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Wissensnetze der Zukunft
Kultur und Bildung in globalen und lokalen Strukturen
31.01./01.02.2002, Haus der Wirtschaft, Stuttgart
Veranstaltet vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und der Stadtbücherei Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Stuttgart
Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmb+f), die Landeshauptstadt Stuttgart und das Landesgewerbeamt Baden-Württemberg

Abstracts und Texte

 

Plenumsvorträge

Vision „Wissende Zukunft"

Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher

Der Vortrag fragt nach der Rolle des Menschen im Kontext der Entstehung und Verarbeitung von Information und Wissen auf dem Weg in eine weltweit vernetzte Wissensgesellschaft. Die Menschheit entwickelt sich in diesem Prozess zu einem komplexen senso-motorischen Superorganismus, dessen Leistungsfähigkeit aus einer geeigneten Koordinierung von Menschen und maschinellen Systemen resultiert. Dabei spielt die Nutzung technischer Intelligenz und Sensomotorik, bis hin zur technischen Annäherung an Emotionen und Reflexivität, eine immer größere Rolle. Die Frage, wohin sich dieser Superorganismus entwickelt, die Rolle der Menschen in diesem Prozess, Themen wie Demokratie, Kultur, Freiheit, Autonomie, aber genauso auch die Problematik von Oben und Unten und des sozialen Ausgleichs sind allesamt ungeklärt. Analysen lassen für die nächsten fünfzig Jahre mindestens 4 Zukunftsszenarien erkennen, in denen die Rolle von Wissen auf Seiten der Menschen und die Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine sich sehr unterschiedlich entwickeln. Der Vortrag gibt hierzu einige Hinweise.

Prof. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher, Jahrgang 1950, promovierter Mathematiker und Wirtschaftswissenschaftler (RWTH Aachen 1974, Universität Karlsruhe 1976), Habilitation in Mathematik an der RWTH Aachen 1982. 1983-1987 Professor für Angewandte Informatik an der Universität Passau. Seit 1987 Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung (FAW) in Ulm. Gleichzeitig Berufung auf eine Professur für Datenbanken und Künstliche Intelligenz an der Universität Ulm. U.a. seit 1997 Sprecher der Arbeitsgruppe „Informationsgesellschaft und Nachhaltige Entwicklung" im Forum Informationsgesellschaft der Bundesregierung. Seit 1997 stellvertretender Sprecher des DFG-Sonderforschungs-bereichs 527 „Integration von symbolischer und subsymbolischer Informationsverarbeitung in adaptiven sensomotorischen Systemen". 1997 Preisträger des Wissenschaftlichen Preises der Gesellschaft für Mathematik, Ökonomie und Operations Research (GMÖOR). 1997 Berufung in den wissenschaftlichen Beirat der EXPO 2000 GmbH für die Themenbereiche „Planet of visions" und „Das 21. Jahrhundert". 1999 Berufung in den Bundesfachausschuss „Forschung und Innovation" der CDU-Fraktion des Deutschen Bundestages. 2000 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW). Seit 2000 Sprecher des „Global Society Dialogue" des Information Society Forums der EU.

 

Learning and Culture or a Culture of Learning – Inclusion and Participation for positive Change

Dr. Ursula Howard

Programme und Initiativen, die kulturelle und Lernaktivitäten zusammenführen, fördern das Ziel, diese Bereiche als untrennbar und als offen für alle Menschen zu entwickeln. Wir sind alle kulturelle Akteure, als Teile der Gesellschaft, in der wir leben, als Teile im ökonomischen Zusammenhang, in Familien und im Bereich der Freizeitaktivitäten. Trotz der großen Anstrengungen durch Politiker und Akteure in Kultur und Bildung, werden diese Bereiche kaum integrativ gesehen. Bildung wurde in Großbritannien zumindest teilweise mittels Ausschluss praktiziert. Hier bedarf es des Umdenkens. Es ist dringend notwendig, mehr Menschen das Gefühl zu geben und das Verständnis zu vermitteln, dass sie Teil der Kultur sind und durch die Partizipation an Kultur und Bildung diese aktiv mitentwickeln können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass wir ein Verständnis dafür entwickeln, dass alle dazugehören und nur die Gesellschaft in der Gesamtheit helfen kann, Kultur weiterzuentwickeln. Das Positive an der momentanen Politik und Praxis ist, dass es vermehrt Ansätze gibt, die Partizipation an Kultur und Bildung für möglichst alle Bevölkerungsschichten zu ermöglichen.

Dr. Ursula Howard, Learning and Skills Development Agency (LSDA) (Großbritannien), Direktorin der Forschungsabteilung

 

Lernen arrangieren in vernetzten Strukturen

Ingrid Bussmann, Achim Puhl, Dr. Heinrich Schneider, Richard Stang

Part I
Richard Stang

Lernen findet nicht nur in formellen Bildungszusammenhängen statt, sondern im größerem Umfang in alltäglichen, informellen Kontexten. Wie diese wissenslatenten Kontexte für nachhaltige Lernprozesse fruchtbar gemacht werden können, ist eine zentrale Frage für professionelle Wissensvermittler. Vor allem in vernetzten Strukturen lassen sich neue Lernarrangements gestalten. Im Projekt EFIL wurden hier unterschiedliche Ansätze u.a. in der Kooperation von Stadtbücherei Stuttgart und Volkshochschule Stuttgart verfolgt.

Richard Stang, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung.

Part II

Ingrid Bussmann

Die Bibliothek unterstützt selbstorganisiertes Lernen durch ihr Mediensortiment, durch kompetente Beratung, durch die Inszenierung innovativer Lernarrangements, die einladen, Neues zu entdecken, durch Begegnungen mit Autoren, Künstlern, Wissenschaftlern, Experten. Um die Herausforderungen der Zukunft zu gestalten, muss die Bibliothek selbst sich als lernende Organisation verstehen, die offen ist für Wandel und Veränderung. Im Netzwerk des lebenslangen Lernen kommt der Bibliothek eine Schlüsselrolle zu, die sie aber nur dann erfüllen kann, wenn sie enge Kooperationen knüpft mit anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen. Die Erfahrungen der Stadtbücherei Stuttgart belegen, dass die Bibliothek ein zentraler Knoten im Netzwerk des Wissens in einer Stadt ist.

Ingrid Bussmann, Direktorin der Stadtbücherei Stuttgart

Part III

Dr. Heinrich Schneider

Gemeinsame Projekte wie Lernfest, Lernagenturen, Lernerberatung lassen die jeweils spezifischen Beiträge zur Entwicklung der "lernenden Stadt" deutlich werden. Zwischen „natürlichem Lernen" und „organisiertem Gruppenlernen" gilt es, eine Vielzahl von Übergangs- und Zwischenformen zu entwickeln und in ihren jeweiligen Stärken für unterschiedliche Lernertypennutzbar zu machen.

Dr. Heinrich Schneider, Leiter der Volkshochschule Stuttgart

Part IV

Achim Puhl

Bildungs- und Kulturinstitutionen befinden sich in einem Wandlungsprozess. Noch ist der Weg offen, wie Lernen in den unterschiedlichen Kontexten stattfinden könnte und was sich daraus für die gesellschaftliche Positionierung der Institutionen als Konsequenz ergibt. Die Integration von unterschiedlichen Zugängen zu Lernenden eröffnet jedoch eine neue Perspektive. Besonders die Beispiele aus den Umsetzungen in EFIL zeigen, dass die neuen Arrangements, die sich aus den Kooperationsprozessen entwickelt haben, auf fruchtbaren Boden fallen können.

Achim Puhl, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und freiberuflicher Berater.

Vorträge in den Themenbereichen

Panel 1

T I: Präsentation von Wissen – neue Strategien in Kultur und Bildung

"Wie lässt sich Wissen teilen?"

Prof. Dr. Frank Thissen

Der Vortrag zeigt Möglichkeiten und Visionen auf, individuelles Wissen Einzelner sichtbar werden zu lassen und mit dem Wissen anderer zu vernetzen.

Prof. Dr. Frank Thissen beschäftigt sich seit ca. zehn Jahren mit den Möglichkeiten des computerunterstützten Wissenserwerbs. Nach Tätigkeiten an der Universität und in der Industrie (Siemens AG, SAP AG) unterrichtet er seit 1997 an der Hochschule der Medien, FH Stuttgart die Fächer Multimediale Kommunikation, Internet/Intranet und Informations-Design. Schwerpunkte seiner Forschungsaktivitäten sind die Multimedia-Didaktik, Formen des virtuellen, dialogischen Lernens, neue Wege der Lehre und die Evaluierung von internetbasierten Lern- und Informationsangeboten. Er ist an der LearnTec (Europäischer Kongress für Bildungstechnologie und betriebliche Bildung Karlsruhe) beteiligt und Mitglied verschiedener Expertengremien im Umfeld des lebensbegleitenden Lernens. Im Springer-Verlag Heidelberg ist sein „Screen-Design-Handbuch" erschienen, das eine adressaten- und mediengerechte Aufbereitung von Informationen für das Internet und Multimedia beschreibt.

Museumskommunikation am ZKM

Bernhard Serexhe

Museumskommunikation ist die Mitwirkung des Besuchers am Museum als einem vom öffentlichen Diskurs getragenen Forum. Als Gegenpol zur Museumspädagogik will Museumskommunikation dem Besucher nichts vermitteln, nichts beibringen und nichts vormachen. Nicht der Verweis auf hohe Werte der Kunst, sondern die Auflösung distanzschaffender Wertvorstellungen ist ihr Ziel: Damit Museum zum Interaktionsraum wird, in dem der Besucher mit seinen Ideen und Fragen, seinen Wünschen und Forderungen im Mittelpunkt des Geschehens stehen kann.

Museumskommunikation geht vom Besucher aus. Ihre Inhalte entwickeln sich aus der Auseinandersetzung mit Konzepten, Ausstellungen und Werken, aus der Konfrontation von künstlerischem Kommentar und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Ihre Angebote orientieren sich an den Interessen der Besucher und Nutzer des Museums und werden von Museumsmitarbeitern organisiert und aktualisiert. Ihre Bestimmung findet sie in einer weitgehenden Einflussnahme der Besucher/Nutzer auf das Geschehen im Museum. Hierdurch handelt Museumskommunikation im Brennpunkt der Veränderung des Museums von einem Ort des Bewahrens zu einem Ort gesellschaftlicher Interaktion und der Wissenserwerbs. Im Sinne dieser Konzeption haben sich in der ZKM | Museumskommunikation unterschiedliche Aktionsfelder entwickelt: Begegnungen / Museumsführungen - Workshops/ Ferienkurse - Expertise / Consulting - Fortbildung / Lehrerfortbildung - Vorträge / Tagungen.

