Projekt „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“

 

Zuwendungsempfänger: Saarland, Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft

Laufzeit des Vorhabens: 01/2001 – 12/2004

Berichtszeitraum: März 2002 – März 2003

 

 

1.         Aufzählung der wichtigsten wissenschaftlichen Ergebnisse und andere wesentliche Ereignisse mit einem Abschnitt zum Stand des Transfers der Modellversuchsergebnisse (Produkte, Handlungsfelder).

 

Nach den Schwierigkeiten und der (nicht zielsetzungsbezogenen, aber die konkrete Durchführung verändernden) Umorientierung wurden noch 2001 zwei deutsche Schulen gefunden, die bereit waren, mit dem Projekt „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ zu kooperieren. Beide Schulen konnten auch die Bedingung erfüllen, über französische Partnerschulen zu verfügen. Im einen Fall wurde aber im Verlauf des Jahres 2001 die Partnerschule ,ausgewechselt, da an der ,alten’ Partnerschule die Deutschlehrerin in den Ruhestand getreten war und ihre Nachfolgerin kein Interesse an einer Fortsetzung hatte. Dabei erscheint die Begründung erwähnenswert, warum sie auf die Partnerschaft verzichtet hatte: Die Schülerinnen und Schüler aus dem Saarland würden einen ähnlichen Dialekt sprechen wie die eigenen Schülerinnen und Schüler – beide Orte liegen im rheinfränkischen Mundartgebiet. Sie erachte es aber als wichtig, dass ,ihre’ Schülerinnen und Schüler das Hochdeutsche erlernen. Dies zeigt, dass auch scheinbar institutionalisierte Kooperationen netzwerkartigen Charakter aufweisen und schnell enden können, wenn einer der Partner keinen Vorteil in der Zusammenarbeit mehr sieht. Offenbar stellen auch Schulpartnerschaften eher lockere Verknüpfungen eigenständiger Einheiten dar; die institutionelle Verankerung bedeutet nur bedingt, dass es sich bei Schulpartnerschaften nicht um Netzwerke handeln würde.

 

Bereits zu Beginn des Jahres 2002 konnte die Zusammenarbeit jeweils auch auf die französischen Partner ausgedehnt werden. Damit existieren jeweils zwei Netzwerke, die sich, vom Projekt „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ aus betrachtet, jeweils an den beiden saarländischen Projektschulen orientieren. Von beiden Schulen aus wurde die Vernetzung mit den jeweiligen französischen Partnerschulen erreicht. An jeder dieser vier Schulen existieren nun zudem eigenständige Subnetzwerke, die personell definiert werden. Sie sind um die jeweiligen Fachlehrer zentriert und erreichen von ihnen aus unterschiedlich zu definierende Schülergruppen: Klassenverbände, aber auch Fördergruppen und seit dem Schuljahr 2002/2003 auch eine freiwillige Arbeitsgemeinschaft. (Auch die Fördergruppe fußt teilweise auf dem Freiwilligkeitsprinzip, wenngleich hier bei einigen Schülerinnen offenbar auch ein gewisser Druck aus dem Elternhaus für die Teilnahme zumindest mitverantwortlich zu sein scheint.) Bemerkenswert erscheint die Tatsche, dass eine AG als Folge der Tätigkeit des Projekts „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ im Verlauf des davorliegenden Schuljahrs entstanden ist.

 

Zudem kommt es auch zu projektbezogenen Netzwerken zwischen den am Projekt beteiligten Lehrern und den am Projekt beteiligten Schülern jeweils der deutschen und der französischen Partnerschulen.

 

Im Rahmen dieser Netzwerke erfolgt der Kontakt über E-Mail beziehungsweise per Videocassette. So haben deutsche Schüler Videocassetten produziert und dabei die französische Sprache benutzt; diese Cassetten wurden der französischen Partnergruppe zugeleitet. Die französische Gruppe revanchierte sich, indem sie der deutschen Gruppe eine eigene Videoproduktion, nun in deren Fremdsprache Deutsch, also der Sprache des Partners, zukommen ließ. Ähnlich reziprok, wenngleich bislang ohne ,Produkte’, verlief der Kontakt im Rahmen der anderen Schulpartnerschaft, die via längere Besuche und in der dazwischenliegenden Zeit via E-Mail vonstatten ging.

 

Darüber hinaus werden an allen Projektschulen längerfristigere und ,größere’ Teilprojekte beziehungsweise Produktionen erarbeitet. Im einen Fall handelt es sich um einen Videoclip zum Lied « Une fille de l’ est » von P. Kaas. Sie hat selbst eine der französischen Partnerschulen besucht; dieses Faktum sollte zusätzlich motivierend für die Schüler sein. In dem genannten Lied verdichtet sie einige Jugenderfahrungen; das Lied bezieht sich also explizit auf die ,Projektregion’.

