DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Mit negativen Emotionen professionell umgehen

Frustrations- und Ambiguitätstoleranz als Kernkompetenz von Weiterbildnern

Dirk Koob

Wer kennt ihn nicht – den »Besserwisser«? Sie fühlen sich gut vorbereitet, sind pünktlich am Veranstaltungsort eingetroffen, guten Mutes und voller positiver Energie. Die sensible Warm-up-Phase ist entgegen Ihren Befürchtungen ganz passabel verlaufen. Nach der behutsamen Einführung in das Themengebiet stellen Sie eine erste inhaltliche Frage. Ein Teilnehmer meldet sich. Schon sein Gesichtsausdruck lässt erahnen, was nun folgen wird. Die Frage sei so viel zu verkürzt formuliert, moniert er gereizt. Und überhaupt könne man die komplexe Themenstellung mit den angekündigten Programmpunkten nicht zufriedenstellend bearbeiten. Die Blicke der anderen Anwesenden wandern gespannt zwischen besagtem Teilnehmer und Ihnen hin und her. Sie atmen zunächst einmal tief durch. Was für eine erste Wortmeldung aus dem Plenum! Damit hatten Sie dann doch nicht gerechnet. Zusätzlich irritiert, dass der Fragesteller tatsächlich Ahnung von der Materie zu haben scheint und sich daher nicht so einfach als »Querulant« oder »Besserwisser« abstempeln lässt. Immerhin hatten Sie ja auch selbst Ihre Zweifel, ob denn die erste Frage als »Zündfunke« für eine einführende Diskussion taugen würde und ob die Erwartungen an den attraktiv klingenden Veranstaltungstitel tatsächlich im Laufe des Seminars einzulösen wären. Der kritische Einwand scheint all Ihre Planungen mit einem Schlag über den Haufen zu werfen. Was tun? Sich gleich zu Beginn in eine inhaltliche Debatte über die Seminarkonzeption verstricken? Sich rechtfertigen? Sich für die eigenen (vermeintlichen) Unzulänglichkeiten entschuldigen? Den kritischen Beitrag einfach übergehen?

Kaum einem Weiterbildner dürfte die hier geschilderte Situation völlig fremd vorkommen. Sie muss zwar keineswegs gleich zu Beginn einer Veranstaltung und mit der hier geschilderten Heftigkeit auftreten, aber dass ein Teilnehmer durch seine Beiträge eine (zunächst harmonisch erscheinende) Lehr-/Lernatmosphäre empfindlich stören kann, ist alles andere als ungewöhnlich. Freilich lässt sich ein so entstandenes Reizklima auch als belebendes Element begreifen. Dies dürfte in manchen Fällen wohl nicht nur subjektiv sinnvoll, sondern in einem objektiven Sinne sogar angemessen sein. In der Soziologie hat sich insbesondere die Konflikttheorie solchen Problemen verschrieben (vgl. Coser 1965). Menschen vertreten nun mal unterschiedliche Interessen und Auffassungen. Konflikte folgen dann fast zwangsläufig. Werden sie bearbeitet, so können sie schließlich ein produktives Potenzial freisetzen und Lösungen höherer Ordnung generieren. Aber was nützt insbesondere einem noch unerfahrenen Berufsnovizen dieses theoretische Wissen in einer konkreten Situation, in der eine auftretende Störung keineswegs Teil der didaktischen Strategie war? In jedem Fall nötig ist also zunächst einmal eine zeitnahe emotionale Verarbeitung des Ereignisses, das nicht bloß als Störung, sondern vielfach eben auch als persönlicher Angriff erlebt wird. Es bedarf einer gewissen Frustrations- und Ambiguitätstoleranz, d.h. – vereinfacht gesagt – der Fähigkeit, solchen Dingen weitgehend gelassen zu begegnen.

»Der Novize braucht erst mal den Stinkstiefel, der sich da hinsetzt und sagt, das haben wir doch alles schon gehabt, alter Hut. Was soll das jetzt hier, ich fühle meine Zeit vergeudet. Also wirklich mal die heftigen Störungen. ... . Da muss ich als Trainer auch lernen, wie ich da wieder herauskomme « (berufserfahrener Trainer, zitiert in Reichert 2008, S. 214).

