Entwicklung darstellt: wirtschaftlich miteinander konkurrierende Einrichtung schließen sich in fachlichen Informations- und Kommunikationsnetzen zusammen. Es wurde allerdings schon erwähnt, daß die meisten regulären Mitglieder wirtschaftlichen Kooperationsverbünden angehören, die durch diese Zugehörigkeit und ihre geographische Distribution nicht in Konkurrenz stehen. Offensichtlich ist der Anreiz zu einem Beitritt für einen direkten Konkurrenten (z.B. vor Ort) nicht besonders groß. Die Werbewirksamkeit eines entsprechenden Siegels wird als nicht so zwingend angesehen. Andererseits ist der Wettbewerbvorteil hin, wenn die Konkurrenz ebenfalls über das Siegel verfügt. Die Situation würde sich nur ändern, wenn die Nicht-Zugehörigkeit als Ausschlußmerkmal dient, wenn also die Mehrheit (oder alle) seriöse Einrichtungen Mitglied sind. Oder wenn die Mitgliedschaft Voraussetzung für Förderungen darstellt, z.B. für öffentliche Bildungsverpflichtungen. Über die Vorsicht staatlicher Förderung, die (alleinige) Souveränität über Qualitätsstandards aufzugeben, wurde in einem vorangegangenen Abschnitt berichtet. Man kann dieses Argument auch umdrehen: Alt-Mitgliedern könnten Konkurrenten als Neu-Mitgliedern nicht willkommen sein, weil der Wettbewerbsvorsprung dahin ist. Über diese Mutmaßungen hinaus kann man aber als Faktum konstatieren: die Bereitschaft zur Vollmitgliedschaft stagniert; hingegen wird die Funktion als fachliche Kommunikations- und Informationsplattform intensiv genutzt.

Weitere Informationen zu Equals sind über die Internet-Adresse erhältlich: http://www.eaquals.org/frconten.htm.

Zur eigenen internen QSE-Arbeit ist ein orientierender Blick in das Pan-European Inspection Scheme for Foreign Language Providers nützlich, welches für Beitrittsinteressierte beim

head office c/o The Britisch School of Trieste, Via Torrebianca 18 - 34132 Triest - Italy - Tel ++39+040 369 369 - fax ++36 +040 7600075 - Email chair@eaquals.org oder dem Secretariat c/o Frank Heyworth, Alte Landstrasse s127 - 8800 Thalwil - Switzerland - Tel++41 +1 720 54 81 - Fax ++41 +1 720 94 07 - Email gensec@eaquals.org oder dem deutschen Mitglied Eurocentres Köln - Sedanstr. 31-33 - 50668 Köln - Gemany - Tel ++49 +221 97 30 920 - Fax ++ 49 +221 72 00 919 zu beziehen ist.

Das inspection scheme ist nach guter ISO-Philosophie weitgehend frei von inhaltlichen Zielen und methodischen Operationalisierungen. Letztlich enthalten Kriterien wie effectiveness and appropriacy of methods in relation to students’s aims (Punkt 1.5.1 der Guide and Checklist for EAQUALS Inspectors) sehr wohl eine Konzeption von modernem Unterricht, auch wenn sie nicht explizit genannt wird.

Dieser Konsens muß sich dann über das Inspektorenteam manifestieren.

IQDeutsch: Interessengemeinschaft Deutsch Qualität Deutsch als Fremdsprache

Die Aufgabenstellung ist mit der von EAQUALS vergleichbar, mit dem Unterschied, daß sich das Aktionsfeld auf Deutsch als Fremdsprache beschränkt ist. Diese Einschränkung kann man positiv und negativ interpretieren. Negativ in der Weise, daß eine Vielzahl von Einrichtungen ausgeschlossen sind, die mehrere Sprachen ohne besondere Schwerpunktbildung anbieten. Sollen diese für jede Sprache eine eigene Inspektion durchführen bzw. ein gesondertes QSE-Programm auflegen? Dies erscheint wenig sinnvoll. Auch vom Marketing-Gesichtspunkt aus mag ein starkes Siegel mit einem hohen Bekanntheitsgrad vorzuziehen sein. Ein auf einzelne Sprachen spezialisiertes System muß besondere Gründe zu seiner Rechtfertigung anführen. Im Falle von IQDeutsch sind zwei zu benennen: die Lernsituation im Lande der Zielsprache stellt eine besondere Chance dar, die in das didaktisch-methodische Konzept einzubeziehen ist, und es gibt eine ausreichende Anzahl von Sprachinstituten, die ausschließlich oder zu einem überwiegenden Teil Deutsch als Fremdsprache anbieten. Weitere Gründe lassen sich über Besonderheiten des Faches DaF erschließen (was natürlich auch mutates mutandes für andere Sprachen zutrifft). IQDeutsch hat zwar noch nicht besonders viele inspizierte Mitglieder (am 1.1.99 sind es 6), aber hierbei muß man berücksichtigen, daß IQDeutsch erst seit 1996 besteht. Bei den Mitgliedern handelt es sich um mittelgroße Sprachkursanbieter. Wichtig ist, daß das System "lebt", u.a. dadurch, daß kontinuierlich neue Mitglieder hinzukommen. IQDeutsch ist trotz der (naturgemäß) geringen Startzahlen der erfolgreichste auf Sprachenbelange spezialisierte QSE-Verein in Deutschland.

