Angelika Kipp
Impulsreferat: Beratung und
Qualifizierung im Trailer- Projekt
Einleitung
Der folgende Beitrag basiert auf
den Erfahrungen und Ergebnissen des ADAPT- Projektes „Trailer: Training,
Lernen, Reorganisation – Neue Märkte für Bildungsträger", das vom
März 1998 bis Februar 2001 von der Gesellschaft für Projektierungs- und
Dienstleistungs-manangement mbH (gpdm) geleitet und durchgeführt wurde. Einige
Fragestellungen zu den zentralen Interventionsstrategien in der Bildungsarbeit
mit KMU ‚Beratung‘ und ‚Qualifizierung‘ aus Sicht des Trailer- Projekts
sollen hier reflektiert werden. Der Schwerpunkt des Trailer- Projektes lag
darin, mit vier Bildungsträgern aus der Region Höxter den potentiellen Markt
von KMU / O zu erschließen und dazu die Synergieeffekte des Netzwerkes „fundus
– Arbeitsgemeinschaft für Berufliche Bildung e. V.„ zu nutzen. Daher soll
hier der Prozeß arbeitsorientierter Modernisierung unterstützt durch
Weiterbildung und Beratung nicht nur aus der Sichtweise der beteiligten
Bildungseinrichtungen gesehen, sondern die Rückwirkungen der Zielsetzung und
Aktivitäten auf eben diese Institutionen betrachtet werden.
1. Ausgangspunkt: „Neue
Anforderungen an Bildungsträger"
1996 kam es im Rahmen einer
regionalen Bildungsbedarfsanalyse im Kreis Höxter zu einem ersten
Zusammentreffen von KMU / O mit kommunalen bzw. gemeinnützigen
Bildungsträgern. Dabei zeigte sich, daß beide Seiten einander nicht kannten,
wenig über Wertvorstellungen, Ziele und Arbeitsbedingungen des jeweils anderen
wußten. Das Ansinnen, eine Anbieter- Kundenbeziehung herzustellen, wurde von
beiden Seiten durch folgende Kritik am jeweils anderen Partner eingeleitet:
Seitens der Unternehmen
wurde formuliert, Angebote von Bildungsträgern seien nicht ausreichend, nicht
passend und für Betriebe nicht verständlich kommuniziert. Es handele sich um
Standardangebote, die nicht auf betriebliche Bedarfe abgestimmt seien - und
zwar nicht nur inhaltlich, sondern vor allem hinsichtlich der
Organisationsvorstellungen zum Lehr-/Lernprozess und zur Methodik. Die
Unternehmen erwarteten von den Bildungsträgern eine Dienstleistung.
Seitens der Bildungsträger
wurde angemerkt, KMU / O könnten ihre Bildungsbedarfe nicht formulieren; sie
würden auch keinen gesteigerten Wert auf Qualifizierung legen und daher keine
Ressourcen dort einsetzen bzw. auch keine Ansprechpartner zur Verfügung
stellen.
Damit KMU/ O als Kunden und
Bildungsträger als Anbieter/ „Dienstleister" zusammenkommen konnten,
mußte ein Beratungsprozeß in Gang gesetzt werden, der die notwendigen
Informationen für die Erstellung eines betriebsspezifischen ‚Angebotes‘
hervorbringt und ein Kennenlernen der potentiellen Partner ermöglichte.
Dies ist eine typische Situation für Beratung. Beratung im Trailer- Projekt
hatte hier eine wesentliche Gelenkstellenfunktion zwischen potentiellem Anbieter
(Weiterbildungsträger) und Abnehmer (Kunden Betrieb), um überhaupt zusammen zu
finden und die für eine Zusammenarbeit erforderlichen Informationen voneinander
zu erhalten (vgl. Beitrag von Rosemarie Klein.)