Vor diesem Hintergrund kann man eine entwickelte Frustrations- und Ambiguitätstoleranz durchaus zu den Kernkompetenzen von Weiterbildnern rechnen. Sie trägt entscheidend dazu bei, die Dozentenrolle selbstbewusst und souverän zu bewahren, Spannungen in der Lerngruppe zu reduzieren und den Lernerfolg insgesamt zu sichern. Damit sind dann die hier geäußerten Gedanken auch in den Rahmen einer Professionalitätsdebatte einzuordnen, in der es schon seit Mitte der 1970er, aber verstärkt seit Ende der 1990er Jahre darum geht, einen expliziten Anforderungskatalog für die Tätigkeit von Weiterbildner/ inne/n zu formulieren. Die Notwendigkeit eines solchen Katalogs resultiert vor allem aus

Angesichts der Heterogenität des Weiterbildungspersonals, der nahezu unendlichen Vielfalt an Themenfeldern und der Fülle an institutionellen Einbindungen lassen sich Kernkompetenzen lediglich auf einer relativ hohen Abstraktionsebene formulieren. Unstrittig dürfte dennoch sein, dass die genannte Frustrations- und Ambiguitätstoleranz für alle Lehrenden – ganz gleich, wo sie arbeiten, was sie lehren, ob sie sich nun als Dozenten, Trainer, Bildungsreferenten oder pädagogische Mitarbeiter verstehen – relevant ist. Die Ausbildung einer ausgeprägten Frustrations- und Ambiguitätstoleranz ist in der Erwachsenenbildung wohl noch bedeutender als im schulischen Bereich, weil in der Auseinandersetzung mit Erwachsenen – sozusagen auf Augenhöhe – in aller Regel die persönliche Betroffenheit und Verletzlichkeit ansteigt. Auch die vielbeschworene Teilnehmerorientierung und der damit einhergehende allmähliche Rollenwandel vom Lehrenden zum Lernbegleiter oder Facilitator macht Lehr-Lern-Prozesse in der Erwachsenenbildung heute so anspruchsvoll und kaum berechenbar. Da erwachsene Menschen in aller Regel persönliche Relevanzstrukturen an die behandelnden Thematiken herantragen, also wissen wollen, was, wie und wozu sie lernen (vgl. Mischke u.a. 1994, S. 114), sind Nachfragen hinsichtlich des didaktischen Vorgehens nahezu vorprogrammiert.

Überdies ist noch in Rechnung zu stellen, dass Erwachsenenbildner/innen infolge ihrer exponierten Position auch leicht zur Projektions- oder Übertragungsfläche werden, auf die Teilnehmer/ innen Probleme transferieren, die sie in anderen Kontexten haben oder hatten. Ein/e Dozent/in kann etwa von einem Teilnehmenden mit einem aktuellen Vorgesetzten oder einem vormaligen Klassenlehrer identifiziert werden. In solch einem Fall sieht er sich mit einer Interaktionshaltung konfrontiert, für die es aus der Situation heraus gar keine Anhaltspunkte gibt.

Die personale Kompetenz, mit frustrierenden und ambiguen (mehrdeutigen, unstrukturierten, die Zukunft ungewiss machenden) Erfahrungen umzugehen, lässt sich auf einer allgemeineren Ebene als Bestandteil eines umfassenden Gefühlsmanagements bewerten. Damit ist gemeint, dass Menschen berufsabhängig ganz bestimmte Emotionen professionell »beherrschen« müssen (vgl. Hochschild 2006), und dies keineswegs bloß im Sinne einer schauspielerischen Technik. Vielmehr ist es hinsichtlich der Ausübung von Berufsrollen sowohl erleichternd wie der Gesundheit förderlich (was etwa die zahllosen Burn-out-Syndrome im Schuldienst belegen), bestimmte Emotionen auch tatsächlich zu registrieren.

»Bestandteil eines umfassenden Gefühlsmanagements«

Bisher fehlt in der Literatur eine detaillierte und theoretisch reflektierte Beschäftigung mit der Bedeutung von Frustrations- und Ambiguitätstoleranz für Lehrende in der Weiterbildung. Szepansky (2006), der sich in fundierter (und meines Erachtens ausgesprochen anregender) Weise mit den Möglichkeiten souveränen Lehrhandelns auseinandersetzt, legt seinen inhaltlichen Schwerpunkt auf die Steuerbarkeit gruppendynamischer Prozesse. Der vorliegende Artikel fokussiert hingegen eine ganz spezifische Erlebnisweise und die personale Kompetenz, diese strategisch zu beeinflussen. Er ist gleichsam der praxisorientierte Auftakt eines Forschungsprojekts am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE), bei dem es darum geht, über eine Verknüpfung von pädagogischer Professionalitäts- und soziologischer Emotionsdebatte die Relevanz der Fertigkeit, Gefühle im Lehr-Lern-Geschehen situativ und zeitnah »managen« zu können, zu untersuchen.