Auf die bedeutsame Kommunikations- und Informationsfunktion im Rahmen der assoziierten Mitgliedschaft bei EAQUALS wurde schon hingewiesen (IQDeutsch ist übrigens assoziiertes EAQUALS-Mitglied). Über die assoziierten Mitglieder erfolgt bei EAQUALS auch der Nachweis (wissenschaftlicher) Respektabilität. Bei IQDeutsch wird diese Funktion vom Beirat übernommen. Ihm gehören Vertreter/innen von DaF/DaZ-Forschung, Lehre und Praxis an. Die Beiratsmitglieder führen auch die Inspektionen (ein Beiratsmitglied zusammen mit einem Vertreter aus dem Kreis der Spracheninstitute) durch. Die Diskussion im Beirat gewährleistet eine überindividuelle Operationalisierung der in den Richtlinien recht allgemein gehaltenen Kriterien. Dabei geht es nicht nur um den augenblicklichen "good enough"-Standard, sondern auch um die kontinuierliche Weiterentwicklung des Standards. Wünschenswert wäre, wenn die Diskussion im Anschluß an oder als Vorbereitung auf oder als grundsätzliche Erörterung verstärkt an eine interessierte Öffentlichkeit vermittelt würde. An zwei Beispielen wurde eingangs versucht darzustellen, wie interdepedent und komplex bei der Beurteilung verfahren werden muß. An konkreten Fallbeispielen (die immer Beispielhaftigkeit auch einmalig bleiben) läßt sich am ehesten ein Eindruck davon vermitteln, was für einen qualitätsvollen Sprachunterricht wichtig ist.

Wer sich über Details über Mitgliedschaft, Statuten, Inspektionsrichtlinien etc. interessiert, kann entsprechende Informationen über folgende Adressen einholen:

IQ.Deutsch@t-online.de
IQ Deutsch c/o IS München, Neuhauser Str. 27/III, 80331 München
Tel. +49 (0)89-2366740 - Fax +49 (0)89-263040

Anhang

Eine Reihe von nationalen Qualitätsverbänden hat sich zu der Dachorganisation ELITE (The European Federation of Associations for Teaching Mother Tongues to Foreign Students) zusammengefunden.

Es handelt sich um Organisationen, deren Ziel die Verbesserung von Sprachunterricht ist. Ihr Organisations- und Professionalitätsgrad ist höchst unterschiedlich und reicht von einer lose organisierten Zusammenarbeit bis zu Qualitätssystemen mit detailliert formulierten Standards und streng formalisierten Verfahrensweisen.

Leider sind die zur Verfügung stehenden Angaben nicht vollständig.

AEEA span.,: 16 Mitglieder (1997)

AEPLE port. Associacao de Escolas de Portuguès como Lingua Estrangeira, http://www.languagetravel.com/wport.htm

10 Mitglieder (evtl. sollen in Zukunft auch bras. Einrichtungen aufgenommen werden)

ARELS engl. The Association of Recognized English Language Services, http://www.britcoun.org/english/courses/engscarl.htm

217 Mitglieder (Anfang 98)

ASILS ital.

IQDeutsch: Interessengemeinschaft Qualität Deutsch als Fremdsprache e.V. (s.o.)

Souffle frz. Groupement Professionel des Organismes d’Enseignement du Francais Langue Etrangère, www.souffle.asso.fr

18 Mitglieder (keine neuen seit 1997)

Aus Frankreich ist das sprachenspezifische QSE-System EXCELLANGUES zu erwähnen, dessen angekündigte europaweite Ausdehnung bisher nicht erfolgt ist. Vom Ansatz her ist es mit den beschriebenen vergleichbar.

Bibliographie

E. Hildenbrand, E.: Qualitätsmanagement im Bildungs- und Sprachenbereich. In: Deutsch lernen 1998, H. 2

Paleit, D.: Qualitätsansprüche im Bereich Deutsch für ausländische Arbeitnehmer. In: Fachverband Deutsch als Fremdsprache (Hrsg.). Materialien Deutsch als Fremdsprache. Regensburg 1998, H. 47

dies. Über die Qualität von Unterricht. In: Deutsch lernen 1998, H. 2

Raatz, W.: EAQUALS. The European Association for Quality Language Services. In: Fachverband Deutsch als Fremdsprache (Hrsg.): Materialien Deutsch als Fremdsprache. Regensburg 1998. H. 47

M. Schneider, J. M.: Das IQ Deutsch Qualitätssiegel. In: Deutsch lernen 1998, H. 2

van de Sand, D.: Qualitätskriterien für Sprachkurse Deutsch als Fremdsprache im außeruniversitären Bereich am Beispiel des Sprachinstituts Tübingen (SIT). In: Fachverband Deutsch als Fremdsprache (Hrsg.) Materialien Deutsch als Fremdsprache 1996, H. 42

von der Handt, G.: Qualitätsentwicklung und -sicherung im Sprachunterricht. In: Deutsch lernen 1997, H. 1 (hier findet sich auch die Liste der Qualitätskriterien, welche von den SprachenreferentInnen der VHS- Landesverbände als grundlegende Vereinbarung zur Qualitätsarbeit an VHS verabschiedet wurde)


Gerhard von der Handt: Qualitätssicherung und -entwicklung (QSE) im Sprachunterricht. Online im Internet – URL: http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-1999/vonderhandt99_02.htm
Dokument aus dem Internet-Service des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung e. V. – http://www.die-frankfurt.de/esprid