Für die am Trailer- Projekt
beteiligten Bildungsträger bedeutete dies, daß sie bei der Angebotserstellung
nicht wie bisher von einem Thema und seiner fachbezogenen Didaktisierung
ausgehen konnten, sondern
von der Analyse der
betrieblichen Situation und deren Entwicklung
zu einer Definition der
Problemlage gelangen mussten, um daraus
Bildungs- wie Beratungsbedarfe
abzuleiten
und diese durch ziel- und
nutzendefinierte sowie methodisch an den Lernbedingungen im Prozess der Arbeit
orientierte Qualifizierung und Beratung zu befriedigen.
Auch dies war im Trailer- Projekt
ein typischer Beratungsprozeß, verbunden mit Qualifizierungsschleifen.
Die Ausrichtung auf das Marktsegment ‚Reorganisationsprozesse mit KMU‘
verlangte (und verlangt aktuell) von den Bildungseinrichtungen die Entwicklung
bzw. Anwendung neuer Kenntnisse (erworben durch Qualifizierung) und Kompetenzen
(Transfer von Gelerntem in professionelles Handeln):
Kommunikationsfähigkeiten
(analytisches Fragen, Beobachten, Gesprächsführung, aber auch: Empathie als
personale Kompetenz)
Kenntnisse über Wirtschaft,
Branche, Arbeitsabläufe, Unternehmensorganisation, Unternehmenskultur und
Arbeitsbedingungen (Feld- bzw. Feldkultur- Kenntnis)
Fähigkeit zum
Perspektivenwechsel: Beratungsgespräche wie auch Bildungskonzepte müssen auf
die Probleme und die Arbeitsbedingungen in Unternehmen zugeschnitten werden;
dazu ist es erforderlich, auch mit den „Augen des Betriebes sehen zu
können".
Lehr-/Lernarrangements auf
Arbeitsbedingungen bzw. die Vernetzung von Arbeiten mit Lernen ausrichten:
z.B. neue Medien einsetzen (Selbstlernangebote), Methodenvielfalt (kleinste
Gruppen, Coaching, Moderation...), Inhouse Schulungen, arbeitsorientiertes und
arbeitsplatznahes Lernen u.ä.
Evaluation der durchgeführten
Bildungsangebote, um Korrekturen im Prozess vorzunehmen, die
Verwertbarkeit/den Nutzen der Beratung und Bildungsmaßnahme abzusichern und
nachzuweisen und ggf. Zielerweiterungen und darauf abgestimmte Verfahren und
Wege der Zielverfolgung zu entwickeln
Die Ansprache potentieller Kunden
(KMU / O), die Herstellung einer Anbieter- Kundenbeziehung und die
Bedarfsermittlung in und mit den Betrieben markieren nur einige der
Arbeitsfelder, die von vielen Bildungsträgern ein Umdenken erfordern. Der
gesamte Angebotserstellungs- und Durchführungsprozeß mit den Phasen Akquise,
Marketing, Beratung, Konzeptentwicklung, Beratung, Durchführung,
Evaluation/Controlling, Abschluß- oder Anschlußberatung ist nicht nur
ungewöhnlich, sondern aufwendig für viele Bildungsträger. Beratung nimmt in
diesen Feldern einen quantitativ und qualitativ vergleichsweise hohen
Stellenwert ein (vgl. Beitrag Rosemarie Klein). Vor allem die Beratungsanteile
und –prozesse, die sich weniger auf Personen als Individuen, denn auf
Abteilungen oder Funktionsgruppen beziehen, wo es also um Organisationsberatung
ging, zeigten, daß MitarbeiterInnen in traditionellen
Weiterbildungseinrichtungen für diese Aufgaben ausgewählt, vorbereitet und
qualifiziert werden müssen. Reorganisation und Personalentwicklung innerhalb
der Einrichtung eines Bildungsträgers sind daher von Nöten – Beratung und
Qualifizierung gehen dabei Hand in Hand. Welches Instrument ausgewählt wird,
hängt von einer Reihe von Kriterien ab, die weiter unten nochmals thematisiert
werden.