Das Konzept der Frustrationstoleranz taucht erstmals in den 1930er Jahren bei dem amerikanischen Persönlichkeitspsychologen Saul Rosenzweig auf (vgl. Rosenzweig 1938). Frustrationstolerante Menschen sind in der Lage, persönliche Zurücksetzungen, Erwartungsenttäuschungen und Versagungen von Befriedigungen auszuhalten. Sie neigen nicht dazu, eine entstandene emotionale Spannung krampfhaft reduzieren oder ein ursprünglich anvisiertes Ziel möglichst umgehend doch noch irgendwie realisieren zu wollen.

In unserem vorliegenden Fall kann der Erwachsenenbildner gleich aus mehreren Gründen frustriert sein:

Voraussetzung für eine Frustration ist gleichwohl, dass diese Bewertungen so oder in ähnlicher Weise vom Dozenten selber vorgenommen werden.

Die Rede von einer »Ambiguitätstoleranz « stammt ursprünglich aus dem Zusammenhang der von Adorno und seinen Mitarbeitern durchgeführten Studien zum autoritären Charakter. Allerdings geht es dort um die Negation – also um Ambiguitätsintoleranz. Zunächst noch auf den Bereich der emotionalen Mehrdeutigkeiten beschränkt, die beim Erleben der eigenen Eltern im Laufe der Entwicklung unweigerlich auftreten, wurde das Konzept schnell verallgemeinert (vgl. Frenkel-Brunswick 1949). Demnach besitzen ambiguitätsintolerante Menschen eine starke Neigung zum Schwarz-Weiß-Denken. Insbesondere erwartungswidrigen, unstrukturierten und mehrdeutigen Reizen begegnen Betroffene aversiv, d.h., sie empfinden diese als Bedrohung ihrer Wirklichkeitsauffassung und fühlen sich dementsprechend unwohl. In der Reaktion hierauf werden dann wiederum Vereinfachungsstrategien gewählt oder Abwertungsmechanismen aktiviert, um das aus dem Lot geratene emotionale Gleichgewicht wieder herzustellen. Das Erwartungswidrige, Unstrukturierte oder Mehrdeutige kann so als bereits bekannt oder aber als minderwertig klassifiziert werden.

Die in der Einleitung beschriebene Seminarsituation wird insbesondere dann als ambigue erlebt, wenn es als hoch ungewiss gilt, wie der Unterricht sich von nun an entwickeln wird (Unstrukturiertheit), der Dozent den Plenumsbeitrag als gleichermaßen sachlich berechtigt wie persönlich verletzend wahrnimmt (Mehrdeutigkeit) und die Äußerung geeignet erscheint, die fachliche, pädagogische und persönliche Integrität des Lehrenden zu unterminieren (Bedrohung und – wie oben bereits erwähnt – Zurücksetzung).

»Echte Nehmerqualitäten«

Wie der Dozent schließlich reagiert – etwa aggressiv, beschämt, sich selbst anklagend, beunruhigt, enttäuscht, paralysiert oder souverän –, hängt von seiner Bewertung des Ereignisses ab. Am schwierigsten ist wohl jene Kritik zu verarbeiten, die auf der Beziehungsebene als kränkend und auf der Sachebene als gerechtfertigt erlebt wird. In solchen Fällen bedarf es schon einer ausgesprochen hohen Frustrations- und Ambiguitätstoleranz, echter Nehmerqualitäten sozusagen, weil die Kritik für den Empfänger eine starke Zurücksetzung beinhaltet und mehrdeutig (sachlich gerechtfertigt und persönlich verletzend) ist; außerdem erscheint der weitere Seminarverlauf nun als ungewiss. Einer Kritik hingegen, die als freundlich vorgetragen und inhaltlich unzutreffend empfunden wird, kann rasch mit Sachargumenten und einem gewinnenden Augenzwinkern begegnet werden.