Bernhard Serexhe, Studium der Soziologie, Psychologie, Erziehungswissenschaften, Staatsexamen Lehramt, Aufbau und Leitung einer privaten Schule in Saudi-Arabien, Studium der Pädagogik und Kunstgeschichte, Doktorarbeit über die Kathedrale von Autun, wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge, Archivierung, Ausstellungen, bauarchäologische Forschungen zur romanischen Architektur in Burgund, Restaurierungsstudien für die französische Denkmalpflege, 1994 - 1997 Kustos des ZKM | Medienmuseums, seit 1995 medienpolitischer Berater des Europarats Straßburg, seit 1998 Abteilungsleiter der ZKM | Museumskommunikation, Aufbau des Führungs- und Fortbildungsprogramms des ZKM, beratende Tätigkeit für Kulturinstitutionen (FRAC Alsace, CICV Montbéliard, Musée Nicéphore Niepce in Chalon sur Saône, SCCA Pro Arte Institute in Sankt Petersburg) und internationale NGOs (ELIA European League of the Instituts of Arts, ECA European Council of Artists, ICOM International Concil of Museums), 1999 Lehrauftrag Russische Akademie der Künste Sankt Petersburg, seit 2000 Lehrauftrag Universität Bern im Nachdiplomstudium Fachdidaktik Kunst.

 

Panel 1

T II: Die Lust am Wissen - Motivation als Ausgangspunkt von Integration

Tradition und/oder Innovation: Über die Motivation zum Experimentellen und die Lust am Scheitern

Dr. Andreas Grünewald Steiger

Nach dem anfänglichen Impuls, Erwachsenenbildung in der eigenen Praxis von Grund auf zu verändern (jedenfalls es nicht so zu machen, wie selbst gelernt/erlitten), kommt irgendwann langsam und drohend erkennbar die Zeit der verlässlichen Routine. Auch sind die (ökonomischen) Verhältnisse nun einmal nicht so, dass Experiment, Innovation, Versuch und Labor als probates Mittel der Agogik ein sicheres Fundament zum festen Stand in der institutionellen Arbeit bietet. Die Frage bleibt situativ und mit der Lust am erfolgreichen Scheitern weiterhin brisant: Welche Formen innovativer Modelle lassen institutionalisierte Lernarrangements überhaupt (noch) zu und welche Wagnisse sind auszuhalten, um Traditionen zukunftstauglich zu machen?

Dr. Andreas Grünewald Steiger, Bundesakademie für kulturelle Bildung, Fachbereichsleiter Museum. Planung, Organisation und Durchführung von Weiterbildungen, Qualifizierungen und Professionalisierungen mit dem Schwerpunkt Museumskommunikation.

Über die Wirksamkeit von Science Centers

Prof. Dr. Otto Lührs

Die Idee Science Center ist fast 400 Jahre alt. Mit der Urania in Berlin wurde vor 120 Jahren das erste Science Center realisiert. Nach und nach kamen weitere hinzu, etwa das "Palais de la decouverte" in Paris. Um 1970 kam durch das Exploratorium in San Francisco und das Ontario Science Centre in Toronto neuer Schwung in die Entwicklung. Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 1200 Science Center, besonders aber in Deutschland tut man sich schwer. Mit dem Universum in Bremen und der Phäno in Wolfsburg startet Deutschland den Nachholbedarf im großen Stil.

Prof. Dr. Otto Lührs, Deutsches Technikmuseum Berlin, Direktor des Science Centers SPECTRUM.

Inszenierung von Bildung - Zur Gestaltung von Lernanlässen

Achim Puhl

Menschen zum Lernen zu motivieren, geschieht heute nicht nur über ausgefeilte Bildungsangebote, sondern in immer stärkeren Maße über die Inszenierung von Lernanlässen. Vom kulturellen Event, wie z.B. Bibliothek im Garten, bis hin zur Rauminszenierung, wie z.B. Multimediales Erlebnisfeld, reichen hier die Ansätze. Worin kann die besondere Qualität solcher Inszenierungen für Bildungsprozesse liegen? Wie lassen sie sich gestalten? Wie werden die Lerninteressierten bzw. auch die Menschen, die erst interessiert werden müssen, erreicht? Diese und andere Fragen werden in diesem Beitrag aufgegriffen und diskutiert.

Achim Puhl, Dipl. Päd., wiss. Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) und freiberuflicher Berater. Arbeitsschwerpunkte: Innovatives Lernen, Kultur und Bildung, Neue Medien, Organisationsentwicklung

 

Panel 1

T III: Organisationen im Wandel: zur Umstrukturierung wissensbasierter Dienstleistungen

Bildungsorganisation verlangt nach Organisationsbildung

Dr. Klaus Meisel

Beschrieben werden die zentralen beobachtbaren Trends in der Organisationsentwicklung wissensvermittelnder Dienstleistungsorganisationen - in erster Linie von Weiterbildungsorganisationen. In den Mittelpunkt gerückt werden dabei Zusammenhänge zwischen innovativen Lernarrangements und Anforderung an die organisationelle Weiterentwicklung. Besonders ins Blickfeld geraten dabei die erforderlichen Supportleistungen in der Einrichtung und die Öffnung gegenüber und Vernetzung mit anderen bedeutsamen Akteuren im Umfeld.

Dr. Klaus Meisel, Dipl. Päd., Jahrgang 1953. Stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung in Frankfurt/Main, Leiter der Abteilung Fortbildung und Beratung, Projekte in der interkulturellen Bildung, der Mitarbeiterqualifizierung, der beruflichen Weiterbildung, des Weiterbildungsmanagements, der Organisationsentwicklung, der Qualitätsentwicklung- Autor zahlreicher Fachpublikationen.

Organisationswandel - notwendige Voraussetzung vernetzter wissensbasierter Dienstleistung?

Jürgen Nestmann

1997 wurden Stadtbücherei und Volkshochschule Hagen zu einem neuen Amt „Weiterbildung und Medien" zusammengeführt. Auf dieser Plattform sollten die Weichen neu gestellt werden für ein aufeinander bezogenes und sich erweiterndes Dienstleistungsangebot in den Bereichen Medienkompetenz und öffentlich verantworteter Weiterbildung in einer sich entwickelnden „Stadt der Weiterbildung" in Hagen. Was ist nach vier Jahren Organisations- und Professionsentwicklung aus dieser Idee geworden? Wo steht die gemeinsame Einrichtung heute? Wurden die Erwartungen an ein integriertes wissensbasiertes Dienstleistungsangebot erfüllt? Wo liegen und lagen die Entwicklungsschwierigkeiten, wo die weiteren Entwicklungschancen?

Jürgen Nestmann, VHS-Leiter und Leiter des Amtes für Weiterbildung und Medien der Stadt Hagen.

„Alte Gemäuer - Neue Konzepte". Wege zu integrativen Nutzungskonzepten durch das Zusammenwirken von Bildung, Kultur und Wirtschaft

Sabina Kocot

Anhand von zwei Praxisbeispielen werden gemeinsame Wege von Bildung, Kultur und Wirtschaft aufgezeigt, in denen es um die Entwicklung von neuen Nutzungskonzepten in alten Gemäuern (Schlössern) und von innovativen Angebotsformen in „alten" Weiterbildungseinrichtungen geht. Die Zusammenarbeit in vernetzten Strukturen und die Konsequenzen für die Organisation werden dabei speziell beleuchtet.

Sabina Kocot, Diplom-Pädagogin, Referatsleiterin für Kulturelle Bildung in der Abteilung Weiterbildung des Landesinstituts für Schule und Weiterbildung in Soest. Arbeitsschwerpunkte: Organisationsentwicklung, Netzwerkmanagement, Weiterbildung für Arbeitswelt und Beruf und Genderkompetenz. Nebenberuflich in den Bereichen Kulturmanagement, Organisationsberatung und Familienmanagement tätig.

Panel 2

T I: Wissen durch Handeln - Bildung als Erlebnis

Wissen durch Handeln - Bildung als Erlebnis

Prof. Dr. Hartmut Paffrath

Wie immer die „Wissensnetze der Zukunft" aussehen werden, sie dürfen die grundlegende Einheit von Emotion, Kognition und Handeln des Menschen nicht auflösen. Das aber geschieht im großen Umfang in der technisch-medialen Welt unserer Tage. Vor diesem Hintergrund werden individuelle Zugangsmöglichkeiten, verschiedene Bedeutungsvarianten sowie Funktion von „Wissensnetzen" aus der Perspektive erfahrungs- und handlungsorientierter Pädagogik, speziell kritischer Bildungstheorie diskutiert.

Prof. Dr. F. Hartmut Paffrath, Universität Augsburg, Allgemeine Pädagogik, Gastprofessor an der Universität Innsbruck, Schwerpunkte: Bildungstheorie, Erlebnispädagogik, Umweltbildung.

Erlebnis, Bewegung, Bildung - Bildung durch Kopf, Herz und Hand

Prof. Dr. Werner Michl

Seit mehr als 15 Jahren ist die Erlebnispädagogik Mode und Methode. Sie hat nicht nur wesentliche Impulse für die Arbeit mit schwierigen Jugendlichen bewirkt, sondern hat sich als feste Größe in der beruflichen und Erwachsenenbildung etabliert. Durch das handlungsorientierte Lernen sind auch Wissensnetze für die Zukunft begründet worden. Der Referent wird die historischen Wurzeln dieses Ansatzes beleuchten, eine Begriffsbestimmung vornehmen, die Handlungsfelder beschreiben, Vernetzungen aufzeigen und aktuelle Entwicklungen herausstellen.

Prof. Dr. Werner Michl, M. A., (Jg. 50) Studium der Erziehungswissenschaft, Ethnologie und Psychologie an der Universität München. Praktische Erfahrungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in der Heimerziehung, als Leiter eines Jugendzentrums, einer Jugendbildungsstätte und als Referent für Jugendhilfe. Seit 1993 Professor für Sozialarbeit und Sozialpädagogik an der Georg-Simon-Ohm Fachhochschule Nürnberg. Seit 1. März 1996 Leiter des "Zentrums für Hochschuldidaktik der bayerischen Fachhochschulen - DiZ" in Kempten. Zahlreiche Buch- und Zeitschriftenpublikationen zu: Ökologie und Jugendarbeit, Jugendarbeitslosigkeit, Geschichte der Jugendhilfe und vor allem Erlebnispädagogik.

Die Sprache der Natur

Anke Schlehufer

(ausführlicher Text S. 13ff)

 

Panel 2

T II: Open Content - den freien Zugang zum Wissen sichern

Open Content - freie Wissensvermittlung im digitalen Zeitalter

Katinka Emminger

Rund eine Million Besucher nutzen jährlich die virtuelle Stadtbücherei Stuttgart und das mit steigender Tendenz. Im digitalen Zeitalter ist es nicht mehr ausreichend, Wissen und Informationen in den realen Bibliotheken zu strukturieren und bereit zu stellen. Längst sind Bibliotheken zum Navigator in der virtuellen Welt geworden, wenn es um die Suche nach verlässlichen Informationen geht. Doch Bibliotheken können mehr leisten! Täglich entsteht in unseren Häusern im Rahmen von Veranstaltungen und Expertengesprächen neues Wissen. Dieses Wissen gilt es zugänglich zu machen, um auch virtuell zum Ausgangspunkt für Diskussionen zu werden.

Katinka Emminger, Stadtbücherei Stuttgart, Virtuelle Bibliothek, Öffentlichkeitsarbeit.

Panel 2

T III: Neue Organisationsformen

Notwendige Veränderungen des Lernens und der Lernförderung

Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Dohmen

(Ausführlicher Text S. 20ff.)

