Mai 2002 bis Mai 2005

Fragestellung

Entwicklung und Implementierung eines Performance Measurement Systems für horizontale Kooperationen logistischer Dienstleistungsunternehmen

Entwicklung und Implementierung eines Personalentwicklungssystems auf Ebene der Kooperationszentrale, die sämtlichen angeschlossenen Partnern zur Verfügung steht ?

Projektziel

Die Entwicklungspartnerschaft “5C+I – Cooperation Coaching and Consulting Center for Competitive Advantage and Innovation“ hat die Entwicklung, den Aufbau und die Implementierung eines integrierten Personalentwicklungsmodells und eines Performance Measurement-Systems (PMS) für logistische Dienstleistungsunternehmen sowie horizontale Kooperationen in der Branche unter besonderer Berücksichtigung der Qualifizierung zum Ziel. Diese Zielsetzung ergibt sich unmittelbar aus den Problemen, mit denen sich sowohl die Arbeitnehmer der Branche als auch die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) konfrontiert sehen.

Struktur und Entwicklung der Branche: In der Branche für logistische Dienstleistungen (Spedition und Logistik) sind etwa 19.400 Unternehmen tätig. Die Branche gilt als deutlich mittelständisch geprägt. So besitzen 68% der Betriebe eine Betriebsgröße von höchstens 50 Mitarbeitern/innen. Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro Betrieb beträgt 71 Mitarbeiter/innen (vgl. BSL 2000, S.25ff.). Beim Gesamtumsatz der Branche, der derzeit auf etwa 80 Mrd. DM geschätzt wird, ist eine erhebliche Konzentration auf wenige Akteure festzustellen. So entfallen auf 90 Prozent der Unternehmen lediglich 20 Prozent des Branchenumsatzes (DG-Bank 1999, S.18.).

Das Bild der Branche unterlag in der jüngeren Vergangenheit einem äußerst starken Wandel. Der „Dornröschenschlaf“, in dem sich weite Teile der Branche noch bis Ende 1993 befanden, wurde durch Deregulierungs- und Harmonisierungsbestrebungen, die im Wegfall staatlich administrierter Preise in Form von Tarifen zum 01.01.1994 einen wesentlichen Meilenstein erreichten, beendet. Seitdem haben sich die Kundenanforderungen und die Wettbewerbsintensität enorm gesteigert. Insbesondere großen Teilen der auf dem Markt agierenden KMU fällt es zunehmend schwer, mit der hohen Marktdynamik Schritt zu halten und die heute geltenden Anforderungen zu erfüllen. Gerade in den Bereichen Personalentwicklung, Qualifizierung, strategisches Management, Controlling und Prozessmanagement sind Defizite zu verzeichnen. Des weiteren setzen die heutigen Kundenanforderungsprofile (zum Beispiel „one Stopp shopping“) die Fähigkeit voraus, sich gedanklich in die Wertschöpfungsstrukturen des Kunden hineinbewegen zu können, um für diesen individuelle und hochkomplexe Logistiksysteme entwickeln zu können.

Wettbewerbssituation für KMU: Viele der kleinen und mittleren logistischen Dienstleistungsunternehmen (LDL) haben auf die gestiegenen Marktanforderungen, insbesondere auf die Forderung nach flächendeckender Bedienung innerhalb von 24 Stunden, damit reagiert, Kooperationen einzugehen. Mittlerweile gibt es über 30 solcher horizontalen Kooperationen zwischen KMU-LDL in Deutschland (Vgl. BSL 1998, S.2ff.). Doch diese horizontalen Kooperationen wurden überwiegend auf Druck vom Markt, also von außen eingegangen und basieren in den seltensten Fällen auf einem einheitlichen Kooperationsverständnis.

Den Mitgliedern dieser Kooperationen stellt sich aus der Perspektive der Personalentwicklung ein doppeltes Problem: Zum einen müssen die KMU-LDL für ihr eigenes Unternehmen eine konsequente Organisations- und Personalentwicklung betreiben, was vor dem Hintergrund geringer personeller und finanzieller Kapazitäten schwer fällt. Doch nur durch eine konsequente Organisationsentwicklung kann die bei der hohen Marktdynamik erforderliche Flexibilität gewährleistet werden. Und nur eine kompetente Personalentwicklung eröffnet das Potenzial für einen strategischen Erfolgsfaktor, der im heutigen Wettbewerbsumfeld eine herausragende Bedeutung besitzt: Innovationsfähigkeit. Zum anderen ermöglicht die Kooperation zwar kurzfristig ein Bestehen am Markt, stellt aber gleichzeitig eine weitere strategische Herausforderung dar: Kooperationsfähigkeit. Die Mitarbeiter/innen sämtlicher Ebenen der einzelnen Kooperationsmitglieder müssen die Fähigkeit entwickeln, unternehmensübergreifend und systemisch in komplexen Zusammenhängen zu denken und zu handeln.

Sobald eine solche Kooperationsbereitschaft etabliert ist, besteht für die Kooperation die Möglichkeit, sich im Markt strategisch zu positionieren und sich ein eindeutiges Profil im Sinne eines Markenartikels zuzulegen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn die Fähigkeit zur Strategiebildung auf Ebene der Kooperationsleitung vorliegt und Instrumente entwickelt werden, diese Strategie auch in sämtlichen Unternehmen der Kooperation zu implementieren und im operativen Tagesgeschäft umzusetzen. Dies wollen wir im folgenden als Strategiefindungs- und –umsetzungsfähigkeit bezeichnen.