Der ein oder andere Leser wird vielleicht einwenden, bei der Frustrationsund Ambiguitätstoleranz handele es sich primär um eine Persönlichkeitseigenschaft, die kaum veränderbar sei. Macht es dann aber überhaupt Sinn, Anregungen zu ihrer Erhöhung zu formulieren? Diese Frage ist freilich allgemeinerer Natur. Sie lässt sich im Zusammenhang mit zahlreichen anderen, in der Literatur als pädagogische Kernkompetenzen bezeichneten Fähigkeiten – etwa Empathie, Kontextsensibilität oder Wertschätzung – stellen. Es kann kein realistisches Ziel dieser knappen Ausführungen darstellen, hierzu eine konzeptionell befriedigende Lösung zu entwickeln. Vielmehr gehe ich mit der psychologischen Literatur (vgl. etwa Asendorpf 2004) davon aus, dass Persönlichkeitseigenschaften in weiten Teilen Ergebnis von Sozialisations- und damit Lernprozessen sind und dass sie in Ableitung dessen dann auch zumindest in Maßen als gestaltbar gelten dürfen. Die eigene Frustrations- und Ambiguitätstoleranz kann jeder zumindest geringfügig steigern. Und besonders eine problembeladene Situation in der sogenannten »Storming- Phase«, in der es nach dem Kennenlernen, dem Aufbau von Vertrauen und Zugehörigkeit nun darum geht, die Rollen genauer zu klären und Aufgaben zu formulieren (vgl. Tuckmann 1965), bietet hierzu Gelegenheit.

Fünf Fragen zur Selbstreflexion
  • Geht es Ihnen häufig darum, Recht zu behalten?
  • Ertragen Sie abweichende Meinungen?
  • Wie kommen Sie mit nicht vorhergesehenen Verhaltensweisen anderer klar?
  • Können Sie mit Widerspruch, Mehrdeutigkeit und Ungewissheit im Allgemeinen gut umgehen?
  • Wie reagieren Sie, wenn Ihre Erwartungen enttäuscht werden?

Anregungen

In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, sich über den eigenen Umgang mit frustrierenden und ambiguen Erlebnissen Klarheit zu verschaffen. Wer sich bewusst wird, wie die eigenen Reaktionsweisen in aller Regel ausfallen, und dies zunächst einmal als Fakt akzeptiert, schafft gute Voraussetzungen dafür, gezielt an Veränderungen arbeiten zu können. Die folgenden Fragen sollen lediglich Selbstreflexion anregen und nicht als Persönlichkeitstest missverstanden werden. Es geht hier ohnehin nicht darum, eine konkrete Technik oder Methode zur Steigerung der Frustrations- und Ambiguitätstoleranz zu vermitteln; vielmehr zielen die formulierten Anregungen und Denkanstöße auf eine Aufweichung allzu starrer Haltungen ab.

Ein Patentrezept für den Umgang mit Frustration und Ambiguität kann hier freilich nicht ausgestellt werden; dafür ist pädagogisches Handeln zu situationsspezifisch und akteursabhängig. Einige nützliche Hilfestellungen lassen sich aber durchaus formulieren:

Im Kern geht es bei all dem um einen reifen Verarbeitungsmodus hinsichtlich aversiver Erfahrungen bzw. – pädagogischer formuliert – um ein professionelles Ausdeuten didaktischer Schlüsselsituationen. Frustration und Ambiguität gehören nun einmal zu unserem (Dozenten-)Leben dazu – und man kann zumindest in Maßen lernen, dies zu akzeptieren. Wenn man die Vielfalt der Bedürfnisse anderer Menschen anerkennt, sich nicht in unsinnige Kämpfe verstrickt, ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit als normal begreift und seine Ziele nicht gleich in Frage stellt, sobald etwas nicht so klappt wie geplant, ist man auf einem guten Weg.