Eine der zentralen An - /
Herausforderungen für die Bildungsträger ist, daß sie sich (im Vergleich zu
den traditionellen Zielgruppen) bei den KMU auf einen Kunden mit anderem
Verhalten, anderen Einstellungen, Normen und Werten einstellen müssen. Sie
haben es mit der Organisation Betrieb zu tun und mit Mitarbeitern und
Leitungspersonen. Primärer Kunde ist dabei nicht der einzelne Teilnehmer,
sondern die Firma / die Geschäftsführung. Es geht auch – anders als in der
Zielgruppenarbeit - nicht um die persönliche Fortbildung des einzelnen
Teilnehmers, sondern um den wirtschaftlichen Erfolg der Firma, d.h. auf der
Mitarbeiterebene um den Erhalt und die Weiterentwicklung seiner beruflichen
Handlungskompetenzen, die das betriebliche Überleben sichern.
Eine Erfahrung des Trailer-
Projektes verweist auf ein Spannungsverhältnis, das dann entsteht, wenn
Bildungsträger SGBIII- Maßnahmen ebenso durchführen wie KMU-
Veränderungsprozesse begleiten, also Marktfelder mit unterschiedlichen Normen
und Werten in einer Einrichtung besetzen (vgl. auch QuA-Trans-Infos Nr. 3 und
5). Die Erfahrung zeigt, dass mit der Öffnung für den neuen Markt KMU die
Philosophie oder das Selbstverständnis der Träger und jedes einzelnen
Mitarbeiters in Frage gestellt werden. Veränderungsbereitschaft und –management
sind wichtige Prozesse, die in den Institutionen angegangen und begleitet werden
müssen. Auch hier sind Elemente von Beratung und Qualifizierung gleichermaßen
gefragt.
Skizzierung typischer Beratungs-
wie Qualifizierungssituationen
Beratung
ist Interventionsstrategie
in der Anbahnung der
Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Betrieb
bei unklarer betrieblicher
Problemlage
bei fehlenden Informationen zu
Fragen des Wie und Was im Problembearbeitungsprozess
begleitend zu
selbstgesteuerten/ selbstorganisierten Lernprozessen (Lernberatung)
begleitend zu organisierten
Lernprozessen, wenn der Transfer auf berufliches Handeln und seine
Organisation angesagt ist
in Auswertungsphasen
in Konfliktsituationen.
Qualifizierung
ist Interventionsstrategie
bei fest definierten
Problemstellungen, die mit Hilfe einer fachdidaktischen Lehr-/ Lerneinheit
bearbeitet werden können
um einen gemeinsamen
Informations- und Wissensstand bei Mitarbeitern/innen herzustellen
Beratung und Qualifizierung sind
in ihrer Vernetzung und Balance auch abhängig vom Grad der Individualisierung
des Lernprozesses und Selbststeuerung des Lernenden. Sind Lernprozesse zunehmend
selbstgesteuert und definiert der/die Lernende selbst sein/ihr Problem/seinen
Bedarf und was, wie er/ sie lernt, kommt es zu einer Abfolge von Such- und
Definitionsphasen. Der/die Lernende berät sich in diesen Phasen
selbst oder nimmt externe Beratung in Anspruch. Qualifizierungs- und
Beratungsphasen wechseln sich grundsätzlich auch bei selbstgesteuertem Lernen
ab und sind eng miteinander verknüpft.
Langfristige, strategische und
strukturelle Voraussetzungen für kontinuierliche Veränderungsprozesse (in
Bildungseinrichtungen)
Solche Voraussetzungen können
u.E. durch folgende Schritte geschaffen werden:
Sensibilisieren und
Bewußtmachen durch konkrete Arbeit
Einbeziehen von Reflexionsforen
(z. B. Workshop zum Thema Veränderung initiieren)
Einführung verläßlicher und
handhabbarer, d.h. möglichst wenig aufwendiger Instrumente (z.B. Controlling,
Bereichsplanung)
Einführen, Einüben,
Implementieren von Arbeitsmethoden und Dialogformen
Auf diese Weise können erste
Schritte zur Entwicklung einer lebendigen trägerspezifischen Lernkultur gemacht
werden.
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