Die Volksbildungseinrichtung Wiener Urania wurde, zehn Jahre nach der ersten Gründung der Urania in Berlin, 1898 im Rahmen der Ausstellung zum 50-jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josefs in Wien eröffnet. Sie wurde schon bald zu einer Volksbildungseinrichtung, die die neuesten Errungenschaften der Technik nutzbar machte. So führte die Urania als erste Einrichtung den Projektionsapparat, den Stummfilm und den Tonfilm in der Erwachsenenbildung ein. Wissenschaftspopularisierung und Ansätze der Public Science sind Charakteristika dieser Einrichtung. An ihrem anspruchsvollen Kurs- und Vortragsbetrieb beteiligten sich namhafte Professoren, Künstler und Intellektuelle wie Albert Einstein, Thomas Masaryk, Max Planck und andere als Vortragsredner.

Der Gastredner Wilhelm Eucken formulierte 1910 den spezifischen Zweck der Wiener Urania folgendermaßen:

„Demgegenüber sucht die Urania den Weg einer echten Popularisierung, indem sie an erster Stelle danach strebt, in die Arbeit der Forschung einzuführen, die Arbeit deutlich vor Augen zu führen, die Arbeit mit ihren Mühen, aber auch ihrer bildenden und veredelnden Kraft. Damit werden mehr Anforderungen gestellt, aber es lassen sich auch weit höhere Ziele erreichen, es kann ein solches Unternehmen auf die Forschung selbst fördernd zurückwirken, indem es sie antreibt, das Wesenhafte und den Menschen erhöhende kräftiger ins Auge zu fassen. Möchte es der Urania gelingen, in glücklichem Fortgang für ein so hohes Ziel erfolgreich zu wirken.“ (Eucken, zitiert nach Petrasch 2007, 51)

Teil des 1911 errichteten Urania Gebäudes am Donaukanal in der Nähe des Stadtzentrums, war auch das Observatorium die erste Volkssternwarte Österreichs.

Ihren, alle sozialen Schichten einschließenden, Bildungsanspruch der Neutralität formulierte Ludo M. Hartmann Anfang des 20. Jahrhunderts:

„Wir wollen ferne bleiben aller und jeder Politik, nicht aus irgendwelchen Rücksichten der Opportunität, sondern weil wir der Ansicht sind, dass die Politik nicht in die Schule und auch nicht in die Volksbildungsbestrebungen gehöre. Denn die Politik ist Sache der Parteien und der Zweck unserer Bestrebungen soll nur die Verbreitung von Bildung und Wissen sein.“ (Hartmann, zitiert nach Petrasch 2007, 33)

Nach 1945 entwickelte die Urania weitere innovative Aktivitäten wie das mittlerweile legendäre Urania-Puppentheater, erweiterte ihr Kursprogramm und wurde über die Jahrzehnte hinweg zum maßgeblichen Institut für Allgemeinbildung. 2003 wurde das Urania Gebäude generalsaniert und umgebaut.

Wilhelm Petrasch, ehemaliger Direktor der Wiener Urania, hat eine umfassende Monografie zur Geschichte dieser Einrichtung verfasst.

Archive:

Österreichisches Volkshochschularchiv: Bestand Wiener Urania

Literatur:

Filla, Wilhelm (2001): Wissenschaft für alle – Ein Widerspruch? Bevölkerungsnaher Wissenstransfer in der Wiener Moderne. Ein historisches Volkshochschulmodell. Innsbruck

Filla, Wilhelm (2010): Bildung ohne Grenzen - Wissenschaftspopularisierung als Aufgabe der Erwachsenenbildung : am Beispiel von Lernorten und demokratischen Lernformen ; in: Zeuner, Christiane Demokratie und Partizipation - Beiträge der Erwachsenenbildung. Hamburg, S.41-57

Filla, Wilhelm (2014): Von der freien zur integrierten Erwachsenenbildung. Zugänge zur Geschichte der Erwachsenenbildung in Österreich. Frankfurt a..M.

Petrasch, Wilhelm (2007): Die Wiener Urania. Von den Wurzeln der Erwachsenenbildung zum Lebenslangen Lernen. Wien

Schembor, Friedrich, Wilhelm (2010): Der Astronom Friedrich Victor Schembor und die Wiener Urania-Sternwarte. Die Geschichte der Wiener Urania-Sternwarte von ihrer Gründung bis zu ihrer Wiedereröffnung (1897-1957). Friedrich Victor Schembor – ein Leben für die Astronomie. Frankfurt a.M:

Stifter, Christian (1997): Die Erziehung des Kinos und die Mission des Kulturfilms. Zur sozialen Organisation des „guten Geschmacks“ in der frühen Volksbildung und Kinoreform in Wien 1898-1930; in: Spurensuche; Heft 3-4, S.54-68

Stifter, Christian (2005): Geistige Stadterweiterung. Eine kurze Geschichte der Wiener Volkshochschulen, 1887-2005. Weitra

Internethinweise:                                             

Lexikoneintrag Urania, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Urania_%28Wien%29

 Und: http://www.adulteducation.at/de/historiografie/institutionen/269/

Homepage der Wiener Urania mit aktuellem Programm: http://www.vhs.at/1-vhs-wiener-urania.html

Illustrationsmaterial:

Wiener Urania, in: OENB, Zugriff am 25.04.2017. Verfügbar unter: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e0/Urania-Wien-1910.jpg

Wiener Urania, Zugriff am 25.04.2017. Verfügbar unter: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/64/Wien_01_Urania_05.jpg 

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Klaus Heuer