Zehn Anregungen für die Praxis

  • Erkennen Sie an, dass Situationen, wie die in der Einleitung beschriebene immer wieder vorkommen und dann eben etwas unangenehm sein können.
  • Behalten Sie ihre Fähigkeit bei, flexibel und kreativ mit ungewollten oder unvorhergesehenen Einflüssen umzugehen, indem Sie die Vorstellungen darüber, wie das Seminar zu laufen hat oder was von den Teilnehmer/inne/n zu erwarten ist, offen halten. Bewegen Sie sich in einem Korridor, der Spielraum für konzeptionelle Anpassungen und flexible Selbst- und Fremdbewertungen lässt.
  • Machen Sie sich klar, dass Sie es mit erwachsenen Menschen zu tun haben. Es ist somit vollkommen normal, wenn sich der eine oder andere Gedanken über Ihre inhaltlichen oder didaktischen Vorstellungen macht und diese auch einmal öffentlich in Frage stellt.
  • Verwandeln Sie kognitiv die »Kritik« in eine »Anregung«, den »Besser wisser« in einen »besonders motivierten Teilnehmer«. Über diese Deutungshoheit verfügen Sie.
  • Bitten Sie einen (vermeintlich) überkritischen Teilnehmer gegebenenfalls um ein Gespräch im Anschluss an die Sitzung. Dabei bedanken Sie sich für seinen Input und teilen ihm mit, dass Sie seine Kompetenz erkennen (Würdigung) und sich ganz besonders über seine konstruktiven Beiträge freuen (indirekter Handlungsappell).
  • Klären Sie die Rollen: Sie sind es, der den pädagogischen Job innehat! (Dass Teilnehmende bisweilen Lehrfunktionen übernehmen und Lehrende sich umgekehrt auch als Lernende verstehen, widerspricht dem keineswegs.)
  • Bedenken Sie, dass wohl nur in den seltensten Fällen auch alle anderen Teilnehmer die Ansicht des »Besserwissers« – pardon: des »besonders motivierten Teilnehmers « – vertreten werden.
  • Gehen Sie nicht unnötig in eine defensive, entschuldigende oder rechtfertigende Position. Demonstrieren Sie umgekehrt aber auch nicht ihre Macht, indem Sie eine unzufriedene Person öffentlich bloßstellen. (Die Gruppe wird sich dann i.d.R. sehr rasch mit dem »Schwächeren« solidarisieren.)
  • Perfektionieren Sie Ihre menschliche (!) Fähigkeit, nicht alles perfekt zu machen.
  • Schließlich kann auch eine Supervision oder ein Coaching ein geeignetes Mittel sein, um Probleme mit der eigenen Frustrations- und Ambiguitätstoleranz lösungsorientiert zu reflektieren.

Schließlich dürfen wir frustrierende oder ambigue Erfahrungen immer auch als eigene Lernchancen, als Gelegenheiten des learning-on-the-job, auffassen. Erwartungen hinsichtlich des Seminarablaufs können so perspektivisch besser auf die Wahrnehmung der realen Unterrichtssituation abgestimmt werden. Im Übrigen: Wo steht geschrieben, dass alles immer glatt und vorhersehbar ablaufen muss? Und schon gar in der Erwachsenenbildung? Etwas Gegenwind kann auch motivierend wirken und uns ausdauernder machen, uns dabei unterstützen, Belohnungen aufzuschieben, einen »langen Atem« zu bewahren. Wie sollten wir die Erreichung unserer Lehr- und Lernziele jemals wertschätzen und genießen können, wenn wir nicht darum wüssten, wie es ist, auch einmal frustriert und unsicher zu sein?

Literatur

Asendorpf, J.B. (2004): Psychologie der Persönlichkeit. Berlin

Coser, L.A. (1965): Theorie sozialer Konflikte. Neuwied

Frenkel-Brunswick, E. (1949): Intolerance of Ambiguity as an Emotional and Personality Variable. In: Journal of Personality, H. 18, S. 108–143

Hochschild, A.R. (2006): Das gekaufte Herz. Zur Kommerzialisierung der Gefühle. Erw. Neuausgabe. Frankfurt a.M.

Mischke, W./Raapke, H.R./Sielaff, L. (1994): Lerneinheit »Methoden und Medien«. In: Brokmann- Nooren, Ch./Grieb, I./ Raapke, H.R. (Hrsg.): Handreichungen für die nebenberufliche Qualifizierung in der Erwachsenenbildung. Weinheim/Basel, S. 107–172

Reichert, A. (2008): Trainerkompetenzen in der Wissensgesellschaft. Eine empirische Untersuchung zur Professionalisierung von Trainern im quartären Bildungssektor. Frankfurt a.M.

Rosenzweig, S. (1938): A general outline of frustration. In: Character and Personality, H. 7, S. 151–160

Szepansky, W.P. (2006): Souverän Seminare leiten. Gruppenprozesse und Leitungsrolle. Bielefeld

Tuckmann, B.W. (1965): Development Sequence in Small Groups. In: Psychological Bulletin, H. 63, S. 384–399

Abstract

Der Umgang mit Störungen ist eine zentrale Herausforderung didaktischen Handelns. Der Beitrag nimmt verletzende, zurücksetzende oder anklagende Einlassungen von Teilnehmenden zum Anlass, Facetten eines professionellen Umgangs mit negativen Emotionen herauszuarbeiten. Frustrations- und Ambiguitätstoleranz werden theoretisch entfaltet, als Bestandteil eines umfassenden Gefühlsmanagements begriffen und als Kernkompetenz von Weiterbildnern profiliert. Der Beitrag schließt mit praktischen Anregungen für die individuelle Bearbeitung dieser Persönlichkeitseigenschaft.

Dr. Dirk Koob ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Programm »Professionalität« am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und Privatdozent am sozialwissenschaftlichen Methodenzentrum der Universität Göttingen.