 

Das ,Teilprojekt’ zu P. Kaas ist im übrigen im Rahmen eines Projektwettbewerbs, der zum Europäischen Jahr der Sprachen von der Académie Nancy-Metz und vom saarländischen Kultusministerium ausgeschrieben worden ist, mit dem zweiten Preis ausgezeichnet worden. Die Preisverleihung fand als Teil der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrages statt.

 

In einem anderen Fall wird eine CD-ROM über den „Europ. Kultur-Park Bliesbrück-Reinheim“ erstellt, der in unmittelbarer geografischer Nähe zu einer der Projektschulen liegt. Mit dieser CD-ROM sollen die Schülerinnen und Schüler den Kulturpark jugendgerecht darstellen. Es gibt eine Vereinbarung mit dem Kulturpark, dass die CD-ROM nach Fertigstellung an andere Jugendgruppen (Schulklassen u.a.) weiterverbreitet wird; die Jugendlichen erarbeiten also ein Produkt für andere Jugendliche. Auch dies hat eine stark motivierende Wirkung.

 

Im Rahmen solcher Einzelprojekte entstehen regelmäßig weitere, nun punktuelle Netzwerke. So ist der Schulträger der Projektschule (der Landrat) gleichzeitig deutscher Träger des Europäischen Kulturparks. Im Gegensatz zur Schule, die in zumindest teilweiser Autonomie solche Projekte betreiben kann, ist der Kulturpark eine weisungsabhängige Institution des Landratsamtes. Zur Produktion der CD-ROM war demnach die Unterstützung des Landrats notwendig. Noch hierarchischer ist die Organisation der französischen Seite des Europäischen Kulturparks. Die Kontakte nach Frankreich liefen deshalb über das Landratsamt und den Förderverein „Begegnungen auf der Grenze“. Über diese entstanden wiederum Kontakte zur französischen Verwaltung des Kulturparks, so dass die Schülerinnen und Schüler auf beiden Seiten der Grenze jeweils mit Unterstützung der Verantwortlichen für die CD-ROM recherchieren konnten.

 

Von solchen punktuellen, auf Einzelprojekte bezogenen Netzwerken abgesehen, ist das Umfeld des Projekts „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ seit dem Schuljahr 2001/2002 (beziehungsweise seit Beginn des Jahres 2002, mit der Etablierung der bis dato fehlenden, mithin ,neuen’ Partnerschule) recht statisch. Insofern hat das Projekt „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ die Konsolidierungsphase erreicht. Diese Phase wird auf verschiedene Art und Weise genutzt. Insbesondere ist es nun, dank dieser Konsolidierung, erstmals möglich, evaluatorisch Beobachtungen zu generieren, die im Kontext des Programms, aber möglicherweise auch darüber hinaus für die Bildungspolitik von Interesse sein könnten. Die Projekte sind an den Schulen jeweils so gut etabliert, dass es auch möglich ist, verschiedene Rahmenbedingungen zu variieren und somit Aussagen über lern-förderliche oder lern-behindernde Aspekte zu treffen.

 

So wurde im Verlauf des ersten Projektjahres deutlich, dass die mediengestützte Projektarbeit im Kontext kleinerer Gruppen effizienter war als im großen Klassenverband. Aus diesem Grund wurde an der Schule, in der das Projekt im vergangenen Schuljahr während des Regelunterrichts durchgeführt worden war, eine ergänzende Arbeitsgemeinschaft gebildet. Die Tendenz, die also insofern als Konsequenz der bisherigen Projekterfahrung charakterisiert werden kann, lautet also auf eine Auslagerung und Verkleinerung des Teilnehmerkreises. Umgekehrt hat die Lehrerin der anderen Projektschule, mit der bislang im Kreis einer (kleinen) Fördergruppe gearbeitet worden war, als Konsequenz des aus ihrer Sicht sehr erfolgreichen Projektverlaufs eine Ausweitung angeregt. Sie hat bei der Schulleitung beantragt, fachfremd weitere Fächer wie Arbeitslehrer unterrichten zu können, um diese gemeinsam mit dem Projekt zu gestalten. Dies wird im Übrigen als weiteres Indiz für die erfolgreiche Projektarbeit gewertet. Die Tendenz geht hier also, ebenfalls als Konsequenz der bisherigen Projekterfahrung, von der kleinen Gruppe zu einer Vergrößerung und institutionellen Integration des Teilnehmerkreises. Im Bereich ,Arbeitslehre’ wurde mit den Jugendlichen, eine Idee aufgreifend, die bereits im Projektantrag genannt worden war, mediengestützt Bewerbungsschreiben und Lebensläufe erarbeitet und über Internet die Recherche für Praktikumsplätze durchgeführt; dies bezog sich sowohl auf den deutschsprachigen, als auch auf den französischsprachigen Arbeitsmarkt. – Insgesamt hat die unterschiedliche beziehungsweise gegenläufige Entwicklung an den beiden deutschen Projektschulen die Möglichkeit ergeben, mit weitgehend personidentischen Gruppen unterschiedliche Varianten des Projektdesigns zu erproben. Somit können tendenziell objektivere und reliablere Aussagen getroffen werden. Andere evaluatorische Beobachtungen, die noch genauer untersucht werden müssen, beziehen sich auf die Wechselwirkung zwischen Inhalt und medialer Aufbereitung, u.a.