„Haus der Möglichkeiten" - Zentrum für lebenslanges Lernen und ehrenamtliches Engagement

Richard Stang

Das „Haus der Möglichkeiten" ist eines der Projekte, das für das 400jährige Stadtjubiläum Mannheims im Jahr 2007 entwickelt wird. Mit diesem Zentrum sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um lebenslanges Lernen wie auch ehrenamtliches Engagement adäquat und zeitgemäß zu fördern. Die Verknüpfung von Bildung, bürgerschaftlichem Engagement und Erlebnis stellt eine neue Qualität der Organisation von Bildungsangeboten dar.

Richard Stang, Dipl. Päd./Dipl. Soz., wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, zuständig für „Kultur und Medien" und Koordinator „Neue Medien" des DIE. Arbeitsschwerpunkte: Lehren und Lernen mit Neuen Medien, Institutionenentwicklung, Organisations- und Innovationsforschung, Ästhetik und Bildung.

 

Panel 3

T I: Mit Lust und Leidenschaft - wie denkt unser Gehirn

Wie denkt unser Gehirn? Mit Lust und Laune lernen.

Prof. Dr. Edmund Kösel

Wir leben in einer postmodernen Zeit, in der Pluralität, Diversität und Vielheit die Hauptmerkmale sind. Wir kommen mit Einheitswissen und Monowahrheiten nicht mehr zurecht. Wie reagiert unser Gehirn in einer immer komplexer werdenden Welt? Wie kann man da noch lernen?

Prof. Dr. Edmund Kösel, Professor für Allgemeine Didaktik und Gruppenpädagogik, Pädagogische Hochschule Freiburg. Arbeitsschwerpunkte: Subjektive Didaktik, Soziale Kompetenz, berufliche Aus- und Weiterbildung, Bildung, Supervision, Psychodramaleiter, Wiss. Begleitung von Modellversuchen des Bundesinstituts für berufliche Bildung, Bonn.

Perzeptuelles Lernen

Prof. Dr. Manfred Fahle

Neuere Ergebnisse zum gezielten Training von Wahrnehmungsaufgaben haben das Verständnis sowohl von Hirnfunktion als auch von Lernen deutlich verbessert. Zur Bewältigung „leichter" Wahrnehmungs-Aufgaben scheinen eher kognitive Ebenen des Gehirns die Verarbeitung der in den „frühen" Gehirn-Ebenen extrahierten Information zu verbessern und dadurch die Leistungen zu erhöhen. Diese Verbesserung kann vielfach auch auf ähnliche Aufgaben generalisiert werden. „Schwere" Aufgaben scheinen dagegen die Verbesserung der Informationsverarbeitung auf den frühen Hirn-Ebenen zu erfordern. Diese Verbesserung ist dann in der Regel sehr spezifisch für die erlernte Aufgabe. Der zweite Typ des Lernens zeigt, dass die primären sensorischen Areale des Gehirns auch bei Erwachsenen noch weit plastischer sind, als man vor einigen Jahrzehnten annahm.

Prof. Dr. Manfred Fahle, Human Neurobiology Bremen University. Nähere Informationen zu Person und Arbeitsschwerpunkten: http://www.humanbio.uni-bremen.de/

 

Panel 3

T II: Wissen organisieren - Lernen im Unternehmen

Ein Konzept für Wissensmanagement, im Mittelpunkt: der Lernprozess

Ulrike Heid

Ausgehend von einer Unterscheidung der Begriffe Daten, Information und Wissen wird der Begriff Wissen näher erläutert und die Phasen des Lernprozesses im Kontext der Problemlösung eingeführt. Darauf aufbauend wird dann auf das "Management von Wissen" und insbesondere auf den Lernprozess im Unternehmen eingegangen. Die im Anschluss dargestellten Konsequenzen für Prozesse und Mitarbeiter im Unternehmen und die daraus resultierenden Anforderungen an die Ausbildung stellen wiederum den Lernprozess in den Mittelpunkt und bieten Anlass zur Diskussion.

Ulrike Heid, Information Analyst, Zürich Investmentgesellschaft mbH, Information Management/Organisation. Arbeitsschwerpunkt: Anforderungsanalyse und -dokumentation.

ShareNet, der Marktplatz im globalen Dorf

Rolf Meinert

Siemens AG, Bereich Information and Communication Networks (ICN) mit seinen weltweit ca. 55.000 Mitarbeitern verfügt über einen immensen Schatz an Erfahrungen über Kunden, Projekte, Lösungen und mehr. Ein großes Wissenspotential, doch muß dieser Schatz gehoben, für jeden verwertbar gemacht werden. Hier setzt ICN ShareNet ein:

ShareNet ist eine Plattform für alle Vertriebs-, Marketing-, Business Development-, und Service Bereiche von ICN und dient dem Austausch von Wissen und Erfahrung. Im engen Schulterschluß mit den Local Companies wurde eine web-basierte Lösung entwickelt, die universell einsetzbar ist. Aber ShareNet ist weit mehr als eine reine Wissensdatenbank, in der systematisch und verständlich Kundenlösungen beschrieben werden. ShareNet integriert Verkaufsargumente, Marketingmaterial und Referenzprojekte, sowie Informationen und Erfahrungen über Kunden, Märkte, Partnerunternehmen und Wettbewerber. Jeder der ähnliche Aufgaben zu lösen hat, kann diese Informationen nutzen, eigene Erfahrungen ins Netz stellen, auf ShareNet Foren mit anderen diskutieren oder ein Gespräch mit einem Experten führen.

Dadurch entsteht globales Lernen, über Kontinente hinweg entstehen Wissenszellen, die gemeinsam neue, innovative Lösungen entwickeln. ShareNet ebnet den Weg, dass lokale Erfahrungen global umgesetzt werden.

Rolf Meinert, Siemens AG, Bereich Information and Communication Networks (ICN),

Vice President ICN Group Strategy. Nach dem Studium der Nachrichtentechnik tätig in verschiedenen Feldern der Telekommunikationstechnik bei der DBP, Technischen Schule der Luftwaffe und eines Energieversorgungsunternehmens. Nach dem Wechsel zur Siemens AG Tätigkeiten in der Wartungsabteilung einer Zweigniederlassung, in der Entwicklung und als Dozent im Trainingscenter für Nachrichtentechnik in München. Ab 1985 Leiter der Weiterbildung des Geschäftsgebietes Öffentliche Vermittlungssysteme und ab 1990 Leiter der Weiterbildung des Bereiches Öffentliche Netze. Weitere Funktionen im Bereich Change Management und Business Transformation, sowohl im Inland wie im Ausland, führten zur heutigen Position in der Zentraleinheit Group Strategy des Bereiches Information and Communication Networks

Knowledge Management bei Hewlett Packard

Anette Hiller

Wie kann aktiv betriebenes Knowledge Management aussehen? Welche Voraussetzungen und Faktoren sind für eine erfolgreiche Umsetzung zu beachten? Ein Beispiel aus der Praxis wird vorgestellt.

Annette Hiller, Hewlett Packard Consulting, Knowledge Management Deutschland. Arbeitsschwerpunkte: Wissensmanagement, Management of Change und Strategieberatung.

 

Panel 3

T III: Kooperative Konkurrenz - Wege zur Lernenden Stadt

Stadt(teil) als Lernort: Vergangenheit oder Zukunft?

Gabriele Steffen

Die lernende Stadt, der lernende Stadtteil ist ein Versprechen, mit sich große Hoffnungen verbinden. Andererseits scheinen konkrete Orte immer gleichgültiger zu werden, und es ist vom „Ende der europäischen Stadt" die Rede. Trotz der Euphorie für das Lebenslange Lernen sind die wirklichen – globalen und lokalen – Probleme bis heute ungelöst, grenzüberschreitendes und fachübergreifendes Handeln stößt auf viele Schwierigkeiten. Was bedeuten die absehbaren demografischen, sozial-kulturellen, wirtschaftlichen und städtebaulich-räumlichen Entwicklungen für Stadt und Stadtteil als Lern- und Handlungsort?

Gabriele Steffen, Weeber + Partner / W+P GmbH, Institut für Stadtplanung und Sozialforschung, Geschäftsführerin. Arbeitsschwerpunkte: Stadt- und Stadtteilentwicklung, Sozialforschung und -planung, Soziale Stadt, lokale Wirtschaft (Einzelhandel, Nutzungsmischung), Integration, Lebenslanges Lernen. Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin, zwölf Jahre Projektleiterin für den internationalen und interkulturellen Bereich in der wissenschaftlichen Fort- und Weiterbildung (DIFF, Deutsches Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen), acht Jahre Erste Bürgermeisterin in Tübingen.

Dezentrale Lernagenturen - Ein Kooperationsprojekt von Stadtbücherei und Volkshochschule Stuttgart

Ingrid Münnig-Gaedke

Ziel des vorgestellten Projektes ist es, Kultur- und Bildungsangebote in den Stuttgarter Stadtteilen zu entwickeln und zu vernetzen. Damit soll der Benachteiligung sogenannter bildungsferner Gruppen entgegengewirkt und die soziale Funktion des Stadtteils gestärkt werden. In Kooperation mit weiteren Partnern und mit der Unterstützung der politischen Gremien vor Ort werden die unterschiedlichen Kompetenzen beider Einrichtungen zur Umsetzung der „lernenden Stadt Stuttgart" nutzbar gemacht.

Ingrid Münnig-Gaedke, vhs Stuttgart, Fachbereichsleiterin, Arbeitsschwerpunkte: Selbstgesteuertes Lernen, Entwicklung neuer Lernformen, Kooperation mit der Stadtbücherei.

 

Panel 4

T I: Neue Lernformen an neuen Lernorten

Neue Lernformen - von der Wissensvermittlung zur Lernberatung

Rosemarie Klein

Die Suche nach neuen Lernformen wird in den Zusammenhang mit lebenslangem, selbstgesteuertem Lernen gebracht. Am Beispiel einer Analyse von neun Lern- und Weiterbildungsberatungskonzepten wird der Versuch unternommen, erste Gemeinsamkeiten neuer Lernformen in ihrer Abhängigkeit von Bildungszielen, Prinzipien und Lernarrangements herauszustellen. Auf dieser Grundlage werden Folgerungen und offene Fragen zu den Anforderungen an das pädagogische Personal in Bildungsinstitutionen, auch im Blick auf notwendige Unterstützungsformen für das 'informelle Lernen' formuliert.

Rosemarie Klein, bbb Büro für berufliche Bildungsplanung; Geschäftsführerin; Arbeitsschwerpunkte: Personal- und Organisationsentwicklung in (Weiter-)bildungs-einrichtungen.

Einführung und Umsetzung des SeGeL in verschiedene Projekte der BNF (Benachteiligtenförderung)

Rudolf Waschneck

Gegenstand des ersten Teils ist die Umsetzung des SeGeL, exemplarisch dargestellt der Projekte ABH (Ausbildungsbegleitende Hilfen) und HASA IV (Hauptschulabschluss). Unterrichtliche Rahmenbedingungen, Eingangsvoraussetzungen der TN, angewandte Methoden, Veränderungen im Unterricht, Ziele und Wirkungen. Im zweiten Teil wird die Arbeit der AG SeGeL beschrieben, u. a. Einbindung der Leitungskreise, Erfahrungsaustausch und kollegiale Beratung.

Rudolf Waschneck, Gesellschaft für Berufsbildung mbH, Lehrer in ABH, Leitung der AG SeGeL. Arbeitsschwerpunkte: Unterricht in den Berufsfeldern Elektronik und IT-Berufe.

