Anna Siemsen (1882-1951) promovierte 1909 und legte 1910 das Staatsexamen für den Unterricht an höheren Schulen ab. Danach arbeitete sie als Gymnasiallehrerin. Ab 1920 war sie in der Bildungsverwaltung in Düsseldorf, Berlin und Jena tätig. 1923 erhielt sie eine Honorarprofessur für Pädagogik an der Universität Jena. Für 2 Jahre war sie auch Reichstagsabgeordnete für die SPD.

1933 musste sie in die Schweiz emigrieren und war dort als Redakteurin und Rednerin tätig. 1946 kehrte sie nach Deutschland zurück und übernahm für kurze Zeit die Leitung des Instituts für Lehrerbildung in Hamburg. Theoretisch beschäftigte sie sich mit einem arbeitsbezogenen Bildungsbegriff und der doppelten Herausforderung der Frauenbildung als hauswirtschaftliche und berufsbildende Aufgabenstellung.

„In den Jahren, in denen A. Siemsen in Jena lehrte entstand auch ihr vieldiskutiertes bildungs- und erziehungstheoretisches Werk „Beruf und Erziehung. Mit dieser Schrift, die 1926 erschien, beabsichtigte sie, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Verwurzelung von Erziehung und Schulsystem in ihren jeweiligen historischen Ausprägungen sichtbar zu machen und auf die Zukunft gerichtete Entwicklungslinien aufzuzeigen. Mit ihrem Ansatz, Pädagogen zum Studium gesellschaftlicher Zusammenhänge zu führen, setzte sie sich von der noch weitgehend ideen- und geistesgeschichtlich inspirierten Pädagogik der Weimarer Republik ab....

Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die unter dem Zwang der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu beobachtende Erosion des traditionellen Berufskonzeptes hervorgerufen durch betriebliche Rationalisierungen sowie durch Zerlegung und Normierung der Arbeitsprozesse im Zuge einer „wissenschaftlichen Betriebsführung“ nach den Systemen Taylors und Fords.“ (Faulstich 2005, 3)

Zwischen 1923 und 1933 war sie in vielfältigen Zusammenhängen der Erwachsenenbildung einbezogen: als Wanderlehrerin des Zentralbildungsausschusses für sozialistische Erziehung der SPD, als nebenberufliche Dozentin an der Volkshochschule Thüringen, als Gastdozentin an der Heimvolkshochschule Tinz und im Haus des Volkes in Probstzella. Ihr bedeutendster Artikel zur Erwachsenenbildung „Extensive und intensive Bildung“, indem sie ihre sozialistische Position im Richtungsstreit darlegte, erschien in der Zeitschrift „Sozialistische Bildung“ (1929). Sie veröffentlichte auch zwei kleinere Textsammlungen  zum Sprachunterricht mit den Titeln „Stilproben“ und „Die Kunst des Erzählens“ (1921).

Archive:

Archiv der Friedrich Ebert Stiftung, Nachlassplitter Anna Siemsen

Literatur:

Faulstich, Peter/Zeuner Christine (2001): Anna Siemsen (1882-1951); in: dies.: Erwachsenenbildung und soziales Engagement. Bielefeld, S.172-203

Faulstich, Peter (2005): Anna Siemsen – Beispiel für soziales Engagement in der

Erwachsenenbildung, unter: http://www.epb.uni-hamburg.de/files/siemsen_laudatio_faulstich.pdf (23.04.2012)

Mayer, Christine (2005): Anna Siemsen (1882-1951). Laudatio anlässlich der feierlichen Umbenennung des großen Hörsaals in Anne- Siemsen-Hörsaal: unter: http://www.epb.uni-hamburg.de/files/siemsen_christine_mayer.pdf (23.04.2012)

Siemsen, Anna (1921): Stilproben. Bielefeld (Bücherei der Volkshochschule, Bd. 11)

Siemsen, Anna (1921): Die Kunst des Erzählens. Bielefeld (Bücherei der Volkshochschule, Bd. 13)

Siemsen, Anna (1926): Beruf und Erziehung. Berlin

Siemsen, Anna (1929): Extensive und intensive Bildung; in: Sozialistische Bildung, Heft 1, S.1-4

Siemsen, Anna (1948): Die gesellschaftlichen Grundlagen der Erziehung. Hamburg

Siemsen, August (1951): Anna Siemsen. Leben und Werk. Frankfurt a.M.

Illustrationsmaterial:

Siemsen, Anna in: Biographisches Lexikon des Sozialismus Band I, Hannover, Zugriff am 20.04.2017. Verfügbar unter: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/01/Anna_Siemsen.jpg

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Klaus Heuer