 

Aufgrund der Konsolidierung erscheint es seit Ende des Jahres 2002 auch möglich und sinnvoll, erste Projektergebnisse im Sinn eines Transfers weiterzugeben. Aus diesem Grund wurde ein „Best-Practice-Band“ erarbeitet, in dem auch die Arbeit an einer der Projektschulen ausführlich dokumentiert worden ist. Der Band ist insofern auch die Fortführung beziehungsweise Anpassung des Konzepts der Vortragsveranstaltungen, die im ersten Halbjahr organisiert und als Serviceangebot an die Partnerinstitutionen organisiert worden waren.

 

Die Vortragsveranstaltungen können gleichzeitig als Ausdruck der ersten Projektphase bewertet werden, in der es u.a. darum ging, die allgemeinen Grundlagen und den State-of-the-Art erarbeiten und darzustellen (vergleiche Zwischenbericht 2001).

 

Der erste Vortrag bezog sich – unter dem Titel: "Grenzüberschreitendes Sprachenlernen: Neue Qualitäten" – konkret auf die aktuelle Situation, insbesondere auf das europäische Jahr der Sprachen und die Ergebnisse der PISA-Studie. Als Autor konnte Christoph Edelhoff gewonnen werden. Der Autor ist Studiendirektor a.D.; er war stellvertretender Leiter der Gesamtschule Fröndenberg und Fachmoderator für Englisch an Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen; zudem Leiter des Fachbreichs Neue Sprachen und Medien am Hessischen Institut für Lehrerfortbildung (später Hessisches Landesinstitut für Pädagogik) in der Reinhardswaldschule/Fuldatal (bis 2000). Zur Zeit ist er des weiteren auch Vorsitzender des Deutschen Vereins zur Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung (DVLFB) und Vorsitzender von The English Academy beim Bildungshaus Hannover. Der Vortrag hat nach den notwendigen Veränderungen in der sprachlichen Bildung und beim Lehren und Lernen fremder Sprachen gefragt. Er ging davon aus, dass auf allen Ebenen Grenzen überschritten und neue Horizonte entdeckt werden müssen: Grenzen traditioneller Inhalte und Vermittlung; Grenzen nationalsprachlicher oder eurozentrierter Geschichte; Grenzen eines bürokratisch-administrativen Schulbetriebs; ideologische Grenzen kultureller Dominanz; Grenzen eindimensionaler Lehrmedien und Buchmethoden. Zu diesem Zweck hat er für eine neue Offenheit, Internationalisierung und interkulturelle Grundlegung geworben. Dies verlange zugleich nach neuen Qualitätsmaßstäben und einer neuen Evaluationskultur, die zu lebenslangem Lernen befähigt; der Vortrag hat diesbezüglich Hinweise und Verhaltensanregungen dargestellt. – Die Vortragsveranstaltung von Herrn Edelhoff hat sich im Übrigen auch in einem journalistischen Artikel, der in der ,Saarbrücker Zeitung’ erschienen ist, niedergeschlagen.

