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Kongress: Wissensnetze der Zukunft – Panel 1, TIII

„Organisationen im Wandel"

Input Projektbeispiel von Sabina Kocot, LSW Soest

 

Die Ausgangslage:

  • Die Stadt M. am Niederrhein entschließt sich zur Umnutzung und Umgestaltung von zwei herausragenden Zeugnissen ihrer Kultur und Industriegeschichte: Die Schlossmühle des Schlosses R und den Ostflügel des Schlosses W.
  • Dies soll im Rahmen des EUROGA 2002 plus Projektes, in dem 30 Städte und Gemeinden zw. Rhein und Maas kooperieren, um die Wettbewerbsfähigkeit dieser grenzüberschreitenden Region zu demonstrieren. Zentrales Ziel dabei ist, die Zukunftsfähigkeit von Regionen auf dem Fundament spezifischer unverwechselbarer Prägungen im Verbund entwickeln. Dafür gibt es Geld.
  • Die Stadt M ist berühmt für seine Textilindustrie, die geschichtlich und aktuell stark in der Stadt verwurzelt ist.

Die Schlossmühle als Zeugnis der Kultur- und Industriegeschichte:

  • Das Hauptschloss R. beherbergt heute das städtische Museum für Kunst- und Kulturgeschichte der Renaissance und des Barock sowie die Stadtgeschichtliche Abteilung mit ca. 60.000 Besucher/innen p.a. Die schönen Park- und Grünanlagen sind ein attraktives Ausflugs – und Naherholungsgebiet mit ca. 100.000 Spaziergängern p.a.
  • Die Schlossmühle ist ein Teil des Gesamtensembles und war über Jahrhunderte wichtiger Standort der Textilindustrie( Spinnen, Weben, Färben, Baumwolle, Seide...)
  • Heute steht die Schlossmühle zum größten Teil leer. Der gesamte Gebäudekomplex bestehend aus Wohnhaus, Fabrikationsgebäuden, Betriebshallen, zwei Höfen umfasst eine Gesamtfläche von 12.300 m², wovon 8000m² bebaut sind. Ein Teil ist an private Investoren verkauft. Hier sollen Wohnungen, Künstler/innen Ateliers und Gewerbeeinheiten entstehen.

Die Idee und Ziele

  • Die Stadt M. möchte eine tragfähige und zukunftsweisende Folgenutzung für die Schlossmühle entwickeln, vor allem um:
    • Geschichte und historische Bedeutung der Textilindustrie auch in der Gegenwart zu pflegen.
    • Die Textilindustrie und wirtschaftliche Entwicklung zukunftsweisend nach vorne hin zu entwickeln
    • Weitere Besucher/innen anzulocken
    • Die regionale Bedeutung zu erhöhen und die Attraktivität als Wirtschaftsstandort zu steigern
    • Synergien herzustellen zwischen Kultur/Kunst, Wirtschaft, Arbeit und Leben.

 

Der Prozess:

  • Der Prozess vollzieht sich in mehreren zentralen Schritten:
    • Stadt beauftragt Architekten – und Stadtplaner Büro, die u.a. eine Standortanalyse vornehmen.
    • Das Stadtplanungsbüro beauftragt ein Kultur – und Kommunalberatungsbüro mit der Durchführung eines 2 tägigen Entwicklungsworkshops. Dazu werden eingeladen:
  • Vertreter/innen aus Stadt und Land
  • Museumsleitung
  • Museumsfachleute aus anderen Institutionen
  • Repräsentanten der regionalen Textilindustrie und ihrer Verbände
  • Vertreter/innen der Fachhochschule Niederrhein
  • Investoren des bereits verkauften Gebäudekomplexes
  • Architekten
  • Kultur- und Standortberater/innen

 

  • Der Workshop hat die zentralen Ziele:
    • Entwicklung eines zukunftsfähigen und innovativen Konzeptes auf der Basis der Textilgeschichte der Stadt M und der historischen Nutzung der Schlossmühle
    • Verknüpfung der innovativen Entwicklungspotentiale der einzelnen Teilbereiche ( Wohn- und Ausstellungsort, Gewerbe- und Innovationszentrum) zu einem Gesamtkonzept unter Berücksichtigung der Synergien
    • Sammlung der Möglichkeiten für die Finanzierung und ein Trägermodell
    • Erarbeitung einer Strategie zur weiteren Vorgehensweise

Das Ergebnis:

  • Der zweitägige Workshop fand in einer intensiven und spannenden Arbeitsatmosphäre direkt im Schloss statt.
  • Im Plenum und in Kleingruppen wurde die Phantasie mobilisiert, anregend und durchaus kontrovers diskutiert, die kreativen Ideen und Visionen in ein schlüssiges und realistisches Gesamtkonzept gebracht und konkrete weitere Arbeitsschritte vereinbart.
  • Das Konzept integriert unterschiedliche Bereiche wie:
    • Arbeit und Wohnen ( Ateliers für Künstler/innen, Büroräume und Wohnungen)
    • „Erlebnispark der Textilgeschichte" ( Ausstelllungen, Veranstaltungen u.a. im Innen- und Außenraum) sowie Shop, Depot, Gastronomie
    • Innovativer Betriebsstandort für privates Investment

 

( Märchenversion)

Es war einmal ...

