Einführung:

Im Jahr 1848 verstanden sich die meisten Arbeiter noch als Stand innerhalb einer Ständegesellschaft. Ihre Bildungsinteressen waren hauptsächlich materiell begründet und galten der Interessenorganisation, der Wissensvermittlung und der Geselligkeit. Aufgrund strenger Vereinsgesetze, insbesondere des Vereinigungsverbots, waren sie gezwungen, ihr Programm sehr vorsichtig zu formulieren. Zielgruppe waren ausschließlich Männer. Einen eigenen proletarischen Bildungsbegriff hatten die Arbeiterbildungsvereine nicht. Wie sich die neu gegründeten Arbeiterbildungsvereine der Öffentlichkeit präsentierten, zeigt die nachfolgende Zeitungsmeldung.

Quelle:

 „Darmstadt, 11.Mai – Der hiesige Arbeiterbildungsverein spricht sich auf mehrseitige Anfragen über das, was er beabsichtigt, wie folgt öffentlich aus: Der Verein soll der Grundstein einer Verbesserung unseres Standes sein: es soll hierin einem jedem Arbeiter, dem es am Herzen liegt, ebenso wohl seine geistige wie materielle Lage zu verbessern, hierzu Gelegenheit dargeboten sein: jedes Mitglied verpflichtet sich nach Kräften zur Hebung von Beidem beizutragen und zu wirken. Der Verein sucht durch Korrespondenz eine Vereinigung der deutschen Arbeiter möglichst hervorzurufen, um die Beschlüsse anderer zu entnehmen und einen vereinten Wunsch und Willen unseres gedrückten Standes, wo möglich durch Vertreter am Parlament, zur Geltung zu bringen. Die Bildung (zur Hebung unseres Standes) wird gefördert 1) durch Diskussionen über Verbesserung unserer geistigen und materiellen Interessen und über die gesetzliche Weise, wodurch sie erreicht werden kann, 2) durch Vorlesen nützlicher Zeitschriften und Erklärungen hierüber, 3) wöchentlich eine oder zwei Singstunden zur geselligen Erheiterung. – Zugleich machen wir diejenigen, welche dem Verein beizutreten wünschen, hiermit aufmerksam, um sich im Gesellschaftslokal zum Wilden Mann (große Ochsengasse), Sonntag nachmittag von 3 Uhr an beim Vorstand zu melden.“

Aus: Franz, Eckhart G. (1975): Die hessischen Arbeitervereine im Rahmen der politischen Arbeiterbewegung der Jahre 1848-1850. Darmstadt, S. 242-243, zuerst: Presseerklärung des Darmstädter Arbeiterbildungsverein 11.05.1848, in Darmstädter Zeitung vom 12.05.1848

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Klaus Heuer