Heinrich Stephani (1761-1850) studierte evangelische Theologie und war Hofmeister der Söhne des Reichsgrafen von Castell. 1795 wurde er Konsistorialrat zu Castell. 1808 Schul- und Regierungsrat in Ansbach. Seine aufklärerische Schulreformpolitik führte in der einsetzenden Restaurationszeit dazu, dass er seine Verwaltungsämter verlor und auf eine Pfarrstelle in Gunzenhausen versetzt wurde. In seinen Veröffentlichungen stellte er weiterhin liberale und aufklärerische Grundsätze über Erziehung und Religion dar. 1854 wurde er deswegen in den Ruhestand versetzt.

H. Stephani setzte die Einführung der Lautiermethode zum Lesen lernen, mit seiner mehr als 100000 mal gedruckten Hand- und Wandfibel, mit durch. Außerdem entwickelte er einen, das ganze Leben umfassenden, Nationalerziehungsplan, den er 1805 unter dem Titel: „System der öffentlichen Erziehung“ publik machte. Einige der zentralen Themenstellungen waren dabei:

  • Die Aufwertung der pädagogischen Berufe als Teil der Staatsbeamtenschaft, ihre Aufgabe ist die „Beförderung des wahren Staatszwecks“; „Diese Klasse ist zu zahlreich und ihre Bildungsbedürfnisse zu verschieden, als daß wir solches in einem Paragraphen zusammen stellen können. Nur ein Bedürfniß haben sie alle gemein, nämlich genaues Studium der Staatspädagogik, um mit dem Umfange der Wichtigkeit ihrer Bestimmung im Staate ganz vertraut zu sein.“ (Stephani 1805, 160)
  • Die Aufwertung der Pädagogik zu einem Teil der Staatswissenschaft
  • Bildung als Bestandteil des inneren Zusammenhalts einer Gesellschaft, hier gleichgesetzt mit Nation, d.h. Teilhabe an Bildung ist für alle zu ermöglichen
  • Starke Gemeinwohlorientierung im Bildungsbestreben: „Das gemeinsame Gute in der Welt kann nicht durch einzelne Kräfte, sondern durch zusammenwirkende Kraft aller erzeugt werden.“
  • Mischung aus ständischem Gesellschaftsmodell und aufklärerischen Gleichheitsmodellen: „Indem wir von dem Prinzip der Erziehung ausgingen, daß jeder Mensch zu der für seine Bestimmung nöthigen Ausbildung seiner Kräfte geleitet werden soll.“ (Stephani 1805, 170)
  • Intensität und Spezialisierung der Bildung sind wiederum abhängig von Zweckmäßigkeitserwägungen – wer braucht, wo, welche Bildung, gedacht ist das immer noch für eine ständische Gesellschaft
  • Bildung ist zur Hebung der Gesellschaft notwendig
  • Öffentliche Erziehung ist demnach das „einzig sichere Fundament des wahren Heils der Völker“ (Stephani 1805, V)
  • Plädierte für den Aufbau von Gewerbeschulen, die den Gymnasien gleich gestellt sein sollen
  • Professionalisierung der Lehrherren: „Das erste, was hierbei geschehen muß, bestehet darin: daß diejenigen Meister in jeder Profession herausgesucht werden, welche die nöthige Tauglichkeit in Absicht auf ihren Karakter und ihre professionelle Geschicklichkeit besitzen, um unseren Jünglingen Unterricht zu erteilen. Denn das war ein Hauptfehler, welchen man in dieser Rücksicht beging, daß man jeden Stümper und moralisch Gebrechlichen, wenn er nur Meister war, die Erlaubnis ertheilte, Jungen zur Profession anzunehmen, die gewöhnlich um nicht besser als ihre Meister wurden.“ (Stephani 1805, 344)
  • Der Geistliche soll als ländlicher Erziehungsbeamter tätig werden.

Archive:

Bayrisches Hauptstaatsarchiv: M. Inn 19655; Abteilung Kreisarchiv München: A.R. Fasz. 740; A. R. Fasz. 44, Nr. 208; A.R. Fasz. 92, Nr. 301; A. R. Fasz. 759; A. R. Fasz. 854, Nr. 90; A. R. Fasz. 948, Nr. 130; A. R. Fasz. 194, Nr. 443; A. R. Fasz. 1116, Nr. 132; A. R. Fasz. 1123, Nr. 393

Bayerisches Staatsarchiv Nürnberg: Kd I.1932. Titel XIII/721, 259, 627 I, 280, 328

Landeskirchliches Archiv Nürnberg: Nr. 45, Teil I; Nr. 44; Titel 32 Nr. 1339

Literatur:

Dräger, Horst (1978): 9. Über die Form der öffentlichen Erziehung; in: derselbe:  Volksbildung in Deutschland im 19. Jahrhundert. Bd. 1. Braunschweig, S, 110-114

Keil, Wolfgang (1986): Heinrich Stephani; in: Wolgast, Günther/Knoll, Joachim H. (Hrsg.): Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung. Stuttgart, S.388f

Marschall, G. N. (1908): Stephani, Dr. Heinrich; in: Rein, Wilhelm (Hrsg.): Encyklopädisches Handbuch der Pädagogik. 8. Band. Langensalza, S. 862-881

Stephani, Heinrich (1797): Grundriß der Staatserziehungs-Wissenschaft. Leipzig

Stephani, Heinrich (1805): System der öffentlichen Erziehung. Berlin, auch als elektronische Ressource unter: http://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=ZihNAAAAcAAJ&oi=fnd&pg=PR7&dq=Stephani+Heinrich&ots=h4izSzKBR3&sig=MxnKThDrWSwby-fV5qc_x9Fq3aY&redir_esc=y#v=onepage&q=Stephani%20Heinrich&f=false

Ulbricht, Günter (1998): Heinrich Stephani (1761-1850) – ein großer Pädagoge der Aufklärung in Bayern. Aachen

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Klaus Heuer