 

Der zweite Vortrag hatte den Titel „Jugend-Partnerschaften über die deutsch-französische Sprachgrenze hinweg“. Er hat sehr konkret ein Programm beschrieben, das bezüglich der grenzüberschreitenden bzw. begegnungsdidaktischen Komponente eine gewisse Nähe zum Projekt „Sprachnetzwerke in Grenzräumen“ aufgewiesen hat. Das Programm ist vom Institut Français in Freiburg/Breisgau organisiert worden, Es hat unter anderem Partnerschaften zwischen deutschen und französischen Jugendlichen vorgesehen. Dieses Programm ist innerhalb weniger Jahre zum großen Erfolg geworden und hat sich immer weiter ausgedehnt. Inhaltlich: beziehen die Partnerschaften inzwischen Familien und selbst Organisation von Praktika-Plätzen im jeweils anderen Land mit ein. Quantitativ: inzwischen gibt es mehr als 3.000 Partnerschaften. Zudem wurde das Projekt inzwischen auch auf die Pfalz und auf die Schweiz erweitert. Gefördert wurde es vom Interreg-Programms der EU-Kommission. Als Vortragender konnte der Leiter beziehungsweise Direktor des Institut Français in Freiburg/Breisgau, M. Michel Mercier, gewonnen werden. Der im Anschluss an die Vorträge erarbeitete Band dokumentiert auch den Vortrag von Herrn Mercier.

 

 

2.         Vergleich des Stands des Vorhabens mit der ursprünglichen (bzw. mit Zustimmung des Zuwendungsgebers geänderten) Arbeits-, Zeit- und Ausgabenplanung.

 

Entsprechend der unter (1.) beschriebenen Entwicklungen kann von einem äußerst zufriedenstellenden Verlauf der an den Schulen durchgeführten Einzelprojekte gesprochen werden. Es werden Produkte mit Schülern erstellt und diesbezüglich transferrelevante Erfahrungen und Beobachtungen notiert. Insofern entspricht der Stand des Projekts voll und ganz der vorgesehenen Arbeits- und Zeitplanung

 

 

3.         Haben sich die Aussichten für die Erreichung der Ziele des Vorhabens innerhalb des angegebenen Ausgabenzeitraums gegenüber dem ursprünglichen Antrag geändert (Begründung)?

 

nein

 

 

4.         Sind inzwischen von dritter Seite Ergebnisse bekannt geworden, die für die Durchführung des Vorhabens relevant sind?

 

nein

 

 

5.         Sind oder werden Änderungen in der Zielsetzung notwendig?

 

nein

 

 

6.         Im Berichtszeitraum des Projektes erstellte Materialien/Publikationen (Exemplar dem Bericht beilegen)

 

 

6.1. Allgemeines

 

Präsentations-Artikel Projekt „ ‚Sprachnetzwerke in Grenzräumen’ (Saarland)“ In: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.), BLK-Modellversuchsprogramm ,Lebenslanges Lernen’. No. 3, Dezember 2002, Seite 6

 

in Ergänzung zu den existierenden Medien (Internet-Auftritt, Flyer) wurde zudem eine neue Posterpräsentation erstellt, die den aktuellen Projektstand darstellt

 

 

6.2. Projektprodukte

 

- Video „P. Kaas, Une fille de l’ Est, Ein Mädchen von der Grenze“

(ausgezeichnet mit dem zweiten Preis im von der Académie Nancy-Metz und dem Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft des Saarlandes ausgeschriebenen „Projektwettbewerbs zum Europäischen Jahr der Sprachen“; Preisverleihung im Rahmen der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrages)

- dazu: Filmbericht, Saarländischer Rundfunk, SR Fernsehen Südwest,„Aktueller Bericht“, 21. Januar 2003, 19:20 Uhr

- sowie Artikel „Euro für kreative Freunde“, In: Saarbrücker Zeitung“, 1. Februar 2003

 

- Weitere Videoproduktionen mit den Projektschulen

 

 

6.3. Transferprodukte

 

Vortragsveranstaltung "Grenzüberschreitendes Sprachenlernen: Neue Qualitäten", Christoph Edelhoff. Saarbrücken: VHS-Zentrum, 28. 02. 2002

- dazu: Artikel „Lehrer warnen vor falschen Reaktionen auf Pisa-Studie“. In: Saarbrücker Zeitung, 2. März 2002

 

Vortragsveranstaltung „Jugend-Partnerschaften über die deutsch-französische Sprachgrenze hinweg“, M. Michel Mercier. Saarbrücken: VHS-Zentrum, 16. 05. 2002

 

 

6.4. Teilnahme an den Veranstaltungen des Programmträgers und der wissenschaftlichen Begleitung

 

„Netzgestütztes Lernen in LLL“ (22.4.2002, DIE Frankfurt)

 

Evaluation in LLL“ (13.-14.05.2002, DIE Frankfurt)

 

Transfer in LLL (24.-25.09.2002, Gustav-Stresemann-Institut Bonn)

 

„Formen der Organisationsentwicklung als Voraussetzung und als Ergebnis einer bewussten Gestaltung von Lernarrangements“ (17./18.10.2002, Humboldt-Universität Berlin)