Museum als Lernort

Dr. Jutta Thinesse-Demel

Dass Museen auch zu anderen als zu freizeitlichen Bedürfnissen genutzt werden können, beweisen drei aufeinander aufbauende Europa-Projekte, die in einer umfangreichen Studie neuartige Programme innerhalb Europas entdeckten, wie Sprachlernprogramme, Lehrlingsprogramme, Integrationsprogramme für Ausländer, Re-Integrationspro-gramme für Frauen nach der Familienpause sowie Rehabilitationsprogramme von (psychisch) Kranken. Diese Beispiele beweisen, dass Museen in unserem gesamtgesellschaftlichen Umwandlungsprozess eine zunehmend wichtige Rolle für neue Zielgruppen und Programme einnehmen können. Darüber hinaus eröffnen sie auch neue Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt für Kultur-, Tourismus- und Lernspezialisten. Regionalmodelle in Italien, Frankreich und Deutschland beweisen, dass diese Ausrichtungen erfolgreich für die berufliche Umsetzung sind.

Dr. Jutta Thinesse-Demel, Kunstgespräche, Leiterin. Arbeitsschwerpunkte: europäisches Kulturmanagement, Trainerin für Kommunikation und Projektmanagement und tourisitische Bereiche. Am Round table zusätzlich: Margherita Sani: Regione Emilia-Romagna: Modellentwicklerin mit Arbeitsschwerpunkt Entwicklung neuer innovativer Projekte, Research, Mitarbeit bei europäischen Themen und Ruth Jermann: SVEB (Schweizer Vereinigung für Weiterbildung): Assistentin des Direktors mit Arbeitsschwerpunkten Mitarbeit bei Europa-Projekten, Koordination und Organisation von Großveranstaltungen.

 

Panel 4

T II: Entgrenzung der Kompetenzen - neue Anforderungen an die Profession

Professionelles erwachsenenpädagogisches Handeln im entgrenzten Weiterbildungsmarkt

Prof. Dr. Wiltrud Gieseke

Im Vortrag wird der Begriff des professionellen erwachsenenpädagogischen Handelns entwickelt, Forschungsergebnisse präsentiert, Veränderungen benannt und zukünftige Anforderungen diskutiert. Dabei werde ich besonders auch kritische Anmerkungen zu aktuellen Entwicklungen machen und die Notwendigkeiten von Standards diskutieren wollen.

Prof. Dr. Wiltrud Gieseke, Leiterin der Abteilung Erwachsenenbildung/Weiterbildung und Direktorin des Instituts für Wirtschafts- und Erwachsenenpädagogik der Humboldt Universität zu Berlin. Arbeitsschwerpunkte: Programmforschung in der Weiterbildung, Frauenbildung, qualitative Lehr- und Lernforschung.

Professionsveränderung des Bibliothekarberufs

Prof. Dr. Konrad Umlauf

Wie wandeln sich Öffentliche Bibliotheken auf dem Hintergrund von Internet, Verwaltungsreform, Entstehung der Wissensgesellschaft und Haushaltskrisen? Welche Kompetenzanforderungen erwachsen daraus an das Bibliothekspersonal? Der Fokus liegt auf den Aspekten der Kompetenzen, die erfolgreiches Arbeiten in Netzwerken für Management- und Führungsqualifikationen, für Entwicklungskompetenz, soziales und gesellschaftsbezogenes Handeln, für fachlich-methodisches Wissen benötigt.

Prof. Dr. Konrad Umlauf, Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Geschäftsführender Direktor. Arbeitsschwerpunkte: Marketing von Bibliotheks- und Informationsdienstleistungen, Management von Bibliotheks- und Informationseinrichtungen, Öffentlichkeitsarbeit, Bestandsaufbau, Erwerbung, Publikationswesen, Medientheorie, Benutzungsorganisation, Verbale und klassifikatorische Sacherschließung (Inhaltsdokumentation), Leser- und Benutzerforschung, Bibliothekslehre Öffentlicher Bibliotheken.

Entgrenzung der Kompetenzen: Interdisziplinäres Handeln in Netzwerken

Wolfgang Klenk

Die aktuellen Veränderungen stellen die Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung vor neue Herausforderungen. Das hergebrachte Konzept, bei dem die konkrete inhaltliche Arbeit weitgehend von Honorarkräften getan wird, wird diesen Herausforderungen nicht mehr gerecht. Wenn die Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung es nicht schaffen, auf diese Herausforderungen angemessene Antworten zu formulieren, werden sie erheblich an Bedeutung verlieren. Solche Antworten müssen auf mikro- und makrodidaktischer Ebene gegeben werden. Wahrscheinlich ist dies nur möglich, wenn das Prinzip, die konkrete Arbeit nahezu ausschließlich mit Honorarkräften zu machen zumindest um ergänzt wird um Formen, die nicht auf prekären Arbeitsverhältnissen beruhen.

Wolfgang Klenk, Fachbereichsleiter vhs stuttgart, Mitarbeit in verschiedenen Projekten des DIE (u.a. Projektleitung Weiterbildungsmanagement 1996/97), freiberufliche Tätigkeit als Berater (Organisationsentwicklung, Qualitätsentwicklung).

(Ausführlicher Text S. 22ff.)

 

Panel 4

T III: Regionale Netzwerke - neue Ansätze zu Strukturveränderungen

Regionale Identität durch kollektives Gedächtnis

Wolfgang Himmel

Regionale Identität findet vor allem durch kommunikative Prozesse statt. Im Vortrag werden die Erfahrungen in der lernenden Region Bodensee vorgestellt. Dort wird durch intensive Kooperationen zwischen Bildungsinstitutionen, Verbänden und Kommunen ein Netzwerk geschaffen, welches der Bevölkerung weit über das Eröffnen von Bildungsangeboten hinaus die Möglichkeit verschaffen soll, die Region als ihre kulturelle und soziale Heimat wahrzunehmen.

Wolfgang Himmel, Geschäftsführender Gesellschafter der impuls GmbH, Institut für innovatives Arbeiten und Lernen mit Sitz in Konstanz am Bodensee. Impuls unterhält im Rahmen des Forschungs- und Gestaltungsprogramms „Lernkultur Kompetenzentwicklung" des bmb+f die Lernagentur Bodensee, getragen durch ABWF/QUEM, Berlin und übernahm die Koordination im Bundesprojekt „Netzwerk Lernende Region Bodensee". W. Himmel war bis Ende März 2001 Mitarbeiter der vhs Konstanz-Singen e.V.

Die Sprache der Natur

Anke Schlehufer

"Wird nicht der Fels ein eigentümliches Du, eben wenn ich ihn anrede?" Novalis

"Die Sprache der Natur" ist ein sehr weites und daher schwieriges und doch grundlegend wichtiges Thema für uns PädagogInnen, die mit Menschen in und mit der Natur arbeiten. Denn Naturerfahrung ist keine Selbstverständlichkeit mehr, die Bedeutung von Naturerleben für die Gesundheit und die Zukunft von Mensch und Natur umstritten und wenig erforscht (Vgl. Gebhard 1994).

Für die PraktikerInnen der Naturerlebnispädagogik mögen die erlebbaren Wirkungen Begründung genug sein. Doch eine fundierte Fachdiskussion, in der Natur weder zum romantischen Allheilmittel, zur attraktiven Hintergrundkulisse noch zur überlebensnotwendigen Ressourcenquelle degradiert wird, erscheint notwendig, damit die Naturerlebnispädagogik in ihrer Bedeutung ausreichend gewürdigt und langfristig gefördert wird.

Allerdings kann der vorliegende Beitrag höchstens einen Einstieg in das facettenreiche Thema leisten.

Die folgende Bandbreite der Meinungen möge, schlaglichtartig zusammengefaßt, als Gerüst dienen:

- Die Natur sagt uns gar nichts. Das was wir Natur nennen, ist nur ein Konstrukt und eine Projektion unserer Vorstellungen. Nur der Mensch ist zum Dialog fähig.

- Die Natur schweigt. Aber wir können sie in ihrer Existenz durch ihre Widerständigkeit erfahren.

- Die Sprache der Natur ist die Sprache der Stille. Nur wenn wir uns ihr öffnen und bereit sind, uns auf sie einzulassen, zu lauschen, zu staunen, kann die Natur uns etwas offenbaren.

- Die Sprache der Natur ist die Sprache der Seele. Innere und äußere Natur entsprechen sich.

- Wenn wir der Natur als Führerin folgen, werden wir niemals irregehen. Wir müssen lernen, ihre Sprache zu verstehen und unser Leben im Einklang mit ihren Prinzipien zu gestalten, wenn wir als Menschheit überleben wollen.

Die Natur sagt uns gar nichts...

klingt für mich als Naturerlebnispädagogin zunächst provokativ. Sicher gibt es Menschen, die so naturentfremdet und kommerziell orientiert sind, daß sie z.B. einen Wald nur noch als Festmeter Holz wahrnehmen und ihnen die Natur nichts sagt, weil sie keinerlei Beziehung zu ihr haben.

Aber zu behaupten, daß die Natur niemand etwas sagt? Es ist durchaus wichtig, darauf aufmerksam zu machen, daß das was wir Natur nennen, zunächst unsere Vorstellung von ihr ist. Auch ist die erkenntnistheoretische Frage, was das letztendlich ist, was wir wahrnehmen und erkennen können, bedeutend, alt wie die Menschheit und ungelöst. Auf jeden Fall kann ich mich der Meinung anschließen, daß die Vorstellungen, inneren Bilder, die Metaphern und Assoziationen, die wir von Natur haben und verwenden, letztendlich unsere Beziehung zur Natur beschreiben. Sie sind Ausdruck der Zeitgeistes und im Laufe der Kulturgeschichte einem Wandel unterworfen (Vgl. Heinz Röhle 1998, S. 189).

Die Aussage "Die Natur sagt uns gar nichts" hat einen weiteren bedeutsamen Aspekt: Sie will davor warnen, Natur als normativen Bezug zu nehmen. Die Natur ist weder gut noch böse und sagt uns auch nicht, wie wir handeln sollen. Sie ist einfach. Die Natur ist das "Geborene", das "Ursprüngliche", die "natürliche, von Geburt an gewachsene Besonderheit eines Lebendigen", die "Wesensart eines Seienden, wie es sie vom Ursprung her besitzt", der "technisch unberührte Zustand des Kosmos", die innere Wirkgesetzlichkeit der im Kosmos vorhandenen Kräfte" (Duden-Lexikon 1964).

Wir können nun die Position einnehmen, daß das was ist, anzuerkennen ist, eben weil es ist. Das was von Natur aus da ist, muß einen Sinn haben, sonst wäre es nicht. Diese Position besagt allerdings noch nicht, daß die Natur uns auch sagen würde, was wir sollen. Ich stimme zu, daß dies ein nicht ungefährlicher "naturalistischer Fehlschluß" wäre (Vgl. Birnbacher 1997, S. 217-241).

Den ethischen Diskurs über unser Tun und Unterlassen können wir nicht mit der Natur führen und die Verantwortung dafür, wie wir Kultur gestalten und wie wir mit der Natur umgehen, tragen wir selbst.

