Januar 2021 bis März 2024

Es ist bekannt, dass Lehrende und Lernende im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener, aufgrund differenter biographischer Erfahrungen und Sozialisationsbedingungen, über unterschiedliche Zugänge zur Schriftsprache und ihren Anwendungsbezügen verfügen. Diese Unterschiede zeigen sich in heterogenen schriftsprachlichen Nutzungs- und Anwendungsformen und damit verbundenen Bedeutungszuschreibungen, die auch Vermittlungs- und Aneignungsprozesse beeinflussen können. Das Lehr-Lernhandeln in diesem Arbeitsfeld erfordert daher neben der Fach-, Methoden- und sozialen Kompetenz insbesondere eine reflexive Kompetenz in Bezug auf differente schriftsprachliche Anwendungsbezüge.

Theoretisch erfolgt eine Betrachtung der Literalitätskonzepte auf Annahmen des Ansatzes „Literalität als soziale Praxis“ (vgl. Street 1984; Barton, Hamilton 1998; Zeuner, Pabst 2011), der davon ausgeht, dass Menschen über individuell und kulturell begründbare Lese- und Schreibkenntnisse verfügen. In Bezug auf die Alphabetisierungsarbeit erscheint dieser Ansatz  besonders geeignet, um mit Lernenden und Lehrenden in einen Dialog über subjektiv und objektiv zugeschriebene Bedeutungen von Literalität zu treten. Verschiedene öffentliche und dominante literale Praktiken, individuelle Literalitätskonzepte sowie Multiliteralität und digitale bzw. digitalisierte literale Praktiken können so Gegenstand der individuellen und gemeinsamen Reflexion werden.

Fragestellung

Die zentrale Forschungsfrage lautet:

Inwiefern können Lehrende eigene und fremde Literalitätskonzepte bei der Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements berücksichtigen, um Lernenden zu ermöglichen, ihre Lese- und Schreibfertigkeiten aktiv, reflexiv und selbstbestimmt zu erweitern?

Auf der Grundlage dieser Forschungsfrage und dem Gesamtziel des Forschungsvorhabens lassen sich folgende Detailfragen generieren:

  • Über welche individuellen Literalitätskonzepte und Literalitätsverständnisse verfügen Lernende und Lehrende?
  • Inwiefern lassen sich diese für die Gestaltung von reflexiven, partizipativen und selbstbestimmten Lernwegen der Lernenden sowie für die Erweiterung ihrer literalen Handlungsfähigkeit nutzen?
  • Wie kann insbesondere die reflexive Kompetenz der Lehrenden gefördert werden, um solche Lehr-Lern-Arrangements zu konzipieren?

Projektziel

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, unterschiedliche subjektive schriftsprachliche Nutzungsformen und damit verbundene Bedeutungszuschreibungen – sogenannte subjektive Literalitätskonzepte – gemeinsam mit Lernenden und Lehrenden zu untersuchen und auf diese Weise einen Beitrag zur Professionalitätsentwicklung der Lehrenden und Professionalisierung der Alphabetisierungsarbeit zu leisten. Dabei werden Lernende und Lehrende durch partizipative und dialogische Strukturen im Sinne der Aktions- und Handlungsforschung aktiv am Forschungsprozess beteiligt, indem sie eigene Fragestellungen und Interessen in den Forschungsprozess einbringen. Die Forschungsbefunde münden in eine Kurskonzeption und ein Fortbildungsmodul für Lehrende, das insbesondere auf die Entwicklung reflexiver Kompetenz in Bezug auf unterschiedliche Literalitätskonzepte abzielt.

Kontakt

  • Pabst, Antje, Dr. (Projektkoordination)

Beteiligte Personen

  • Benz-Gydat, Melanie, Dr. (Wissenschaftliche Bearbeitung)
  • Pabst, Antje, Dr. (Projektkoordination)
  • Zeuner, Christine, Prof. Dr. (wiss. Leitung)
    • Helmut-Schmidt-Universität. Universität der Bundeswehr Hamburg

Beteiligte Institutionen

  • Helmut-Schmidt-Universität. Universität der Bundeswehr Hamburg - Professur für Erwachsenenbildung
    https://www.hsu-hh.de/eb/

Publikationen

  • Zeuner, C. (2023). Grundbildungs- und Alphabetisierungsforschung: Perspektivverschiebungen und -erweiterungen. In Neue Wege und Begegnungen in der Grundbildung und Grundbildungsforschung , 168–195.
  • Benz-Gydat, M., Kiendl, S., Nienkemper, B. & Pabst, A. (2023). Partizipative Forschung – Neue Formen der Begegnung in der Grundbildung. In Neue Wege und Begegnungen in der Grundbildung und Grundbildungsforschung., 59–78.
  • Pape, N. & Pabst, A. (2023). Grundbildung und Grundbildungsforschung – Neue Wege und Begegnungen.. In Neue Wege und Begegnungen in der Grundbildung und Grundbildungsforschung. , 1–19.
  • Benz-Gydat, M., Kiendl, S. & Pabst, A. (2022). Partizipative Forschung mit Lernenden und Lehrenden für gelingende Alphabetisierungskurse. ALFA-Forum: Professionalisierung.

Sonstiges

Praxispartner des Projekts ist die Hamburger Volkshochschule. Sie begleitet die Mitwirkung von interessierten Lernenden und Lehrenden im Forschungsprozess und ermöglicht den Theorie-Praxis-Transfer von Beginn an. Die zu entwickelnden Konzepte (Kurskonzept und Fortbildungsmodul) werden für die Alphabetisierungsarbeit der Hamburger Volkshochschule sowie für die Professionalitätsentwicklung der Lehrenden langfristig genutzt.

 

Literatur: 

Barton, D.; Hamilton, M. (1998). Local literacies: reading and writing in one community. London: Routledge.

Street, B. (1984/ Reprint 1995): Literacy in theory and practice. Cambridge: Cambridge University Press.

Zeuner, C.; Pabst, A. (2011): "Lesen und Schreiben eröffnen eine neue Welt!" Literalität als soziale Praxis - Eine ethnographische Studie. Bielefeld: W. Bertelsmann.

Forschungsparadigma

Theorieentwicklung mit Einbindung von Umsetzungsinteressen der Bildungspraxis in das Forschungsprojektdesign

Design

Empirisch, einschließlich historische Arbeit

Geographischer Raum, auf den sich das Projekt bezieht

Hamburg

Datenerhebung

  • Gruppendiskussion
  • Qualitatives Interview

Forschungsart

  • Geförderte Forschung

Förderung

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Kooperationspartner

  • Volkshochschule Hamburg, Grundbildungszentrum