Januar 2019 bis Dezember 2020

Fragestellung

Im Sommer 2018 schrieb das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration in Nordrhein-Westfalen eine umfangreiche Evaluation der familienpolitischen Leistungen des Landes aus. In diesem Fall standen, anders als bei der Evaluation der familienpolitischen Leistungen auf Bundesebene durch das Bundesministerium der Finanzen und das  Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2014 (Prognos 2014), nicht die  materiellen Leistungen[1] im Fokus des Interesses, sondern Strukturleistungen, die das Land für die Familien bereitstellt. Dazu gehören Einrichtungen der Familienbildung und der Familienberatung sowie die Leitstellen der Familienpflegedienste. Diese drei Strukturbereiche waren Gegenstände der Evaluation durch das Land.

Den Zuschlag in der Vergabe dieses Evaluationsvorhabens erhielt die Prognos AG Düsseldorf. Ein Team unter Leitung von David Juncke machte sich in Zusammenarbeit mit Ute Müller-Giebeler und ihrem Forschungsteam des Forschungsschwerpunktes Nonformale Bildung der TH Köln und mit dem Institut Kantar Emnid an eine aktuelle Bestandsaufnahme und Analyse der Strukturen der Familienbildung in NRW.

Die Fragestellungen des Projektes:

  • Welche Themen und Bedarfe beschäftigen Eltern und Familien in NRW?
  • Wie bekannt ist familienbildung bei Eltern in NRW und wie wird sie von diesen in Anspruch genommen?
  • Wie sind die personelle Situation, die Zielgruppen, die Themen und Angeboten der Familienbildung in NRW beschaffen?
  • Wie steht es um die vernetzung und die Wirkung der Familienbildung?
  • Wie sehen die aktuelle Förderstruktur und die finanziellen Bedingungen der Familienbildung aus?

Das Ministerium erhoffte sich von der Forschung Grundlagen für die Sicherung und Weiterentwicklung der Familienbildung in NRW, insbesondere bezogen auf die damit verbundenen Kosten.

 

[1] wie die direkten Geldleistungen sowie die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Maßnahmen, die Familien und Eltern zugutekommen

Projektziel

Familienbildung, so zeigt es die Untersuchung, wird als immer wichtiger wahrgenommen als Akteurin sowohl der Erwachsenenbildung als auch der kommunalen Kinder- und Jugendhilfe  für die Unterstützung von Familien in Deutschland, und so wird sie auch im aktuellen 9.Familienbericht adressiert (BMFSFJ 2021).

Die Trägerlandschaft der etwa 120 FBS in NRW ist heterogen und in fünf Trägerverbänden organisiert. Quantitativ ist die Familienbildung in NRW stark kirchlich geprägt.

Die Personalsituation der Familienbildung ist akut dominiert durch das Wegbrechen von (weiblichen) Honorarkräften, die bisher nebenfamiliär in der FB tätig waren und jetzt im Zuge gesellschaftlichen Wandels früher nach der Geburt ihrer Kinder in Festanstellungen zurückgehen. Das Leistungsangebot vieler Familienbildungsstätten ist bereits jetzt durch fehlendes Personal einschränkt.

Familienbildung trifft mit ihren Angeboten die Interessen von Eltern in NRW; ihr Themen- und Formatspektrum ist innerhalb des Fokus auf Familie – Generation – Gender äußerst vielfältig. Familienbildungseinrichtungen erwarten eine Veränderung der Nachfrage nach Themen und Angeboten auf Grundlage der Veränderung von Zielgruppen und ihrer gesellschaftlichen Situation.

Teilnehmerinnen der Familienbildung in unserem Sample[1] sind gebildet und weiblich. Der gesellschaftliche Wandel und der Wandel von Familie werden aber, so erwarten es die befragten Familienbildner*innen, trotz einem derzeitigen „Überangebot“ für Väter, mittelfristig in die Angebote der FB bringen. Es wäre wünschenswert, wenn auch Mitarbeit in der FB unterhalb der Leitungsebene „entgeschlechtlicht“ würde. Offene und niedrigschwellige sozialräumliche Angebote werden, wie die Untersuchung zeigt, wenn sie vorhanden sind, besonders auch von Familien mit Migrationshintergrund angenommen; Familien in denen im Alltag nicht überwiegend Deutsch gesprochen wird, sind im Übrigen auch besonders zufrieden mit der Arbeit der FB, wenn sie den Zugang dazu gefunden haben/ dieser ihnen ermöglicht wurde. Offene und niedrigschwellige Angebote werden von Fachkräften als besonders geeigneter Zugang zu allen Familien in NRW bewertet.