Für die Pädagogik ergibt sich aus meiner Sicht, daß es eine zentrale Aufgabe ist, das Gespräch über unsere Beziehungen zur Welt anzuregen und damit an ein Grundbedürfnis jedes Menschen anzuknüpfen, sich über existentielle Fragen und Wertorientierungen auszutauschen. Bewährt hat sich die Methode des "alltagsphilosophischen Gesprächs" von Helmut Schreier. Ein Anlaß ist leicht bereitgestellt: Naturgegenstände, ein Gedicht, die aktuelle Jahreszeit. Wichtig ist es dann, Fragen zu stellen, die nicht so leicht naturwissenschaftlich zu beantworten sind, z.B. "Was ist das Tote an der Natur?" angesichts eines Herbstblatts. Solche Fragen regen das Gespräch über Natur, Ästhetik, Sinn und Ethik an. Natürlich gilt es dabei, die Vielfalt der persönlichen Erfahrungen, der Sinnbilder, Metaphern und symbolischen Bedeutungen, die jeder Mensch für sich mit Natur verbindet, mit Respekt anzuschauen und wertzuschätzen. Es ist aufschlußreich zu betrachten, was uns unterscheidet und was uns aber auch alle verbindet.

Die Natur schweigt...

doch das bedeutet nicht, daß sie nicht existiert. Wir erfahren sie, auch wenn sie nicht zu uns spricht, darin, daß sie uns Widerstand leistet, daß sie sich unserer Verfügbarkeit entzieht (Vgl. Dünne/ Kreuzinger 1998).

Diese Widerständigkeit, dieses Eigenleben der Natur erfahren wir am konkretesten am eigenen Leibe. Auch unser Leib "schweigt" meistens, insofern er für uns so selbstverständlich funktioniert, daß wir ihn kaum noch wahrnehmen. Und doch ist seine Existenz als unabhängiges und von uns nicht konstruiertes Sein in rhythmischen Abständen erfahrbar, sobald ein inneres Ungleichgewicht entsteht: wir haben Hunger, Schmerzen, sind müde etc. Auch unsere innere Natur entzieht sich unserer Verfügbarkeit.

Die Natur schweigt und mit diesem Schweigen können sich auch dunkle Abgründe auftun.

Die Begegnung mit dem Schweigen der Natur ist die Begegnung mit dem "Anderen", dem Fremden, dem Geheimnisvollen, Unbenennbaren, Unbestimmbaren. Es ist auch die Erfahrung des Getrenntseins, des Zwei-fels. Man denke nur an das "eiserne Schweigen des Berges", das viele Bergsteiger im verzweifelten Kampf um ihr Leben bei einem Wettersturz am Berg empfinden.

Wenn einen der Zweifel am Sinn der eigenen Existenz überfällt, mag man sich durch das Schweigen der Natur und ihre fehlende Anteilnahme am eigenen Schicksal noch tiefer ent-zweit und verlassen fühlen.

Und doch kann dabei die Erfahrung der Widerständigkeit, des Eigenseins der Natur wiederum eine Heilende sein: Es gibt etwas Anderes, Mächtiges, das unabhängig von mir existiert. Was ist dieses Andere, diese Natur, die mich anschweigt, dieses Fremde, dem ich mich bisher vielleicht nie bewußt zugewendet habe und das sich meinem Verstehen und meinem Wollen völlig entzieht?

"Vielleicht liegt der Zugang zur Spiritualität nicht hinter dem Tor des Verschmelzens und Einswerdens mit der Natur, sondern jenseits der Pforte der Fremdheit, jenes unauflösbaren Anderen, das sich nicht vereinnahmen und nicht unseren Zwecken subsumieren läßt. Es ist das Beunruhigende, das mir und meinen Sinngebungen Entgegenstehende. Es ist das Anlitz des Anderen." (Schreier 1995, S. 181).

In dieser Hinsicht sind die erlebnispädagogisch geförderten Erfahrungen elementarer Naturkräfte, gerade auch mit ihren abweisenden, befremdenden, zerstörerischen und furchterregenden Aspekten von großer Bedeutung. Sie sind nachhaltig prägend, regen zum Fragen und Infragestellen an und können Erfurcht vor der Natur wie auch, als Kontrasterfahrungen, Dankbarkeit fördern.

 

Die Sprache der Stille...

ist nicht stumm. Wenn es mir gelingt, meine lauten Gedanken, Meinungen, Vorstellungen zum Schweigen zu bringen, in meinem weltergreifenden Wollen innezuhalten und ich mich mit allen Sinnen öffne, kann mir die Stille der Natur etwas offenbaren.Zielloses Umherstreifen, zweckfreies Schauen, vorbehaltloses Lauschen öffnen Räume. "Die Magie, der Zauber der Natur lockt unsere Wahrnehmung heraus aus der gewohnten Verhaftung mit unseren Vorstellungen, Phantasien und Gedanken. Es entsteht eine Bewegung von innen nach außen, wir beginnen zu schauen, zu horchen und zu staunen: die Welt ist voller Wunder." ( Vgl. Wernher P. Sachon 1998).

Es hat eine besondere Qualität, Natur nur wahrzunehmen und zu beschreiben, ohne gleich einen Sinn überzustülpen. Dem, der sich mit Interesse der Natur zuwendet, öffnet sich eine faszinierende Vielfalt der Ausdrucksweisen des Lebendigen, der Möglichkeiten, die Anforderungen des Daseins zu bewältigen. Dem Schauenden zeigt die Natur unerschöpfliche Variationen der Schönheit. Der Lauschende nimmt wahr: die Stille der Natur ist voller verschiedener Klänge und Harmonien.

Die in der Stille erst mögliche Beobachtung eines einfachen und gleichsam faszinierenden Phänomens mag einen Schlüssel zum Geheimnis des Seins liefern: Ohne Resonanz kein Ton. Um einen Ton wahrnehmen zu können, müssen wir zum Resonanzkörper werden. Erst im Freiraum, den die Stille öffnet, können Klänge Widerhall finden. Erst in der Hingabe an das Andere kann Begegnung geschehen.

"Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort" Damit spricht Eichendorff ein Mysterium an, welches Christen als: "Am Anfang war das Wort" bekannt ist und das die Aborigines Australiens leben, indem sie die Welt entlang der Songlines ihrer Ahnen ins Dasein singen.

" Das Land muß also zuerst als Vorstellung im Kopf existieren? Und dann gesungen werden? Erst dann kann es als existent bezeichnet werden? Mit anderen Worten "existieren" bedeutet "wahrgenommen werden?" (Chatwin 1992, S. 25).

Wahrnehmen erfordert eine Bewegung, ein "in Beziehung treten". Erst wenn wir unsere Sinne öffnen und dadurch mit der Welt Kontakt aufnehmen, indem wir uns ihr "gespannt" zuwenden wie ein Resonanzkörper (man bedenke, daß "Tonus" Spannung bedeutet), können uns Töne und Bilder begegnen und damit Sinn entstehen. Dann können wir selbst erleben, was inzwischen auch wissenschaftlich anerkannte Tatsache ist: es gibt nichts, was ohne etwas anderem wäre. Alles ist mit allem verbunden.

Die Sprache der Seele...

offenbart uns in Metaphern und Symbolen etwas über die Beziehung zwischen Selbst und Welt, zwischen innerer und äußerer Natur.

Unsere Aneignung von Welt geschieht über Symbolisierungsprozesse. Der Begriff Symbol stammt von "Symbolon" d.h. "Erkennungszeichen" und von "Symbalein", was "Zusammenfügen" bedeutet. Nach C.G. Jung und V. Kast ist das Symbol "ein sichtbares Zeichen einer auch unsichtbaren ideellen Wirklichkeit...Es ist durch einen Bedeutungsüberschuß gekennzeichnet: in etwas Äußerem kann sich etwas Inneres offenbaren, in etwas Sichtbarem etwas Unsichtbares, in etwas Körperlichem etwas Geistiges, in einem Besonderen das Allgemeine...Das Symbol ist Brennpunkt der psychischen Entwicklung und Träger der schöpferischen Entwicklung in einem Wachstumsprozeß...Wenn wir zu einem Symbol Beziehung aufnehmen, dann wird alles, was mit diesem Symbol verbunden ist, plötzlich lebendig" (Kast 1997a, S. 20, 27 und 40).

Symbole verdichten Erfahrungen und eröffnen neue Räume: Räume der Imagination und Sinnbildung, Räume der Poesis, der Neuschöpfung. Durch Lieder und Bilder, durch Gedichte und Kunstwerke schöpfen wir die Welt neu, d. h. wir erneuern unsere Beziehung zu ihr.

"Der Raum der Imagination ist der Raum der Freiheit...der Raum der Erinnerung, aber auch der Raum der aktuell in die Gegenwart hereingeholten Zukunft...Imagination steht im Zusammenhang mit der äußeren, erfahrbaren, konkreten Welt, bildet diese ab, verändert unser Erleben und verändert auch dadurch wiederum diese äußere erfahrbare Welt." (Kast 1997b, S. 11).

Natursymbole und Naturmetaphern spielen dabei eine besondere Rolle. Sie treten in allen Kulturen, Mythologien, Religionen, in vielen Sprachen, Kunstwerken und Träumen auf; in vielfältigen Variationen zwar, aber im Kern sind es immer die gleichen universellen Urbilder, Muster, Elemente, Qualitäten oder Wirkkräfte.

Die Natur ist eben nicht irgendein Thema und irgendein Ort, den wir besuchen: Sie ist unser Zuhause, unser Ursprung, unsere physische, psychische und geistige Heimat. Die Begegnung mit der Natur und mit mir selbst in der Natur, die bewußte Wahrnehmung der archetypischen Wirkmuster innerer und äußerer Natur ist daher Selbsterkundung und Heilung zugleich. Im Spiegel der Natur erkennen wir uns selbst, denn Natur und Psyche sind jeweils nur der Ausdruck des Anderen. (Vgl. Jung 1997)

In diesem Sinne ist die Sprache der Natur eine metaphorische, die symbolische Bildersprache der Seele. Die Erfahrung, daß uns Naturelemente, Naturlandschaften oder auch Naturwesen ansprechen, könnte auch als die Erfahrung von Resonanzen zwischen äußeren und inneren Wirkmustern und Qualitäten gedeutet werden. Denn warum sollte die Seele nicht wie die Erde die Spuren und Schätze der Geschichte bewahren? Geschützt vor den vielen verschiedenen Einflüssen und der Schnelllebigkeit an der Oberfläche durch ein über Jahrtausende konstantes Klima, bleiben tief im Inneren verborgen, Zeugnisse längst vergangenen Zeiten erhalten. Eine Höhlenerkundung ermöglicht eine Reise in die Vergangenheit des Menschseins. Die Empfindungen und Assoziationen, die bei so einer Reise durch das sinnliche Erleben aktiviert werden, sind gewissermaßen archetypisch und nicht beliebig. So kann eine Höhlenerkundung Urängste oder Urgefühle der Geborgenheit wachrufen, sie kann auch als Vertiefung in die unteren Schichten des Unbewußten erlebt werden. Sich die auftauchenden Empfindungen und Bilder, Metaphern und Symbole anzuschauen und sich darüber auszutauschen ist ein Schritt zur Bewußtwerdung unserer gewordenen Differenzierung und Komplexität bei gleichzeitiger Verbundenheit im gemeinsamen Evolutionsstrom allen Lebens.

