Das Seminar bestand mit Unterbrechung von 1923 bis 1933. Es war in der Weimarer Republik die einzige Einrichtung einer deutschen Universität, die schwerpunktmäßig  haupt- und nebenamtliche Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung aus – bzw. fortbildete.

Eingebunden war das Seminar in das von Hermann Heller entwickelte kommunale Volksbildungskonzept, dass im städtischen Volksbildungsamt und in der Leipziger Universität verankert war. Es umfasste die Volkshochschule Leipzig, die „Schule für Wirtschaft und Verwaltung“, das Seminar für freies Volksbildungswesen, Volkshochschulheime und später eine von Paul Hermberg gegründete „Statistische Zentralstelle“. Das war der institutionelle Rahmen, innerhalb dessen sich die „Leipziger-Richtung“ innerhalb der Volksbildungsbewegung der Weimarer Republik entwickelte. Geprägt war diese Ausprägung der sog. „Neuen Richtung“ durch ihre Schwerpunktsetzung in der Arbeiterbildung.

Am 01.11.1923 nahm das Seminar für freies Volksbildungswesen an der Universität Leipzig, angegliedert am Institut für Erziehung, Unterricht und Jugendkunde und unter der formellen Leitung von Prof. Dr. Theodor Litt, seine Arbeit auf. Der Leiter des Volksbildungsamtes Hermann Heller und seine Assistentin Gertrud Hermes übernahmen die organisatorische und inhaltliche Leitung. Ziele waren der Aufbau der „wissenschaftlichen Lehre vom freien Volksbildungswesen“ (Heller 1924, 157) sowie eine Professionalisierung des Aufgabenverständnisses und der Methodenkompetenz zukünftiger Lehrkräfte in der Volksbildung.

An den ersten beiden Seminaren nahmen Studierende der philosophisch-pädagogischen Wissenschaft und anderer Fakultäten, wie auch „Hörer aus mannigfachen Berufskreisen, sofern sie in der praktischen Volksbildungsarbeit tätig gewesen waren und eine angemessen Vorbildung hatten, teil." (Heller 1924, 89) Die Seminare waren demnach auch für Teilnehmende ohne Hochschulzugang offen.

Das Seminar gliederte sich in einen theoretischen Teil mit den Themenstellungen: Volkswirtschaftslehre, Bildungsbegriff, Voraussetzung und Bedeutung der freien Volksbildungsarbeit, Arbeitspsychologie, Stoffpläne und Lehrweisen der Volkshochschule und in praktische Übungen.

Um eine größere Praxisnähe zu erreichen,  wurde eigens ein Volkshochschulkurs zu Übungszwecken initiiert.  Heller beschreibt dieses Übungsseminar wie folgt:

„Ein Mitglied des Seminars hielt mit der Klasse eine Arbeitsgemeinschaft ab, die anderen Seminarteilnehmer nahmen als Zuhörer teil.  Dann fand eine allgemeine Aussprache statt. Es gelang bald, das Gezwungene  der äußeren Situation zu überwinden und alle Teilnehmer, die Volkshochschüler wie die Seminarmitglieder, zu freiem Gedankenaustausch zu versammeln.“ (Heller 1924, 164)

Nach dem Ausscheiden von Hermann Heller setzte Paul Hermberg das „Seminar“ fort.

Literatur:

Heller, Hermann (1924): Freie Volksbildungsarbeit: Grundsätzliches und Praktisches vom Volksbildungsamte der Stadt Leipzig. Leipzig

Lehnert, Marion Annett/ Ebert Irene (2007): Das Seminar für freies Volksbildungswesen; in:  Knoll/Jörg/ Lehnert, Marion Annett/ Otto, Volker (Hrsg.): Gestalt und Ziel. Beiträge zur Geschichte der Leipziger Erwachsenenbildung. Leipzig, S.82-95

Archive:

Stadtarchiv Leipzig: Kap. 10 Nr. 406 Beih.24

 

 

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