Es war einmal eine Stadt M, gelegen am schönen Niederrhein.

Es gab dort viele Häuser und auch besonders schöne Schlösser.

Es lebten viele Menschen in M, die allerhand Gewerken nachgingen, vor allem aber mit Stoffen und Textilien zu tun hatten. Sie waren Spinner, Weber, Färber und noch vieles mehr. Damit verdienten sie ihr tägliches Brot und waren immer gut gekleidet. Die Menschen und ihre Könige und Königinnen, pflegten auch gute Verbindungen zu den Niederländischen Nachbarn und zu den Oberlandeskönigen. Mehrere Städte hatten sich sogar zusammengeschlossen, um Güter und Ideen auszutauschen. Jede Stadt war zwar unverwechselbar doch profitierten alle von ihrer Zusammenarbeit und dafür gab es sogar Extra Goldtaler aus einer reichen Quelle.

...ein verwunschenes Schloss...

Diese Geschichte handelt von einem der Schlösser in M.

Man muss wissen, dass das Schloss aus mehreren Teilen bestand, im Haupthaus waren Kunst und Kulturschätze der Vergangenheit gehortet. Diese hatten die Menschen gesammelt, um sich selbst zu erinnern und sie ihren Gästen zeigen zu können. In den schönen Garten mit altem Baumbestand kamen viele Besucher/innen aus nah und fern, um sich hier zu verlustigen oder sich die Schätze anzuschauen. Sie brachten viele Goldtaler mit sich und die Könige und Königinnen freuten sich sehr darüber.

Ein Teil des Schlosses machte ihnen jedoch große Sorgen. Die Schlossmühle, hatte in längst vergangenen Zeiten als Baumwoll-weberei, mechanische Weberei, Färberei, Seidenwerberei für viele Menschen Arbeit und Leben bedeutet. Und nun stand sie leer und verlassen da, war verwunschen und lediglich von den Schlossgeistern besucht.

Zwar hatten einige reiche Handelsleute aus dem Nachbarort einen Teil des Geländers von der Stadt käuflich erworben und planten hier beizeiten wieder Handwerker, Künstler und allerhand andere Menschen anzusiedeln aber alleine konnten sie das auch nicht schaffen.

...das die imaginäre Kraft der Träume brauchte und...

Die Könige und Königinnen wurden immer trauriger und auch die Besucher/innen wurden zwar nicht weniger aber auch nicht mehr. Und je mehr Besucher/innen, desto mehr Goldtaler, ist ja klar.

Doch eines Tages hatten gleich mehrere von ihnen einen fast gleichen Traum:

Sie wollten endlich wieder Leben in die Schlossmühle bringen. Viele Menschen sollten kommen und sehen, was es hier mal gab und sie sollten darüber nachdenken, was es vielleicht auch noch geben könnte. Die alten Maschinen sollten wieder zur Geltung kommen und die Menschen sollten Spaß an Arbeit, Leben, Geld und Natur miteinander verbinden. Prima Idee, doch wie sollte das gehen?

...durch das Zauberwort: Kooperation...

Und die Menschen in M begannen nach einem Zauberwort zu suchen, von dem sie schon einmal in der einen oder anderen Nachbarstadt gehört hatten. Mit diesem Zauberwort sollte es möglich werden, die Schlossmühle zu neuem Leben zu erwecken. Die Könige und Königinnen aus M waren weise und gewitzt. Statt sich die Köpfe alleine zu zerbrechen, machten sie sich auf und baten unterschiedliche Menschen um Hilfe , um gemeinsam das Zauberwort zu finden.

Sie scharten Hofbaumeister und Handwerker, Menschen aus M und aus anderen Städten und alle waren entweder reich an Geld oder an Ideen oder an Zeit. Die Mischung war wichtig und das war gut so.

Sie luden all diese Menschen direkt in das Schloss ein, damit diese gemeinsam mit ihnen das Zauberwort für die Schlossmühle finden sollten. Sie bewirteten und beköstigten sie reichlich und luden sogar spezielle Hofnarren ein. Die waren berühmt dafür, das letzte an Ideen aus den Menschen in einer spielerischen, lustvollen aber auch ernsthaften Art herauszulocken. Und dann..., nach zwei Tagen spinnen, träumen, reden, schreiben ( nur die es konnten!)...hatten sie es gefunden, das Zauberwort: "Kooperation", damit wollten sie die Schlossmühle zu neuem Leben erwecken.