Naturmetaphern haben aus meiner Sicht und Erfahrung eine grundlegend andere Qualität für die seelische Gesundheit als technische Metaphern. Denn Natur ist lebendig, schöpferisch und vielfältig und somit unerschöpflich. Naturmetaphern sind aus dem gleichen Stoff wie das Leben selbst. Sie öffnen unerschöpfliche Freiheitsräume zur Entfaltung unserer Kreativität und verbinden uns dennoch mit unseren Wurzeln. Sie schaffen einen lebendigen Bezug zum Urgrund des Seins, zur Essenz des Lebendigen und geben uns somit einen haltenden Grund. Der metaphorische Raum ist der Raum der "Religio", der seelischen Verbindung zwischen individuellem Selbst und lebendigem Kosmos.

Eine der großen Gefahren der Naturverarmung, der Zerstörung der Vielfalt der Natur sehe ich in der Gefahr der Innenweltverarmung. Die Gefahr der Verarmung an schöpferischen Potentialen in Natur und Psyche ist zudem gegenseitig bedingt. Der Eroberungszug der Technisierung und Zubetonierung überrollt und verschmutzt nicht nur die äußeren Welten, sondern als technische Metaphorik auch unsere Innenwelten.

Das übermäßige "Surfen auf der Datenautobahn und in den virtuellen Welten des Internets" beinhaltet meines Erachtens nicht zu unterschätzende Gefahren der Verirrung, des Wirklichkeitsverlustes und der Verarmung der Seele. Viele technische Metaphern suggerieren zudem, daß prinzipiell alle Probleme technisch lösbar sind. Daß das Leben jedoch im Grunde nicht programmierbar ist und die Natur sich immer wieder unserer Planungs-, Regelungs- und Kontrollwut entzieht und allmählich verschwindet, erleben wir täglich. Wir stecken auf einer Gratwanderung mitten im dichtesten Nebel, doch sind zu stolz umzukehren!

Wenn wir uns von der Technik faszinieren lassen, dürfen wir dabei nie vergessen, daß auch die Technik sich immer die Natur zum Vorbild genommen hat und im Grunde dem Menschen und der Welt dienen soll und nicht umgekehrt. Auch die Technik braucht zu ihrer Evolution Naturmetaphorik, um die Ordnung des Lebendigen nicht auf den Kopf zu stellen und letztlich gegen uns selbst zu richten.

Beruhigend ist, daß die Seele in ihrem Urgrund Natur ist und somit die Datenautobahn wohl nicht so leicht zum Sinnbild des Lebens werden kann. Das ist für Bäume anders: "Bäume gelten als Symbol des Lebens, weil sie Leben sind: nach der Winterstarre (dem symbolischen Tod) schlagen sie jedes Frühjahr wieder aus, grünen, wachsen und tragen Früchte, ganz ohne unser Zutun. Im Baum sieht der Mensch Kräfte am Werk, die er aus sich selber kennt. So kann er sich als Teil der Welt, als in ihr gedeihend erfahren." (Weber 1997, S. 160).

Laß die Natur sprechen...

wenn Du nicht mehr weiter weißt. "Die Natur ist zwar nicht an sich eine Führerin, denn sie ist nicht um des Menschen Willen da...Aber wenn wir der Natur als Führerin folgen, werden wir niemals irregehen." (Jung 1997, S. 14). Die Natur sprechen lassen, meint wirklich das Wesenhafte, das Andere sprechen zu lassen, nicht die eigenen Ziele, Wünsche und Vorurteile, das individuelle menschliche Streben und Wollen in projizierter Form.

Im Gegensatz zu denen, die glauben, wir wären dazu verdammt, immer nur den eigenen Konstrukten zu begegnen, behaupte ich, daß es möglich ist, dem Anderen, Wesenhaften zu begegnen. Das andere Wesen ist es, das uns wahrhaftig anrührt und wir nennen es schön, fremd und heilig.

"In der Erfahrung des Schönen blitzt auf, wie wir mit der Welt verbunden sind. Wir entdecken im Anderen etwas von uns selbst und in uns selbst etwas vom Anderen." (Weber 1997, S. 160)

Der Biologe E. O. Wilson meint, daß der Mensh ohne das Erlebnis des Naturschönen seelisch zu verkümmern drohe. Das sei vielleicht die größte Gefahr der Umweltzerstörung, weil wir das Gefühl dafür verlieren, daß wir ein Teil der natürlichen Welt sind. Denn Wesenhaft zum Naturschönen gehört das Erlebnis des Kreislaufes von Werden und Vergehen, Tod, Verwandlung und Neugeburt. "Darin, daß sie droht, diese Hoffnung zu vernichten (daß das Leben immer wieder neu aus dem Tod entsteht), liegt die unheimlichste Dimension der Umweltkrise. Denn auch zerstörte Natur wirkt als Symbol: der leergeräumte Garten Eden, zusammengepferchte Tiere und siechende (Lebens-)Bäume verheißen nichts als Stillstand und Auswegslosigkeit. Ohne den symbolischen Spiegel des Naturschönen aber sind unsere Emotionen heimatlos. Die Folge ist der herrschende globale Narzismus...", sind unstillbare Sehnsucht und ungehemmte Gier und ein Teufelskreis der Zerstörung von Natur und Kultur (Weber 1997, S. 164).

Diese Folgen müssen aber nicht sein. Wenn wir die Natur sprechen lassen, können wir überall ihre Hilferufe wahrnehmen. Und überall können wir, sogar im grauen Beton, die Hoffnung keimen sehen. In Wüsten liegen Millionen von Samen, geduldig schlafend, bis das Wasser des Lebens kommt und sie zu neuem Leben erweckt.

"Des Menschen Seele gleicht dem Wasser" schrieb Goethe und in diesem Gleichnis offenbart sich ein Weg zur Heilung. Für unsere Seele ist die Welt nur lebendig, sinnvoll und schützenswert, wenn wir sie wahrnehmen und durch unsere Wertschätzung und Liebe ins Dasein rufen. Ohne die Verwurzelung des Herzens sind wir den Labyrinthen des Denkens ausgeliefert und sind unfähig die Stimme der Erde wahrzunehmen.

Von der Natur lernen...

bedeutet zunächst die vielfältigen Ausdrucksweisen des Lebendigen wahrnehmen, beobachten, wertschätzen, vergleichen und verstehen lernen.

So kann mir das eine oder andere Lebewesen mit seinen besonderen Fähigkeiten ein Vorbild sein für etwas, was ich selbst gerade an Qualitäten entwickeln möchte: "Auch von der Schlange, die durch den Wüstensand gleitet, können wir etwas lernen, wenn wir betrachten, wie oft sie ihre äußere Hautschicht abwirft...Es ist notwendig, sich hin und wieder von alten Überzeugungen, Gewohnheiten, Meinungen und sogar Weggefährten zu trennen. Für die Menschen ist es oft schwierig loszulassen. Das Abwerfen ihrer alten Haut bedeutet für die Schlange weder Verlust noch Gewinn. Es ist einfach nur notwendig. Wo kein Platz ist, kann auch nichts neues gedeihen." (Morgan 1995, S. 139).

Daß die Natur vielen Menschen etwas sagt, spiegelt sich unübersehbar in Dichtung, Literatur und Kunst und jede(r), die/der naturpädagogische Workshops macht, kann dies bestätigen.

"Den eigenen Rhythmus finden, Dauerhaftigkeit und Veränderung im Gleichgewicht halten, Entfaltung braucht gute Verwurzelung, die Sonne ist die nachhaltigste Energiequelle, so auch unsere innere Sonne..." all dies sagt die Natur uns auf ihre vielfältigen Weisen.

Lernen können wir vor allem, durch eigene Anschauung und persönliche Erfahrungen, was Grundprinzipien der Ökologie sind. Ökologie ist nachhaltige Wirtschaftsweise. Die Natur lebt sie uns vor, z.B. daß es jeweils auf das richtige Maß ankommt: Ohne Wasser kein Leben, aber wenn zuviel Wasser da ist, droht alles zu ertrinken.

Gerade der naturwissenschaftliche Geist, der vorurteilsfrei und nüchtern die Natur beobachtet in ihren Beziehungen und Gesamtzusammenhängen, kann eigentlich nur fasziniert sein. Jeder Organismus strebt seine individuelle Verwirklichung und Arterhaltung an und dient dennoch gleichzeitig auf seine besondere Weise der Gesundheit und Entfaltung des Organismus nächster Ordnung, dessen Teil und Organ er ist. Die Natur liefert uns unzähliche Vorbilder für zukunftsfähige Wirtschaftsweisen und im Grunde können wir nur in der Natur Modelle für technische Innovationen finden, die im Einklang mit den universalen ökologischen Prinzipien stehen.

Alles in der Natur hat seine Qualitäten, wir müssen sie nur wahrnehmen lernen. Sogar ein Virus kann zu unserer Entwicklung beitragen, indem er ein Ungleichgewicht auslöst und dadurch unser Immunsystem zur Tätigkeit zwingt und stärkt. Ungleichgewichte sollten uns alarmieren und zur Tätigkeit anspornen. Das was die Natur damit ausdrückt, sollten wir nicht überhören oder ignorieren.

Äußere und innere Ökologie funktionieren nach den gleichen Prinzipien: das was da ist, hat seine Funktion und will anerkannt und integriert werden. Das jeweils richtige Maß finden und den Prozessen ihre Zeit geben lautet die Herausforderung. Wenn wir aber die Vielfalt zerstören, weil wir das sogenannte Böse ausrotten wollen, zerstören wir damit auch unsere Grundlagen für eine weitere schöpferische Entwicklung.

Die Natur verstehen lernen bedeutet also uns selbst verstehen lernen, woher wir kommen, wie wir geworden sind, wie unsere Lebensgrundlagen sind und nach welchen altbewährten Gesetzen sie funktionieren. Das Erleben der Natur ist vom Erleben der eigenen Person nicht zu trennen. Es gibt für die Seele nicht innen und außen. Es gibt kein von der Welt getrenntes Selbst, das es zu entdecken, zu entwickeln, zu heilen gibt. Es gibt nur ein Selbst in seinen Beziehungen, eine Welt, die aus Beziehungen besteht.

Im Kontakt mit dem Anderen der Natur erfahren wir das Spektrum unserer Möglichkeiten, unserer Fähigkeiten und unserer Grenzen als Spezies Mensch. Wenn wir weiterleben wollen, haben wir als Spezies nur eine Chance: Unser Leben, unsere menschliche Kultur, unsere konstruierten Welten im Einklang mit unserer Geschichte, unserem Naturerbe, der Ordnung des Kosmos, in den wir eingebettet sind, zu gestalten, indem wir die universellen ökologischen Prinzipien respektieren. Ein Grundprinzip ist das des Gebens und Nehmens. Daher möchte ich folgende Frage stellen: Was können wir Menschen der Erde geben, damit sie sich besser entfalten kann als ohne uns? Was kann unser spezifischer Beitrag sein zur Verwirklichung der Natur, dessen Teil wir sind?

Pädagogische Folgerungen

Pädagogik hat für mich mehr mit dem Anzünden und Weitergeben der Flamme zu tun als mit dem Füllen eines Gefäßes. Wenn ein Mensch Verantwortung übernehmen soll für sein eigenes Handeln und wir seine Beteiligung an der Gestaltung einer zukunftsfähigen Kultur fördern wollen, kann er das nur aus dem seelischen Raum heraus, indem über Symbolisierungsprozesse Beziehungsbildung, Sinnfindung und Sinnstiftung stattfindet.

