Das Konzept für die „Deutsche Schule“ wurde von Wilhelm Flitner, unter Mitarbeit von Theodor Bäuerle, als Vertreter des „Hohenrodter Bundes“, entwickelt. Es umfasst im Wesentlichen drei Aufgaben:

  • „Stätte der Weiterbildung, der Selbstbildung der Mitarbeitenden in der Erwachsenenbildung zu sein“ (Flitner, zitiert nach Hennigsen 1960, S.122) – gemeint ist die Qualifizierung von Mitarbeitenden
  • „für den Volksbildungsgedanken Mission zu betreiben“ (Flitner, zitiert nach Henningsen 1960, S.124) – gemeint ist Lobbyarbeit für die Erwachsenenbildung, u.a. auch durch die Zeitschrift „Freie Volksbildung“
  • „die Erscheinungen des Volkslebens in volkserzieherischer Bedeutung zu erforschen“ (Flitner, zitiert nach Hennigsen 1960, S.127) – gemeint sind kultur-und alltagssoziologische Forschungen über die Bedingungen des Lernens Erwachsener.

In der §2 und 3 der Satzung spiegeln sich diese Vorüberlegungen dann wie folgt wieder:

§2 Aufgaben

  1. Wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung
  2. Gewinnung und Schulung des volksbildnerischen Nachwuchses
  3. Weiterbildung, der in der Volksbildungsarbeit Tätigen
  4. Berührung, Verbindung, Austausch mit den verschiedenen Berufs- und Arbeitsgruppen und den volksbildnerisch bedeutsamen Einrichtungen unserer Zeit

§3 Ziele

  1. Die Deutsche Schule sucht diese Aufgaben durch volkswissenschaftliche Forschungen, Akademien,       Lehrgänge, Schulungswochen, Freizeiten und Tagungen zu erfüllen
  2. Die Einrichtung einer ständigen Bildungsanstalt wird geplant.

Der hier ausgesprochene Akademiegedanke konnte aufgrund der sehr begrenzten Geldmittel nur in Schulungsfreizeiten, sogenannte „Arbeitswochen“, z.B. auf der Comburg (1927), realisiert werden. Olbrich gibt diesen Aktivitäten dennoch einen hohen Stellenwert für die Erwachsenenbildung. Er schreibt:

„Aufgrund der intensiven Vorbereitung dieser Akademien und der Zielgruppenorientierung erreichte diese Form der Mitarbeiterfortbildung jedoch einen hohen Wirkungsgrad. Mit den Akademien… wurde die schon 1909 geforderte wissenschaftliche Vertiefung der Volksbildungsarbeit praxiswirksam. Wesentlich ist dabei, dass die sich abzeichnenden Tendenzen der Professionalisierung im notwendigen Zusammenhang mit der Erforschung der Erwachsenenbildung gesehen wurden.“ (Olbrich 2000, 210)

Der 1. Geschäftsführer der „Deutschen Schule“ war Fritz Laack. Die kleine Geschäftsstelle mit einer Sekretärin, aber schon mit Archiv und Bibliothek, war am Schiffbauerdamm 37 in Berlin untergebracht. Die Hohenrodter Tradition und die verbandsübergreifende Ausrichtung der „Deutschen Schule“ führten zu Konkurrenzsituationen mit einzelnen Trägerverbänden der Erwachsenenbildung. So plante der Reichsverband der Volkshochschulen eigene, regional ausgerichtete, Aus-und Fortbildungsanstalten in Hamburg, Frankfurt am Main und Köln. 1933 wurde die „Deutsche Schule“ durch das nationalsozialistische Regime geschlossen.

Das Institut kann als Vorläufereinrichtung der 1957 gegründeten Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbands, dem heutigen „Deutschen Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz Zentrum für Lebenslanges Lernen“, gelten.

Archive:

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz Zentrum für Lebenslanges Lernen, Bonn: Bestand Protokollbücher der Deutschen Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung 1927-1933; Nachlass Fritz Laack

Literatur:

Flitner, Wilhelm (1926): Plan einer Deutschen Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung; zitiert nach Henningsen, Jürgen (1960): Die neue Richtung in der Weimarer Zeit. Dokumente und Texte. Stuttgart, S.114-132

Laack, Fritz (1984): Das Zwischenspiel freier Erwachsenenbildung: Hohenrodter Bund und Deutsche Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung in der Weimarer Epoche. Bad Heilbrunn

Tietgens, Hans (1982):Fünfundzwanzig Jahre Pädagogische Arbeitsstelle 1957 – 1982. Mit einem Rückblick auf die 'Deutsche Schule für Volksforschung und Erwachsenenbildung' 1927 – 1933. Frankfurt a. M.

 

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