...zu neuem Leben erweckt wurde.

Sie beratschlagten und diskutierten, rechneten und verwarfen, gerieten sich nur einwenig in die Wolle aber schließlich waren viele Ideen zusammen gekommen. Und wie es typisch ist für die Menschen aus M ist, machten sie sich auch sogleich mit Feuereifer daran, die Ideen in Taten umzusetzen.

Und siehe da, einige Jahre später war der Traum Wirklichkeit und die Schlossmühle ein lebendiges Zentrum geworden:

Jetzt wurde hier gearbeitet und gewohnt, kleine Handwerksbetriebe und Künstler/innen hatten sich angesiedelt, es gab Ausstellungen und Veranstaltungen, natürlich auch reichlich gutes Essen und Trinken. Hier konnten die Menschen die Textilgeschichte ihrer Stadt kennen lernen und die Gegenwart und Zukunft rund um das Thema Textilien zum Greifen nah, sinnlich und experimentell erleben. Besucher/innen kamen von nah und fern und sie kamen gern. Hier wurde gedacht und gemacht mit allen Sinnen und Verstand. Noch heute sind die Menschen aus M darüber außer Rand und Band.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben und lernen sie dort noch heute.

 

Thesen in Ableitung des Praxisbeispieles:

  1. Anlässe, warum neue Bildungs- und Wissenskonzepte entstehen, können sehr unterschiedlich sein.
    ( In dem Praxisbeispiel kamen unterschiedliche Ausgangsbedingungen zusammen. Im Ergebnis wurden neue Zugänge zum Lernen und Wissen geschaffen. Dies war jedoch nicht erster Ausgangspunkt der Überlegungen.)
  2. Die Motive und Interessen der beteiligten Akteurinnen und Akteure sind ebenfalls sehr unterschiedlich.
    ( Damit der Prozess und die Ergebnisse der Kooperation gelingen können, mussten die unterschiedlichen Motive und Interessen der Beteiligten, wie z.B. wirtschaftliche Interessen, Imagegewinn, Strukturförderung, Bildungsinteressen, privates Investment und Gewinn...im Sinne einer win-win Situation – jede( r) gewinnt dabei - immer wieder neu ausgelotet
    werden.)
  3. Kooperationen brauchen Promotorinnen und Promotoren und sie brauchen Entwicklungszeit
    ( Im Projektbeispiel war die Stadt M. Promotorin und verbindendes Element zwischen den Prozessen. Gleichsam wichtig war es, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen und die Gesamtverantwortung für den Prozess und seine Ergebnisse auf viele Verantwortung Tragende und Mitdenkende zu verteilen. Der Prozess erforderte von allen Beteiligten sowohl einen langen Atem als auch schnelle und zielgerichtete Aktivitäten, z.B. um Antragsfristen einhalten zu können. )
  4. Kooperationen und Vernetzungen brauchen gute Rahmenbedingungen, damit sie funktionieren können
    ( In dem Praxisbeispiel war die Stadt M z.B. bereit, entsprechende finanzielle Mittel und Personalkapazitäten für die Konzeptentwicklung bereit zu stellen. Professionalität, Expertise und eine gute Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Arbeitsergebnisse wirkten motivationsfördernd auf die Beteiligung aller Akteure.)
  5. Kooperationen haben Auswirkungen auf die beteiligten Institutionen und Personen
    ( Das bereits im Schloss existierende Museum für Kunst- und Kulturgeschichte profilierte sich beispielsweise im Rahmen des erarbeiteten Nutzungskonzeptes neu. Aus Kooperationen ergeben sich darüber hinaus neue Anforderungen an das Personal. Qualifizierungsprofile verändern sich z.B. von der pädagogischen Fachlichkeit hin zu mehr Managementtätigkeiten wie Netzwerksteuerung u.ä..)
  6. Kooperationen gelingt dann, wenn die Nutzenden, Besucher/innen und die Lernenden von den Ergebnissen der Kooperations- und Vernetzungsarbeit auch konkret profitieren können.
    ( In diesem Fall wurde die gesamte Schlosslokalität und die landschaftlich schöne Umgebung durch das neue Nutzungskonzept aufgeschlossen und attraktiver für Besucher/innen, Schulklassen, Forschende u.a.. Diese erhalten damit spannende und neue Zugänge zu Wissen und zum Lernen bei einem gleichzeitig hohen Erlebnis- und Freizeitwert.)