Die Arbeit mit Metaphern und Symbolen ist daher pädagogisch ein sehr starker Zugang, aber eben auch ein Zugang, der viel Sensibilität und Verantwortungsbewußtsein erfordert. Wie ich versucht habe darzulegen, berühren Metaphern den empfindlichen Bereich der Emotionen und des Unbewußten, der Instinkte und der Intuition. Die Stärke von Metaphern liegt in dem Raum, den sie öffnen, indem sie zwei Welten, die zunächst nichts miteinander zu tun haben scheinen, zusammenfügen: es entsteht ein Dialog und ein schöpferischer Prozeß. Einzelwirklichkeiten, Einzelaspekte des Lebens werden in fruchtbarer Weise miteinander verbunden. So können wir zu neuen Lösungen kommen, die jenseits der Möglichkeiten des rationalen Verstandes liegen.

Wenn eine Metapher uns anspricht, anrührt, laden wir sie mit psychischer Energie auf, wir knüpfen Emotionen, Erlebnisse, Erinnerungen, Bilder, Einzelwissen mit daran und versuchen eine Ganzheit, eine sinnhafte Gestalt zu bilden. Damit ist ein wichtiger Zugang zu Metaphern angesprochen: die sinnliche Erfahrung. Ein Sinneserlebnis kann ganze Assoziationsketten im Unbewußten aktivieren und wenn wir sie mit Bedeutungsinhalten verknüpfen, mit Werten und mit Bildern, kann auf diese Weise eine sehr einprägsame und wirksame Metapher entstehen.

Damit möchte ich meine Einstellung, die aus den vorherigen Ausführungen bereits sichtbar wird, nochmal zusammenfassen: Ich glaube, daß Metaphern sich uns anbieten, wenn wir für sie offen sind. Die Natur spricht uns an, wenn ein seelischer Resonanzboden vorhanden ist. Dafür gilt es vorrangig Sinneswahrnehmungen zu schärfen, Stille zu ermöglichen und schöpferisches Verknüpfen anzuregen, z.B. durch sorgsam ausgewählte Gedichte.

Ich glaube aber nicht, daß wir Metaphern vorgeben können, um ein eng definiertes Ziel zu erreichen, wie es teilweise in der erlebnispädagogischen Literatur besprochen wird. Ich möchte auch davor warnen, Natur für unsere noch so gut gemeinten pädagogischen Ziele zu instrumentalisieren und damit zu reduzieren. z.B. in einem Stein nur noch ein Hindernis auf dem Weg zu sehen oder vorzugeben, daá die Kanufahrt nun eine Reise auf dem Fluß des Lebens sei. Die Wirkungen können wir nicht vorausplanen, ebensowenig die metaphorischen Bezüge. Daher ist eine gewisse Offenheit notwendig. Man kann generell anregen, sich zu fragen, was das, was wir jetzt hier in der Natur erleben für unser(e) Leben(sgestaltung) bedeuten kann.

Die Aufmerksamkeit zu focussieren, um einen seelischen Brennpunkt zu schaffen, hat sich allerdings als hilfreich erwiesen. Man versucht gemeinsam ein Thema zu finden, an dem die Gruppe arbeiten möchte, weil es ihr aktuelles Gruppenthema ist, zum Beispiel "Begegnung" oder "Trennung". Nachdem so ein Thema für einen Prozeß steht, der Zeit braucht, sollte man sich Zeit nehmen: Naturbeobachtung, das Finden eines Natursymbols zum Thema, das Schreiben eines Gedichts, das Führen von Naturinterviews, das Erstellen eines Naturkunstwerks, das Erfinden und Gestalten eines Rituals (jeweils zu diesem Thema) sind bewährte Methoden aus der Naturerlebnispädagogik (Vgl. auch Cornell 1994 bzw. Schlehufer/Kreuzinger 1997). Bewegend und bereichernd ist auch immer das "Sharing" nach so einer Aktion. Der Austausch der persönlichen Empfindungen und Bilder bewirkt meistens Staunen über die Vielfalt, die von einem Punkt aus entstehen kann, Respekt für das Andere und das Eigene in ihrer jeweiligen Einmaligkeit und Wahrnehmen der Allverbundenheit in der einen Welt.

In so einer "verdichteten" Atmosphäre ist es dann auch möglich, sich in einem weiteren Schritt den "Hintergrundmetaphern" zu nähern, die unsere Grundeinstellung zu Natur und Mensch prägen. Die Frage erscheint mir wichtig, ob es Metaphern gibt, die geeigneter sind als andere, die Gestaltung einer zukunftsfähigen Kultur zu fördern. Denn es macht meines Erachtens durchaus einen Unterschied, ob wir von "Mitwelt" oder von "Umwelt" sprechen, ob wir die Erde als "Mutter Natur", als "lebendigen Organismus" oder als "Raumschiff" bzw. als "gigantischen Computer" betrachten.

Denn mit Metaphern gestalten wir auch die Welt.

 

Literatur

Birnbacher Dieter: Natur als Maßstab menschlichen Handelns. In Birnbacher D. (Hrsg.): Ökophilosophie. Stuttgart 1997

Chatwin Bruce: Traumpfade. Frankfurt am Main 1992

Cornell: Journey to the heart of nature. Nevada City 1994

Dünne Jörg/ Kreuzinger Steffi: Das Schweigen der Berge. In: e&l 3&4/98, S. 49-51

Gebhard, Ulrich: Kind und Natur - Die Bedeutung der Natur für die psychische Entwicklung. Opladen 994

Jung C. G.: Über die Natur - Das vergessene Wissen der Seele. Zürich & Düsseldorf 1997

Kast Verena: Die Dynamik der Symbole. München 1997a

Kast Verena: Imagination als Raum der Freiheit. München 1997b

Morgan Marlo: Traumfänger. München 1995

Novalis: "Die Lehrlinge zu Sais - Die Natur".

Röhle Heinz: Alpinismus und Natur. In: Schöne neue Alpen. München 1998

Schlehufer Anke/Kreuzinger Steffi: Natur Erlebnis Ferien. Alling 1997

Schreier Helmut: Ein Fußgänger auf der Reise in der Neuen und in der Alten Welt. Heinsberg 1995

Wernher P. Sachon: Psychotherapeutisches Arbeiten in und mit der Natur. In: Paracelcus-Report Heft 4/1998

Weber Andreas: Was ist so schön an der Natur? In: Geo-Wissen: Sinne und Wahrnehmung. Hamburg, Sept. 1997

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in „Schödlbauer, Paffrath, Michl: Metaphern- Schnellstraßen, Saumpfade und Sackgassen des Lernens. Internationaler kongress erleben und lernen." Ziel-Verlag 1999

 

 

Thesen zu notwendigen Veränderungen des Lernens und der Lernförderung

Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Dohmen

Wir sind z.Zt. konfrontiert mit gravierenden Problemen unserer Zukunftssicherung: demographischen Verschiebungen, steigender Arbeitslosigkeit, wirtschaftlichem Abschwung, Krisen des Gesundheitswesens, des Bildungswesens, der sozialen Sicherungssysteme, der Zuwanderer-Integration, der ökologischen Lebens- und Versorgungsgrundlagen, verkrusteter Verwaltungsstrukturen usw.

Es scheinen sowohl bei den sog. Eliten wie in breiteren Bevölkerungsschichten zunehmend Kompetenzen, Qualifikationen und eine flexible Handlungs- und Veränderungs-Entschiedenheit zu fehlen, die zu einer grundlegenden persönlichen und gesellschaftlichen Problembewältigung notwendig wären.

Ein entscheidender Ansatz zur Entwicklung dieser fehlenden Problemlösungs-Kompetenzen ist eine Erweiterung, Intensivierung und Popularisierung des lebenslangen lebensumspannenden Lernens.

Lernen" wird dabei in einem entgrenzten Sinne als offenes konstruktives Verarbeiten von Eindrücken, Informationen, Erfahrungen in den verschiedensten Lebensbereichen – d.h. nicht nur in besonderen Lernveranstaltungen, sondern maßgebend auch am Arbeitsplatz, im sozialen und natürlichen Umfeld und mit verschiedenen Medien – und als ihre verstehende und deutende Einbeziehung in persönliche Vorstellungszusammenhänge und Verhaltensdispositionen verstanden.

Dieses entgrenzte konstruktive Lernen in der gesamten Lebens-Umwelt ist zugleich eine Antwort auf die Entgrenzung in der modernen Medienwelt und in der Arbeitswelt, in der es immer weniger stabile, einbahnige ortsfeste Berufslaufbahnen gibt.

Die zwiespältige Situation auf dem Arbeitsmarkt, dass wir einerseits 4 Millionen Arbeitslose , andererseits aber einen gravierenden Mangel an qualifiziertern Arbeitskräften haben, ist eine große Herausforderung zur breiteren Entwicklung bisher brachliegender Kompetenzen in den verschiedensten Tätigkeitsbereichen und Bevölkerungsschichten. Die Greencard-Politik der Abwerbung qualifizierter Kräfte aus anderen Ländern bietet sich heute als eine bequemere Notlösung an, aber sie löst nicht unser Grundproblem einer wachsenden Zahl von „Verlierern" im Bildungs- und Arbeitsbereich in unserer eigenen Bevölkerung. Dabei ist das Verhältnis zwischen breiterer Grundlagenbildung und Elitebildung ähnlich wie beim Sport, wo der Breitensport die Basis ist auch für den Spitzensport.

Die Entwicklung bisher brachliegender Kompetenzpotenziale wird aber weniger durch Belehrungen als durch die aktive Auseinandersetzung mit entsprechenden Anstößen, Problemsituationen, Herausforderungen, d.h. durch ein situationsbezogen-kreatives, tätigkeits- und problemlösungsbestimmendes Lernen bewirkt.

Ein solches stärker lebensorientiertes handlungsbezogenens lebenslanges Lernen ist heute für alle Bürgerinnen und Bürger notwendig, da alle – mehr oder weniger – von aktuellen Umbrüchen und neuen Entscheidungs- und Verhaltensanforderungen betroffen sind.

Die meisten Menschen sind aber – aus den verschiedensten Gründen – nicht bereit, ihr Leben lang immer wieder an organisierten Bildungsveranstaltungen teilzunehmen.

Und doch lernen sie alle – z.T. unbewußt – ständig auf eine mehr informelle Weise in ihren alltäglichen Lebens-, Arbeits- und Medienzusammenhängen.

Dieses informelle Lernen ist kein fachsystematisches, sondern ein praktisches, situations- und anlaßbezogenes Lernen, das möglichst unmittelbar helfen soll, in einer komplexen Umwelt besser zurechtzukommen und das deshalb auch meist als sinnvoll und persönlich bedeutsam erfahren werden kann.

Wenn wir erreichen wollen, dass alle Menschen bewußter und kontinuierlicher lebenslang weiterlernen, müssen wir an dieses informelle Lernen, das allen schon vertraut ist, anknüpfen, es aufnehmen, anerkennen, unterstützen und ergänzen.

Das macht auch eine stärkere Umstellung des organisierten formalen Lernens vom vorwiegend verbal-wissensvermittelnden Auf-Vorrat-Lernen für eventuelle spätere Anwendungen zu einem unmittelbarer lebens- und erfahrungsnahen , handlungsbezogenen, praktischen Lernen notwendig, in das dann das informelle lebensimplizite Lernen einfließen kann.

