Projektidee
Das vom BMBF geförderte
VeSuF-Projekt soll das Zusammenspiel von Selbstlernphasen und
institutionalisiertem, angeleitetem Lernen in der Gruppe erprobt werden,
wobei der Schwerpunkt bei den seltener gelernten Sprachen liegt. Ziel ist
es, das für diese Sprachen bisher unzureichende Lernangebot zu erweitern,
neu zu organisieren, Lehrende fortzubilden und Lernanreize für Lernende
zu schaffen. Diese neue Lehr-/Lernorganisation erfordert neue Formen des
Lehrens und Lernens von Fremdsprachen. Eine entscheidende Rolle sollen
dabei die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien spielen.
Seltener gelernte Sprachen
In einer Zeit der
Globalisierung machen aktuelle berufliche Erfordernisse das Lernen von
Fremdsprachen unumgänglich, allerdings beschränkt sich das
differenzierte Angebot eher auf die häufig gelernten Sprachen wie
Englisch, Deutsch als Fremdsprache (DaF), Französisch, Spanisch oder
Italienisch. Im Lernverbund VeSuF sollen jedoch gerade die seltener
gelernten Sprachen (Tschechisch, Polnisch, Schwedisch, Finnisch,
Ungarisch, Katalanisch, Chinesisch, Arabisch ...) in den Mittelpunkt
gerückt werden, da nicht nur utilaristische Argumente für die Förderung
von Mehrsprachigkeit sprechen, sondern vielmehr auch ethische, kulturelle
und sprachenpolitische Argumentationen im Kontext der Europäischen Union
(Sprachenjahr 2001) und darüber hinaus. Im Hinblick auf die Erhaltung der
Sprachenvielfalt und der Verwirklichung einer ausgleichenden
Sprachenpolitik kann ein lingua-franca-Konzept nur zu kurz greifen. Wir
sehen daher eine dringende Notwendigkeit, seltener gelernte Sprachen und
damit eine kulturelle Sensibilität zu fördern.
Veränderte
Lehr-/Lernorganisationen
Aufgrund des Wandels
gesellschaftlicher Strukturen hat sich nicht nur das Lernen an sich
verändert, sondern auch die Anforderungen an den institutionalisierten
Fremdsprachenunterricht. Ständig wechselnde Aufgabenbereiche im Beruf und
im Privatleben erfordern ein Lernen, welches das gesamte Leben begleitet
bzw. ein Lernen, das quasi-eigenverantwortlich stattfindet. So muss gerade
im Bereich des Fremdsprachenlernens das Lernen bei Erwachsenen
individualisiert werden, da Ziele, Motive und Voraussetzungen beim
Erlernen von Fremdsprachen sehr unterschiedlich sind. Um den (zeit)ökonomischen
Bedürfnissen erwachsener Lerner gerecht zu werden und das Sprachenlernen
zu intensivieren (um das Erreichen einer Mindestkompetenz zu ermöglichen)
und gleichzeitig zu individualisieren, müssen bisherige
Lehr-/Lernorganisationen verändert werden. Der konventionelle
Fremdsprachenunterricht, wöchentlich ein- bis zweimal 90 Minuten, scheint
diesen Ansprüchen nicht mehr zu genügen.
Schwerpunkt des Projekts
VeSuF ist es, unter Einbezug der neuen Medien einen Verbund aus
Selbstlernphasen und angeleitetem Lernen für den FSU zu schaffen. In den
Selbstlernphasen soll den Lernenden ermöglicht werden, zeitlich flexibel,
individuell, interessengerichtet und mit authentischem Material eine
Fremdsprache zu erlernen.
Veränderte
Lehr-/Lernformen
Lerntheoretische und
fachdidaktische Überlegungen fordern ebenfalls veränderte
Lehr-/Lernformen: selbstgesteuertes Lernen, neue Arbeitsformen, die Arbeit
mit authentischem Material (gerade im Bereich der seltener gelernten
Sprachen fehlt es an einem differenzierten Lehr-/Lernmaterialangebot),
Lernen in anwendungsbezogenen Situationen. Hier scheinen die neuen Medien
Ansatzmöglichkeiten zu bieten.
