Juli 2008 bis Dezember 2009

Fragestellung

In wieweit kann die Pädagogische Biographiearbeit ein Medium zur Förderung von Genderkompetenz bei Studierenden der Diplom Pädagogik bzw. des Masterstudiengangs Erwachsenenbildung sein?

Projektziel

Das von der Gleichstellungsstelle unserer Universität geförderte Forschungsprojekt, die Relevanz pädagogischer Biographiearbeit als Medium zur Förderung von Genderkompetenz bei Studierenden der Diplom Pädagogik bzw. des Masterstudiengangs Erwachsenenbildung zu untersuchen, gründet auf den positiven Erfahrungen bezüglich des Einsatzes biographieorientierter Methoden für die Bildungsarbeit mit Studierenden innerhalb von Hauptseminaren des Fachgebiets Erwachsenenbildung / Bildungsberatung im Institut für Berufs- und Weiterbildung des Fachbereichs Bildungswissenschaften.

Biographieorientierte Methoden sind geeignet, vielfältige Themen auf der Basis je eigener Erfahrungen anzusprechen, neue Erfahrungsräume und dementsprechend alternative Zugänge, Lesarten und Handlungsspielräume für Themen der Bildungsarbeit zu arrangieren. Biographieorientierte Seminarangebote an Universitäten sind derzeit marginal, bergen jedoch grundlegende Chancen, persönlich bedeutsame Zugänge zu Forschungs-, Beratungs- und Bildungsprozessen zu eröffnen, die nachhaltig wirken können. Die Evaluation dieser von uns im Fachgebiet angebotenen Seminare ergab, dass bei Studierenden Offenheit und interessiertes Engagement an biographischen Lernprozessen vorhanden sind und eine verstärkte Nachfrage besteht. Dieses studentische Interesse nutzten wir, um einerseits ein biographieorientiertes Blockseminar zu konzipieren, dass sich mit der Genderthematik befasst und andererseits anhand dessen zu untersuchen, inwiefern die Biographieorientierung eines universitären Seminars dazu beitragen kann, Genderkompetenz bei den Studierenden anzuregen.

Da das Genderthema jede und jeden betrifft und starken biographischen Einflüssen unterliegt, die häufig unbewusst bleiben, bietet sich eine biographieorientierte Herangehensweise geradezu an.

Unter Pädagogischer Biographiearbeit versteht man die gezielte und professionell angeleitete Arbeit mit themenbezogenen Anteilen der persönlichen Lebensgeschichte unter Einbeziehung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das heißt in unserem Falle mit dem geschlechtlichen Gewordensein in Familie und Gesellschaft und dem heutigen Umgang mit der Vielfältigkeit des Genderthemas. Biographiearbeit lädt zu einer Selbstreflexion ein, welche die Selbst-Aufklärung und Selbst-Entfaltung begleitend unterstützt sowie zur Entwicklung von neuen Handlungsmotivationen und – kompetenzen für die Zukunft, insbesondere mit dem Blick auf das Lebenslange Lernen, beiträgt. Das Ziel der biographischen Arbeit besteht im biographischen Lernen und bezieht sich nicht nur auf das Individuum selbst, sondern wird stets in den gesellschaftlichen, historischen und kulturellen Kontext eingebunden. Als Mittelpunkt des biographischen Ansatzes ist die biographische Erzählung hervorzuheben, die als reflektierende und deutende Auseinandersetzung mit der eigenen Biographie zu verstehen ist. Der Zugang kann dabei auch über die Beschäftigung mit dem Fremden, also einer anderen Biographie, erfolgen, um den Blick für Vielfältigkeiten zugänglich zu machen. Dabei ist die Pädagogische Biographiearbeit nicht zu verwechseln mit psychotherapeutischen Methoden, Aufgaben oder Zielen. Es geht hierbei vielmehr um das Bewusstmachen von Denk- und Handlungsmustern sowie das Heben und Nutzbarmachen biographischer Ressourcen. Das hieß für unser Blockseminar, dass wir das Genderthema über einen biographieorientierten Zugang für die Studierenden geöffnet haben, um persönlich bedeutsame Lernprozesse zu ermöglichen, die an gendertheoretische Grundlagen gekoppelt wurden.

Durch die Forschungsgelder, die wir zur Verfügung hatten, war es uns möglich, ein intensives 3-tägiges Blockseminar außerhalb der Universität anzubieten, so dass wir ideale Arbeits- und Forschungsbedingungen schaffen konnten.

Um herauszufinden inwiefern die Pädagogische Biographiearbeit ein Medium zur Förderung von Genderkompetenz bei Studierenden sein kann, entwickelten wir ein ausführliches Forschungskonzept. Die Studierenden wurden vor dem Blockseminar mit einem Fragebogen zu ordnenden Kategorien wie Geschlecht, Alter, Familienstand, Art von Nebenbeschäftigungen etc. und ihren bisherigen Erfahrungen und Einstellungen zum Genderthema befragt, um vorab einen Eindruck vom Wissensstand und vor allem den persönlichen Bezug zum Genderthema als Ausgangsbasis erfassen zu können. Während des Seminars wurden alsdann zusammenhängende Ausschnitte des Seminars per Videokamera dokumentiert, um einerseits allgemeine Lernprozesse und Veränderungen im Umgang mit der Genderthematik festhalten zu können und andererseits den Blick auf die gruppendynamische Entwicklung zwischen den Geschlechtern innerhalb der Seminargruppe in den Blick zu nehmen. Zum Ende des Seminars wurden erneut Fragebögen ausgegeben, welche die spontanen Reaktionen auf das Seminar sowie insbesondere den Bezug und die Einstellung zur Genderthematik und die Bewertung der Biographieorientierung des Seminars zu evaluieren halfen. Des Weiteren wurden in einem Zeitraum von zwei bis zwölf Wochen nach dem Seminar mit jeder und jedem Studierenden einzeln ein leitfadengestütztes Interview geführt, um unter Anderem analysieren zu können, ob und wenn ja in welcher Art und Weise die Studierenden durch das Seminar und insbesondere durch die Biographieorientierung angeregt wurden, das Genderthema für sich so bearbeiten und verarbeiten zu können, dass sie nun in der Lage sind, genderrelevante Aspekte zu identifizieren, zu reflektieren, zu kommunizieren und im besten Falle auch genderkompetent damit umzugehen.

Beteiligte Personen

  • Justen, Nicole (Wissenschaftliche Bearbeitung)
  • Schlüter, Anne, Prof. Dr. (Leitung)
    • Universität Duisburg-Essen

Beteiligte Institutionen

Publikationen

Zuordnung zum Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung

Das Forschungsmemorandum für die Erwachsenen- und Weiterbildung ist ein Koordinatensystem um Schwerpunkte der Bildungsforschung zu identifizieren.

Design

Empirisch, einschließlich historische Arbeit

Geographischer Raum, auf den sich das Projekt bezieht

Deutschland, NRW, Uni DUE

Datenerhebung

  • Beobachtung (teilnehmend, nicht teilnehmend, videogestützt)
  • Qualitatives Interview
  • Standardisierte Befragung (face to face, telefonisch, schriftlich, online)

Datenauswertung

  • deskriptiv
  • analytisch
  • rekonstruktiv

Forschungsart

  • Geförderte Forschung

Förderung

  • Gleichstellungsstelle der Universität DUE