Wichtige lernorganisatorische Ansätze sind dabei

- das erkundende, recherchierende, explorierende Lernen, das gezielt die Umweltzusammenhänge erkundet, in denen die Menschen leben und arbeiten, und

-das virtuelle situative Lernen in medial präsentierten bzw. simulierten Problemsituationen, die zu lernender Auseinandersetzung und Problemlösung herausfordern.

Die Integration von formalem und informellem Lernen soll es zugleich ermöglichen, dass das oft zufällig-unzusammenhängende, auf den eigenen Erfahrungskreis beschränkte praktische informelle Lernen ergänzt wird durch horizonterweiternde, andere Perspektiven öffnende, zusammenhangstiftende und systematischer reflektierende Lernanstöße und Lernhilfen.

Das erweiterte lebenslange Lernen an den verschiedensten Lernorten wird in stärkerem Maße ein von den Lernenden selbst gesteuertes Lernen sein müssen, das von den Betroffenen jeweils auf aktuelle Lernsituationen und persönliche Lernbedürfnisse und Lernvorausetzungen bezogen wird.

Für die Arbeits- und Innovationsfähigkeit in der Wirtschaft bringt Lernen als Reaktion auf Belehrung wenig. Da wird vielmehr die frühzeitige Befähigung zu einem selbständigeren Problemlösungslernen in praktischen Handlungs- und sozialen Kooperationszusammenhängen immer wichtiger.

Aber auch ein lebens- und praxisnäheres, direkteres, selbstbestimmteres Lernen braucht besondere stützende Infrastrukturen, wenn es nicht die einzelnen Lernenden und Lernergruppen überfordern soll.

Zu den lernanregenden Stützfaktoren und lernfördernden Infrastrukturen gehören vor allem

- Lernservice-Einrichtungen, in denen alle interessierten Bürger/innen sich über Lernmöglichkeiten, Lernpartner, Experten, Lernmaterialien, technische Hilfen, Lernberatungsmöglichkeiten etc. informieren und in denen sie auch persönliche Hilfen bei Lernproblemen finden können,

- Lernnetzwerke, die alle Lern- und Lernserviceangebote in der Lebens-, Arbeits-, Bildungs- und Medienumwelt der Menschen so übersichtlich (möglichst in modularisierter Aufbereitung) zusammenstellen, dass sie „just in time" und „on demand" abgerufen werden können, und

- Bildungsberater, Supporter, Lernagenten, LLL-Animateure, Bildungs-Hostessen etc., die an verschiedenen Brennpunkten des LLL zur Unterstützung akuter Lernprozesse angesprochen werden können.

Je mehr sich ein für die Menschen hilfreiches und interessantes Lernen in allen Lebensbereichen entwickelt, desto mehr wird in der gesamten Umwelt der lernenden Menschen eine lernfördernde Lernkultur wachsen, die auch von vielfältigen bürgerschaftlichen Aktivitäten und Initiativen getragen wird ( Lernläden, Lernagenturen, Lernberatungsbüros, Expertenvermittlungsdiensten, Recherchestationen usw.)

Die Umstellung des LLL auf ein praktischeres, direkter handlungs- und anwendungsbezogenes Lernen soll die natürliche Neugier aus der noch nicht verschulten Kindheit wieder wecken und das Lernen wieder zu einem spannenden Prozess machen. Und sie soll dadurch dazu beitragen, dass bisherige Verlierergruppen (besonders Menschen aus anderen Sprach- und Kulturräumen, Schulversager, Alte und Arbeitslose ohne Zukunftsperspektiven, etc.) einen ihnen angemesseneren (z.B. von der Vertrautheit mit deutschen Mittelstands-Sprachstrukturen unabhängigeren) Zugang zum LLL finden.

Der schon vor zwanzig Jahren vom Club of Rome beschriebene Wettlauf zwischen komplexer werdenden Verhältnissen und zurückbleibendem menschlichem Lernen kann von uns nur gewonnen werden, wenn das LLL zunehmend von allen Menschen als ein sinnvolles, natürlich-ganzheitliches Selbstbehauptungslernen in der modernen Welt praktiziert und geschätzt wird. Dazu müsste das lebensnahe lebenslange Lernen bei uns (wie z.B. in Finnland) zu einer Art neuem „Volkssport" werden.

 

 

Entgrenzung der Kompetenzen - Neue Anforderungen an die Person

Wolfgang Klenk

1.

Die nachfolgenden Anmerkungen sind geschrieben aus der Sicht der (öffentlichen) Erwachsenenbildung. Beschreibung und Aussagen mögen dabei zugespitzt erscheinen – was einerseits der Besorgnis, das bislang erfolgreiche Konzept (öffentlicher) Erwachsenenbildung könnte an seine Grenzen stoßen, andererseits dem Blickwinkel eines in der praktischen Arbeit mit der Notwendigkeit der Umsetzung allgemeiner Überlegungen in konkretes Handeln innerhalb einer Einrichtung Verantwortlichen zugeschrieben werden kann.

2.

Die aktuellen Veränderungen stellen die Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung vor neue Herausforderungen. Das hergebrachte Konzept, bei dem die konkrete inhaltliche Arbeit weitgehend von Honorarkräften getan wird, wird diesen Herausforderungen nicht mehr gerecht:

- Angesichts der ungenügenden Ausstattung der „vierten Säule" des Bildungswesens können die Veranstaltungen kaum durch hauptberufliche Pädagoginnen konzipiert und durchgeführt werden. Statt dessen werden dafür Honorarkräfte eingesetzt, die ungenügend bezahlt, nicht systematisch durch die Einrichtungen fortgebildet und nicht institutionell gegen die Risiken des Ausfallens von Veranstaltungen etc. abgesichert sind. Vereinfacht gesagt kann festgestellt werden, dass sie für die mikrodidaktische Seite der öffentlichen Erwachsenenbildung zuständig sind.

- Die hauptberuflichen Mitarbeitenden sind für die makrodidaktische Planung zuständig. Die konkrete Arbeitssituation (Verantwortung für eine Vielzahl von Veranstaltungsbereichen, zunehmender Finanzdruck) lässt ihnen nur wenig Raum für die Entwicklung neuer Konzepte.

3.

Nicht nur auf diesem Kongress werden Anforderungen formuliert, wie, besser vielleicht: wohin sich Bildungseinrichtungen verändern sollten. Schon der Titel „Wissensnetze" ist insofern Programm.

Zu fragen ist, wie die Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung diesen Anforderungen gerecht werden können, wenn gleichzeitig die staatlich gesetzten Rahmenbedingungen immer kritischer werden. Prekäre Arbeitsverhältnisse der Kursleitenden, zunehmender wirtschaftlicher Druck auf die Einrichtungen und ihre Mitarbeitenden und damit Reduktion der Spielräume für Experimente und notwendige Suchbewegungen und – politisch gewollt – zunehmende finanzielle Beteiligung der Individuen an den Kosten mögen hier als Stichworte genügen.

In dieser Situation müssen die Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung es schaffen, neue Konzepte zu formulieren, oder sie werden erheblich an Bedeutung verlieren.

(Ein häufig gehörtes Argument ist, Kooperation könne auch dazu beitragen, Ressourcen zu sparen. Dies ist richtig. Meiner Erfahrung nach gilt dies aber erst zu einem späteren Zeitpunkt: zunächst kostet der Aufbau von Kooperationen und Netzwerken genauso wie das Erproben neuer Veranstaltungsformen zusätzliche Ressourcen. Es ist sozusagen eine Investition in die Zukunft. Aber – um im Bild zu bleiben – die notwendigen Mittel für Investitionen müssen vorhanden sein.)

4.

Konkret notwendig werden zusätzliche Kompetenzen für Honorarkräfte. Die künftigen Anforderungsprofile werden etwa folgendermaßen beschrieben:

„Lehrende müssen beim Selbstgesteuerten Lernen zwischen Lernenden, Ziel und Inhalten vermitteln. Zu ihren Aufgaben gehört es,

- die Lernenden bei der Entscheidung über Lerninhalte und Lernwege zu beraten und Orientierung zu geben,

- die angemessenen Lernarrangements zur Verfügung zu stellen

- die Auseinandersetzung der Lernenden mit dem Lernangebot zu fördern,

- alte Lernstrategien gegebenenfalls verändern zu helfen,

- die Lernenden bei der Kontrolle der Lernergebnisse zu unterstützen und damit ihre Einschätzungsfähigkeit bezogen auf den Lernprozess und ihre Kompetenzen zu erhöhen.

Gefordert sind also nicht mehr traditionell Lehrende, sondern Lernberater, die die selbstgesteuert Lernenden in ihrem Lernprozess begleiten." (Stephan Dietrich In: Dietrich/Fuchs-Brüninghoff: Selbstgesteuertes Lernen – auf dem Weg zu einer neuen Lernkultur", Frankfurt 1999, S. 20))

Die Frage ist, wie es leistbar wird, dass Lehrende solche Kompetenzen erwerben. (Wobei der Erwerb zweifellos im Interesse auch der Einrichtungen ist)

5.

Die Planenden – konkret die hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter/innen der Einrichtungen – müssen sich m.E. vor allem zwei Anforderungen stellen:

- sie müssen in Netzwerken planen und arbeiten. (Und das auch dann, wenn Ergebnis gemeinsamer Planung ist, dass gerade keine eigene Veranstaltung zustande kommt, sondern möglicherweise eine qualitativ hochwertige, die aus guten Gründen andere Einrichtungen machen). Dazu benötigen sie Zeit und organisatorische und finanzielle Spielräume.

- sie müssen lernen interdisziplinär zuarbeiten. Dazu gehört die schwierige Balance zwischen Kenntnis der Kompetenzen anderer Professionen und der Bewusstheit eigener professioneller Stärken.
Ich will dies am Beispiel des Beratungsbegriffs deutlich Machen: Obwohl Beratung zunehmend in verschiedenen Professionen eine Rolle spielt und eingefordert wird, muss deutlich sein, dass Beratung mehr ist als qualifizierte Auskunftserteilung, dass es eine Beratungshaltung gibt und dass gut beraten zu können nicht in einem Halbtagesseminar gelernt werden kann.

6.

Die Einrichtungen müssen entschieden mehr zusammenarbeiten. Dies erfordert teilweise eine Veränderung der Organisationskultur, auch geänderte Prioritäten. Dies ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Planenden die geforderte Vernetzung auch realisieren können. Die Entwicklung neuer Veranstaltungskonzeptionen, die die Ressourcen unterschiedlicher Einrichtungen einbeziehen, das „Knüpfen von Wissensnetzen" darf nicht von Bereitschaft und Engagement Einzelner abhängig sein, sondern benötigt institutionelle Absicherung.

7.

Abschließend: Warum wird die Kooperation zwischen verschiedenen Einrichtungen der (öffentlichen) Erwachsenenbildung – hierzu gehören selbstverständlich auch Bibliotheken – nicht etwas, das politisch und finanziell gefördert wird?
Angesichts der in vielen Reden hervorgehobenen Bedeutung des lebenslangen Lernens, der Weiterbildung und ihrer Institutionen sollte diese Frage nicht mehr gestellt werden müssen.