In diesen Kooperationen existiert eine Vielzahl an Herausforderungen, die letztlich nicht nur den Fortbestand dieser Kooperationen als Institution, sondern aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeiten auch den Fortbestand der angeschlossenen KMU gefährden. Stichwortartig lassen sich die Probleme wie folgt benennen: eine einheitliche, professionelle und strukturierte Personalentwicklung wird auf Kooperations- und auf Mitgliedsebene benötigt, vor allem weil gerade ein hohes und einheitliches Leistungsniveau zum Überleben am Markt zukünftig unabdingbar sein wird; eventuell existierende Lücken zwischen erforderlichen und vorhandenen Qualifikationen, was sich zukünftig aufgrund der oben skizzierten Entwicklungen noch verstärken wird, müssen geschlossen werden; bezüglich Mitarbeiterqualifikation und Prozessbeherrschung existiert auf Partnerebene ein ausgeprägtes Gefälle, wobei jedoch die Leistung des Gesamtsystems vom schwächsten Partner abhängt; auf Kooperations- und Partnerebene ist in den seltensten Fällen ein Organisationsüberschuss, der für Innovationen benötigt wird, vorhanden; die Kooperationsidentität muss auch auf Mitgliedsebene ausgebildet werden.

Aufgrund der erheblichen angebotsseitigen Intensivierung des Wettbewerbs und der gleichzeitigen Steigerung der Kundenanforderungen ist für den überwiegenden Teil der KMU der Beitritt in horizontale Speditionskooperationen als vielversprechende Möglichkeit zur Sicherung des Unternehmens zu sehen, zumindest, wenn sie sich im Stückgutmarkt bewegen. Die Zusammenarbeit innerhalb dieser Kooperationen ist jedoch mit einer Vielzahl von Problemen behaftet, die den Erfolg sämtlicher involvierten Akteure beeinflussen. Als wesentliche Ansatzpunkte sind Personalentwicklung, Innovationsfähigkeit sowie Ausrichtung auf zukünftige Anforderungen (Qualifizierung und Management) zu nennen.

Der Anteil von Un- und Angelernten Arbeitnehmern/innen in der Branche kann als äußerst hoch eingestuft werden. So sind etwa 49% der Beschäftigen gewerbliche Mitarbeiter/innen (BSL 2000, S. 27.), wovon mindestens 60% zu den Un- und Angelernten zu zählen sind. Eine gezielte Entwicklung und Nutzung der dort vorhandenen Potenziale findet bisher nicht statt. Diese Aspekte sind gerade vor dem folgenden Hintergrund besonders ausgeprägt relevant: Über 40% der KMU-LDL sehen die Nichtexistenz von qualifiziertem Personal als Entwicklungshemmnis für ihr Unternehmen an (SCI 2000, S. 20.), was letztendlich vor dem Hintergrund der hohen Dynamik die Unternehmensexistenz selbst gefährden kann. Die Branche befindet sich hier jedoch in einer Dilemma-Situation, indem sie einerseits qualifizierte Fachkräfte nachfragt bzw. zur Existenzsicherung benötigt, andererseits aber aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, die zu einer dazu benötigten Personalentwicklung erforderlichen Ressourcen (Personal, Zeit, Finanzen) aufzubringen. So bieten 11% der Transportunternehmen und kleinen Speditionen ihren Mitarbeitern überhaupt keine Weiterbildungsmöglichkeiten und über 80% der Unternehmen entsenden lediglich im Einzelfall nach Bedarf Mitarbeiter auf Qualifizierungsmaßnahmen (SCI 2000, S. 23.). Doch, wie oben gezeigt wurde, ist gerade eine ebenenübergreifende, auch die un- und angelernten Mitarbeiter berücksichtigende, geschlossene und vor allem kooperationsweite Konzeption der Personalentwicklung notwendig, damit die einzelnen KMU ihr Potenzial langfristig am Markt entwickeln und somit ihr Arbeitsmarktpotenzial entfalten können.

Beteiligte Personen

  • Dobischat, Rolf, Prof. Dr. (Leitung, Wissenschaftliche Bearbeitung)
    • Universität Duisburg-Essen
  • Düsseldorff, Karl, Dr. (Leitung)
  • Lohre, Dirk (Leitung)
  • Wuppermann, Dietmar, Dr. (Leitung)

Beteiligte Institutionen

  • Universität Duisburg-Essen - Fachgebiet Wirtschaftspädagogik/Berufliche Aus- und Weiterbildung - Fachbereich Bildungswissenschaften - Universität Duisburg-Essen
    http://www.bwpaed.uni-duisburg-essen.de/

Publikationen

Zuordnung zum Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung

Das Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung ist ein Koordinatensystem um Schwerpunkte der Bildungsforschung zu identifizieren.

Kooperationspartner

  • 24plus Systemverkehre GmbH & Co. KG
  • Berufsbildungswerk der Spedition Hessen e.V.
  • Bundesverband Spedition und Logistik e.V.
  • Deutsche Angestellten-Akademie Institut Brandenburg-Ost
  • Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Wirtschaftswis