„(frz. aus dem Ital.) der 1) großer Saal; Begriff der Schloßbaukunst des 16.-18. Jahrhunderts; Bezeichnung des Empfangszimmers in der großbürgerlichen Wohnkultur des 19. Jahrhunderts; erhalten geblieben als Bezeichnung für bestimmte Geschäfte (Mode-S., Friseur-S.); 2) seit dem 17./18. Jh. Bezeichnung für Empfänge geistreicher Damen und deren intellektuelle, besonders literarische, aber auch politisierende Zirkel; 3) seit dem 19. Jh. Bezeichnung für regelmäßige Kunstausstellungen und frühe literarische Formen der Kunstkritik.“ (Brockhaus-Enzyklopädie 1973)

Die Ursprünge des Salons reichen ins 17. Jahrhundert zurück. Im Barock und Rokoko lässt sich der Salon als Zusammenkunft von Adligen, Schriftstellern, Künstlern, Gelehrten in privaten Empfangsräumen vornehmer schöngeistiger Damen beschreiben. Die Konversation als Stil wurde hier besonders entwickelt. Es war eine europäische Erscheinung mit Schwerpunkten in Frankreich, England und Deutschland. Die Salonièren trugen auch als Schriftstellerinnen zur Brief- und Memoirenliteratur bei.

Ende des 18. Jahrhunderts löst sich der Salon zunehmend von seinem höfisch-feudalen Charakter und wurde der Treffpunkt der städtischen intellektuellen Öffentlichkeit.

Die Salons sind trotz ihres flüchtigen und privilegierten Charakters ein wichtiger Bestandteil der europäischen Sozial-und Kulturgeschichte des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Sie waren Teil und Motor grundlegender sozialer und mentaler gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. In ihnen wurden, von kleinen gesellschaftlichen Zirkeln ausgehend, ständeübergreifende diskursive Interaktionsformen und zivile, aufgeklärte Selbstverständigungsformen exemplarisch eingeübt. Als vorpolitische Räume bildeten sie einen wichtigen Entwicklungsrahmen für die kritische bürgerliche Öffentlichkeit.

In Deutschland lag der Höhepunkt der Salons zwischen 1780 und 1806. Eine besonders starke Verbreitung hatten sie in Berlin. Als besonders herausragende Salonièren gelten: Germaine de Staël (1766-1817) in Frankreich, Hester Thrale Piozzi (1741-1821) in England (ein berühmter Salon war der Bluestocking Circle) und Rahel Levin Varnhagen (1771-1833) in Deutschland.

Hannah Lund beschreibt den öffentlichen Charakter der Salons wie folgt:

„Salons waren nicht nur Teil des Strukturwandels der Öffentlichkeit. Institutionen des Übergangs von einer adligen repräsentativen zu einer bürgerlichen Öffentlichkeit. In den Salons entstand eine eigene Öffentlichkeit. Für Dichter und Schriftsteller, die hier verkehrten, wurden die Salons damit zu einer Publikumsinstanz, bevor der eigentliche Literaturmarkt sich entwickelt hatte. Den Frauen aber ermöglichte die Zwischenposition, die der Salon zwischen öffentlicher und privater Sphäre einnahm, ihren sozialen, intellektuellen oder künstlerischen Ambitionen nachzugehen, ohne die gesellschaftlich vorgegebenen Rollenmuster verlassen zu müssen.“ (LUND 2004, 175)

Arnim Kaiser erklärt den Erwachsenenbildungscharakter der Salons folgendermaßen: „Die Salons vereinen den Aspekt der Bildung des Individuums mit dem des geselligen Verkehrs, bringen Belehrung und Unterhaltung zusammen auf der Grundlage eines freien Gesprächs und der Anerkennung des Gegenübers als gleichrangig.“ (KAISER 1989, 133)

Salons können demnach als nicht institutionalisierte Lernorte, mit einer stark selbstorganisierten Lernkultur verstanden werden, in denen in einer spielerischen, gruppenbezogenen Form, Lernprozesse initiiert wurden, die auf gleicher Augenhöhe und Demokratisierungsprozesse antizipierend stattfinden sollten.

Den Salonièren kam gleichsam eine organisierende und vermittelnde Funktion zu. Sie schufen und unterhielten Netzwerke, die sich aus den Teilnehmenden zusammensetzten, machten thematischen Programmvorgaben und luden zu, von ihnen ausgewählten, Themenstellungen ein. Sie entschieden auch über die Methoden, die bei den Treffen praktiziert wurden, z.B. Rede und Gegenrede, offene Diskussionsrunde, Lesungen mit Aussprache.

Heute gibt es literarische oder philosophische Salons/Cafes als gängige Veranstaltungsform kultureller Bildung in unterschiedlicher Trägerschaft. Ein aktuelles Beispiel sind die Philosophischen Cafes, die Lutz von Werder in Zusammenarbeit mit der Urania Berlin veranstaltet. (WERDER, 2011)

Literatur:

Brockhaus-Enzyklopädie (1973): Salon

Hyden-Rynsch von der, Verena (1992): Europäische Salons. Höhepunkte einer versunkenen weiblichen Kultur. München

Kaiser, Arnim (Hrsg.)(1989): Gesellige Bildung im 19. Jahrhundert. Bad Heilbronn

Lund, Hannah (2004): „Die ganze Welt auf ihrem Sofa“. Frauen in europäischen Salons. Berlin

Siegert, Reinhart (2005): Volksbildung im 18. Jahrhundert; in: Handbuch der Bildungsgeschichte Band 2. München, S.443-483

Internetquellen:

Kurzbiographie Rahel Varnhagen, in: Berliner Bezirkslexikon, Mitte (2002)unter: http://www.luise-berlin.de/lexikon/mitte/v/varnhagen_von_ense_rahel.htm

 (21.11.2014)

Programm Philsophisches Cafè mit Prof. Dr. Lutz von Werder: Heraklit,November 2014: unter: http://www.visitberlin.de/de/event/19-10-2014/philosophisches-cafe-mit-prof-dr-lutz-von-werder-heraklit-0

(22.11.2014)

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Klaus Heuer