Veränderte Lehr-/Lernziele
Auf fachdidaktischer Ebene
fand eine Erweiterung der Lehr-/Lernziele statt: Es geht nicht mehr
vorrangig um die Beherrschung eines bestimmten Wortschatzes und eines
Grammatikinventars, sondern insbesondere um die Förderung einer
Sprachbewusstheit und interkultureller Kompetenz.
Veränderte Rolle der
Lehrenden
Die neuen lerntheoretischen
Ansätze erfordern zunächst ein verändertes Rollenverständnis von
seiten der Lehrenden. Im Laufe des Projektes soll ein Fortbildungskonzept
für Lehrende seltener gelernter Sprachen erarbeitet und erprobt werden.
Ein Ziel des Projektes VeSuF ist es, einen Beitrag zu dem geringen
Fortbildungsangebot dieser Zielgruppe zu leisten, das Interesse der
Lehrenden zu wecken und sie neugierig zu machen, auf ihre neue Rolle und
Tätigkeit als Lernberater/innen bzw. als Lernorganisator/innen und auf
das Experimentieren mit den neuen Medien. Lehrende seltener gelernter
Sprachen müssen auf verschiedenen Ebenen aus- bzw. fortgebildet werden:
auf didaktisch-methodischer Ebene, in Bezug auf Lerntechniken/-strategien
und Sprach- und Kulturbewusstsein, hinsichtlich Medienkompetenz .
Unterstützende Funktion
der neuen Medien
Für einen Lernverbund
Selbstlernen und Fremdsprachenunterricht bieten die neuen Technologien
innovative und zusätzliche Perspektiven gerade im Hinblick auf die
beschriebenen Lernanforderungen und das persönliche Lernmanagement. Sie
unterstützen das Wechselspiel zwischen Aktivitäten, die in der
angeleiteten Gruppe stattfinden und selbstgesteuerten Lerntätigkeiten.
Internet/WWW und CD-Rom bieten zeitliche und örtliche Flexibilität,
Zugang zu authentischem Material und Kommunikationsmöglichkeiten mit
Muttersprachlern (z.B. über E-Mail - Tandems). Die neuen Medien können
bedürfnisbezogenes Lernen bzw. personenbezogenes Fertigkeitstraining und
eine Erweiterung bzw. Neuentwicklung kultureller Techniken (Lesekompetenz,
Schreibkompetenz, soziale Kommunikationsfähigkeit) fördern.
Allerdings müssen für
medial gestütztes Lernen für alle Beteiligten entsprechende
Voraussetzungen gegeben sein, so z.B. die Bereitschaft und das Interesse
an der neuen Lernorganisation, eine Basis-Medienkompetenz bei den
Teilnehmenden und den Lehrenden, die Nutzbarkeit aller Ressourcen
(Computer, Internet- und E-Mail-Zugang zu Hause und in Selbstlernzentren),
Supportstrukturen seitens der kooperierenden Institutionen.
Für seltener gelernte
Sprachen existieren wenige didaktisch aktuelle, die Bedürfnisse der
Lernenden ansprechende Materialien. VeSuF soll Lehrenden die Möglichkeit
bieten, modellhaft zielgruppen- und personenspezifische
Selbstlernmaterialien zu entwickeln (mit Hilfe eines Autorenprogramms) und
damit zur Differenzierung des Lehr-/Lernmaterials für diese Sprachen
beizutragen.
Neue Aufgaben für die
Institutionen
Auch die kooperierenden
Institutionen müssen sich teilweise neuen Herausforderungen stellen und
evtl. noch nicht vorhandene Supportstrukturen bereitstellen. Darunter
fallen u.a. das Verfügbarmachen von
Selbstlernmöglichkeiten/Selbstlernzentren, die Betreuung von Lernenden
und Lehrenden hinsichtlich der Handhabung der neuen Medien, die
Unterstützung der Materialentwicklung und die Bereitschaft zur
Veränderung ehemaliger Kursstrukturen und damit auch Personalstrukturen.
Im Projekt VeSuF soll
erprobt werden, ob und wie diese Neuordnung der Lernorganisation in der
Praxis tatsächlich funktionieren kann, wobei ein Austausch zwischen den
Beteiligten (Lernende, Lernorganisatorinnen, Institution) z.B. über die
Einrichtung von Foren auf einer Internet-Plattform stattfinden soll. Der
Projektverlauf wird dokumentiert und prozessbegleitend hinsichtlich
ausgewählter didaktischer Schwerpunkte evaluiert. |