Die Finanzierung durch das WbG in NRW schafft eine verlässliche Grundlage, reicht aber nicht aus um die strukturelle Unterfinanzierung der FB und die Abhängigkeit von der Erhebung nicht ganz geringer TN-Gebühren aufzuheben. Auch beschränken die Fördervorgaben des WbG in seiner bisherigen Fassung mit ihrer Limitierung auf Kursformate die Entwicklung offener und niedrigschwellige sozialräumliche Angebote.

Familienbildung ist Familien in NRW bekannt und wird von ihnen genutzt, allerdings sind Bekanntheit und Zugangswege noch deutlich ausbaufähig. Wer in NRW Familienbildung nutzt, stellt ihr ein extrem gutes Zeugnis bezogen auf Zufriedenheit und Nützlichkeit aus.

Familienbildung kooperiert vielfältig, insbesondere die Zusammenarbeit mit den Familienzentren ist gut ausgebaut. Die Einbindung der Familienbildung in die Kinder- und Jugendhilfeplanung existiert quasi noch nicht, Jugendämter steuern kaum. Hier existiert noch viel Entwicklungsspielraum, die Frühen Hilfen scheinen vielerorts die Sichtbarkeit der FB für die Jugendämter zu erhöhen und die Kooperation zu befördern.

Gute Praxis in der Familienbildung beruht z. T. auf Faktoren, die von den Akteur*innen nicht unmittelbar beeinflusst werden können. Da, wo Dinge beeinflussbar sind, sind es gute Vernetzung,  Beziehungspflege zu Mitarbeiter*innen und Adressat*innen und das besonders idealistische Engagement ihrer Mitarbeiter*innen, die die hohe Qualität von Familienbildung bedingen. Der Umbau der Personalstruktur und zukünftige weitere Professionalisierungsprozesse sollten so gestaltet werden, dass diese besonderen Merkmale von guter Familienbildung nicht verloren gehen.

 

[1] Möglicherweise durch die Erhebungssituation in der Covid-Pandemie verzerrt

Kontakt

  • Juncke, David, Dr. (Projektkoordination, wiss. Leitung)

Beteiligte Personen

  • Eggers,, Thorsten (Mitarbeit)
  • Juncke, David, Dr. (Projektkoordination, wiss. Leitung)
  • Mohr, Sören (Mitarbeit)
  • Müller-Giebeler, Ute , Prof. Dr. (Wissenschaftliche Bearbeitung)
  • Nicodemus, Johanna (Mitarbeit)
  • Stoll, Evelyn (Mitarbeit)
  • Vogel, Yannick (Mitarbeit)
  • Weßler-Poßberg, Dagmar, Dr. (Mitarbeit)
  • Zufacher, Michaela (Mitarbeit)

Beteiligte Institutionen

Publikationen

Geographischer Raum, auf den sich das Projekt bezieht

NRW

Zeitraum, auf den sich das Projekt bezieht

2019-2020

Datenerhebung

  • Akten- und Dokumentenanalyse (standardisiert/offen)
  • Gruppendiskussion
  • Qualitatives Interview
  • Standardisierte Befragung (face to face, telefonisch, schriftlich, online)
  • Sekundäranalyse (Individualdaten, Aggregatdaten)

Datenauswertung

  • deskriptiv

Forschungsart

  • Auftragsforschung

Förderung

  • Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen

Forschungsdaten

Herausgeber: Prognos AG, Schwanenmarkt 214, 40223 Düsseldorf, Telefon: +49 211 913 16-110, E-Mail: info@prognos.com Kontakt zur TH Köln: Prof. Dr. Ute Müller-Giebeler, FSP Nonformale Bildung, Ubierring 48, +49 221 8275 3825, ute.mueller-giebeler@th-koeln.de Zitation: Juncke, David/Müller-Giebeler, Ute /Eggers, Thorsten /Mohr, Sören/Nicodemus, Johanna/ Stoll, Evelyn/Weßler-Poßberg, Dagmar/Vogel, Yannick/Zufacher, Michaela (2020): Evaluation der Familienbildung in Nordrhein-Westfalen im Auftrag des MKFFI NRW. Abschlussbericht.